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#Die Risikogruppe an den Schulen

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Die Risikogruppe an den Schulen

Schon zum zweiten Mal gehen Lehrer und Schüler pandemiebedingt mit großer Ungewissheit in die Ferien. Die einen sind erleichtert, dass die sogenannte Delta-Variante noch nicht die Oberhand gewonnen hat. Die anderen haben die große Sorge, die Mutante könnte ihren Urlaubsbeginn Ende Juli oder im August gefährden.

Dann werden einige Schüler schon wieder aus den Ferien zurück sein. In Berlin sind vorsichtshalber kindertaugliche Masken geordert worden, auch die Testfrequenz in den Schulen soll zumindest in den ersten beiden Wochen von zwei auf wöchentlich drei Tests erhöht werden. Denn es ist damit zu rechnen, dass Schüler in aller Herren Länder waren und keine Kontrolle über ihre Kontakte hatten.

Dass der Präsenzunterricht nach den langen Schulschließungen mit der größtmöglichen Vorsicht fortgesetzt werden muss, meinen inzwischen selbst die Lehrerverbände mit ihrem fortgesetzten Sinneswandel. Die meisten Lehrer werden bis dahin geimpft sein, und auch der letzte Digitalbegeisterte hat inzwischen die Grenzen der pandemiebedingten Wechsel- und Distanzunterrichtsmodelle erkannt. Die Ergebnisse dieser Phase sind unterschiedlich und größtenteils ernüchternd, allen Anstrengungen der Lehrerschaft zum Trotz.

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Es gibt einzelne Schüler, die so gute Lernbedingungen und dazu noch elterliche Unterstützung genossen haben, dass sie einen regelrechten Sprung in der Leistungsentwicklung machten. Sie sind selbständiger geworden, haben digitale Grundfertigkeiten erlernt, die in ihrer Klassenstufe noch gar nicht erwartet wurden, und konnten ihr eigenes Lerntempo ungestört verfolgen.

Streit mit den Eltern

Aber auch diese Kinder haben die sozialen Kontakte zu den Mitschülern vermisst, waren vereinzelt und müssen mit der Erfahrung leben, dass ihnen einige Monate unbeschwerter Kindheit unwiederbringlich genommen wurden. Auch sie haben Ängste entwickelt, stritten sich mit den Eltern, vereinzelten und steigerten in der Regel ihre Beschäftigung mit elektronischen Medien. Die meisten von ihnen sind wohl stabil genug, um die Krise ohne bleibende Schäden zu überstehen.

Viel größere Sorgen macht Bildungsforschern die Risikogruppe von knapp einem Viertel der Schüler, die schon unter normalen Bedingungen kaum die Ziele der Grundschule erreichen und so unzureichend auf die weiterführende Schule vorbereitet sind, dass einige von ihnen scheitern.

Es sind nicht nur Kinder aus bildungsfernen Schichten, es sind auch wohlstandsverwahrloste Kinder mit Lernproblemen und Sprachdefiziten, und sie finden sich inzwischen keineswegs nur unter Familien mit Einwanderungsgeschichte.

Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz hat den Ministern rechtzeitig vor Beginn der Sommerferien empfohlen, die eine Milliarde aus dem Aufholpaket des Bundesbildungsministeriums gezielt für die Schüler einzusetzen, die Unterstützung am dringendsten brauchen.

Und es geht nicht nur um Lerndefizite, sondern auch um Bewegungsmangel und psychische Ticks, Verstimmungen und Störungen, die in der Schulsozialarbeit entdeckt und dann therapeutisch von Fachleuten aufgefangen werden müssen. Vielen Kindern fehlen die Sprachbildung in der Kita und schulvorbereitendes Lernen im Alltag.

Nur wenige Länder haben schon vor der Pandemie die nötigen Instrumente etabliert, die den Lernstand der Schüler nach den Sommerferien zuverlässig messen können. Es gibt keine einheitlichen Methoden, einigen Ländern bleibt nichts anderes als das Vertrauen in die Professionalität der Lehrer. Es gibt inzwischen Videoportale, die Lehrer nutzen können, um etwa die phonologische Bewusstheit der Grundschüler zu schärfen, aber es gibt keine Verpflichtung, sie zu nutzen. Immer mehr Länder setzen auch auf Tutorenprogramme und weiterqualifizierte Lehramtsstudenten sowie pensionierte Lehrer.

Insgesamt allerdings ist zu befürchten, dass viele bedürftige Schüler unerkannt bleiben könnten. Das gilt erst recht für die in einigen Ländern entfallenen Sprachstandserhebungen durch Gesundheitsämter sowie Schuleingangsuntersuchungen. Frühe standardisierte Sprachstandserhebungen im Alter von vier Jahren in allen Ländern wären dringend nötig, damit Kinder mit verzögerten Entwicklungen Zeit haben, die Voraussetzungen für die Grundschule zu erwerben. In der Grundschule selbst sollte in zusätzliche Unterrichtsstunden in Mathematik und Deutsch sowie in psychosoziale Unterstützung investiert werden, raten die Bildungsforscher.

Wenn sich die Kultusminister wenigstens auf eine verpflichtende Teilnahme aller Länder an den Vergleichsarbeiten für die dritte und achte Klasse (Vera) im Frühjahr verständigen könnten, wäre zumindest ein Kohortenvergleich mit früheren Jahren möglich. Auch eine Wirksamkeitsprüfung der Unterstützung wäre dringend nötig. Sonst wird das Aufholprogramm sich in unkoordinierten Einzelschritten erschöpfen und verpuffen.

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