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#Die Rückkehr des Lächelns an den Zürichsee

Die Rückkehr des Lächelns an den Zürichsee

Menschen haben Münder. Man kann sie zum Lächeln benutzen, auch zum Lachen, und das sogar außerhalb der eigenen vier Wände, an der frischen Luft, in einer Stadt, gemeinsam mit anderen Menschen. In Deutschland haben wir das ein wenig verlernt und vergessen, weil wir seit Monaten unsere Münder in der Öffentlichkeit vorschriftsgemäß verschwinden lassen. Auf die Dauer ist das nicht gut fürs Gemüt, das macht das Herz schwer, weil es dem Menschen das Menschsein nimmt. Deutschland nimmt sich das besonders zu Herzen und ist deswegen wahrscheinlich gerade das am schlechtesten gelaunte Land der Welt. Doch es gibt noch gute Laune auf Erden, Lebensfreude, Alltagsgenuss, das große Glück der kleinen Freiheit – in der Schweiz zum Beispiel, die vor ein paar Tagen ihre Außengastronomie wieder geöffnet hat, in Basel, in Bern, in Zürich, überall. Wir sind an der Limmat gewesen und haben das Unglaubliche gesehen: Zürich lächelt, Zürich lacht.

Eigenverantwortung und Risikoabschätzung

Die ganze Stadt scheint nur auf diesen Augenblick gewartet zu haben und sitzt jetzt geschlossen auf den Terrassen der Restaurants, Bars und Cafés: auf dem Sechseläutenplatz vor dem Opernhaus und an den Ufern der Limmat, in den Gassen der Altstadt und den Seitenstraßen der vornehmen Bahnhofstraße, an jeder freien Ecke, auf dem winzigsten Platz, ganz gleich ob sonnig oder schattig, improvisiert oder fest installiert, immer mit Abstand, nie mit Maske. Die Menschen trinken schon mittags Wein und Aperitiv, essen Raclette oder Rösti, die feinen Herrschaften aus Küsnacht und Herrliberg haben sich schick gemacht, die Studenten die Sommerkleidung aus dem Schrank geholt und die jungen Familien ihren Nachwuchs in den Sonntagsstaat gesteckt. Alle Altersklassen sind vertreten, alle Küchen sowieso, und alle Menschen scheinen unentwegt zu lächeln, was wir beschwören können, denn selbst auf der Straße trägt kaum jemand Gesichtsmaskierung.

Er muss noch ein bisschen warten, bis er wieder an die Töpfe darf: der großartige Zwei-Sterne-Koch Heiko Nieder vom Hotel The Dolder Grand in Zürich.


Er muss noch ein bisschen warten, bis er wieder an die Töpfe darf: der großartige Zwei-Sterne-Koch Heiko Nieder vom Hotel The Dolder Grand in Zürich.
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Bild: Pablo Faccinetto

Es ist ein seltsam bedrückend beglückendes Gefühl, weil diese Menschen uns zeigen, in welch seltsamer Welt wir in Deutschland gerade leben und in welcher viel schöneren wir doch leben könnten. Obwohl die pandemischen Zahlen in der Schweiz weder besser noch schlechter sind als bei uns, gibt es dort keine Paranoia, keine Panik, und kein Passant springt verschreckt zur Seite, wenn ihm ein Unmaskierter entgegenkommt. Es herrscht aber auch keine apokalyptische Peststimmung, kein Carpe diem, es ist kein letztes Lebensfeuerwerk als Prélude zum Totentanz. Man genießt nicht die Henkersmahlzeit vor dem Weltuntergang, sondern ein Glas Chasselas am Bellevue, weil man weiß, dass die Welt nicht untergeht – und bestellt zur Feier des Tages gleich noch ein Glas.

Haben die Schweizer in der Pandemie ihren gesunden Menschenverstand verloren? Sind sie verrückt geworden, weil sie sich – anders als wir – nicht einsperren lassen und sofort hinausgehen, sobald man sie nicht mehr aussperrt? Oder sind sie einfach nur naiv, unvorsichtig, gedankenlos? So sehen sie nicht aus auf den Terrassen von Zürich, sondern wie Menschen, denen die Freiheit ein höheres Gut ist als der absolutistische Gesundheitsschutz, wie Bürger, die lieber den Staat kontrollieren, als sich von ihm kontrollieren zu lassen. Sie scheinen zu wissen, was Eigenverantwortung und Risikoabschätzung ist, sie wägen ab zwischen realistischer Gefahr und eingebildeter Bedrohung. Deswegen sitzen sie draußen auf den Terrassen und trinken Wein. Deswegen sind auch die Badeanstalten schon offen, die ihren Besuchern ganz nüchtern mitteilen, dass „die Situation dynamisch“ sei und man sich informieren solle. Deswegen dreht sich das Riesenrad am Zürichsee längst wieder. Es ist ein Fanal: Das Leben kann auch weitergehen.

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