#Die schillernden Geschäftspraktiken des Künstleragenten Shariat
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„Die schillernden Geschäftspraktiken des Künstleragenten Shariat“
Er vermittelte den Deal für André Hellers Basquiat-Rahmen: Amir Shariat, ein Wiener Kunstberater, Händler und Sammler, kam im Herbst in die Schlagzeilen, als der Schwindel um ein mutmaßliches Werk Jean-Michel Basquiats aufflog. Kunstimpresario Heller verriet in einem Interview mit dem Magazin „Falter“, dass er den Rahmen für eine Zeichnung Basquiats aus Besenstielen und Nägeln gebaut hatte; gemeinsam wurden sie, nachdem Heller das Ensemble aus der Hand gegeben hatte, 2017 auf der New Yorker TEFAF angeboten, wobei den Rahmen trotz fehlenden Echtheitszertifikats die Aura des Authentischen umgab. Ein Jahr später soll ein britischer Käufer 800.000 Euro für den Rahmen gezahlt haben, auf den Heller eigenhändige Skizzen Basquiats geklebt hatte. Shariat will von dem Fake nichts gewusst haben.
Offiziell tritt der in Wien aufgewachsene Exiliraner als „artist manager“ auf. Der Künstleragent fördert Talente, die noch von keiner Galerie vertreten werden, betont aber stets, dass etablierte Künstler ebenfalls neben der Galerie gemanagt werden wollten. So äußerte sich Shariat in einem Artikel des Onlinemagazins „Artnet“, das der Frage nachging, warum Musiker oder Schauspieler Agenten hätten, bildende Künstler aber eher nicht. Dabei brauche es etwa für Kooperationen mit Kreativindustrien wie der Mode oder dem Design kompetente Beratung und Abwicklung. Galerien müssten vor diesem Hintergrund „eine irrsinnige Anzahl von Mitarbeitern anstellen, um jeden ihrer Künstler glücklich zu machen“, wird Shariat zitiert.
Da taucht schnell die Frage auf, wer für solche Services bezahlt, schließlich birgt die Aufteilung zwischen Galeristen und Künstlern bereits Konfliktstoff. Laut eigenen Angaben nimmt Shariat für seine Leistungen kein Geld, sondern lässt sich in Kunstwerken entschädigen. Naturalien als Bezahlmodell? Nicht nur steuerlich prekär. Zuletzt pushte der polyglotte Kunstmanager den jungen Maler Alexandre Diop.
Für den französisch-senegalesischen Newcomer, der in Wien bei Daniel Richter studierte, fädelte Shariat etliche Ankäufe ein. So verwendete die Wiener Albertina 2022 Erlöse aus ihren Fundraising-Dinners, um ein Triptychon Diops zu erwerben. Für Erstaunen sorgte der kolportierte Preis: mehr als 300.000 Euro. Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder revidierte später; Diops Bild habe rund 100.000 Euro gekostet.
Museale Aufwertung
Der 1995 geborene Maler ist auch in der Gruppenschau vertreten, die derzeit die Sammlungen Shariats und seines Bruders präsentiert. Eine Autostunde von Wien entfernt zeigt die Kunsthalle Krems bis 10. April die Ausstellung „The New African Portraiture. Shariat Collections“. Sie versammelt figurative Malerei von 24 Künstlern aus Ghana, Senegal, Burkina Faso oder in der „afrikanischen Diaspora“.
Die Gemeinsamkeit der versammelten Menschenbilder liegt in der Hautfarbe: Shariat setzt diesen Sammlungsschwerpunkt erst seit wenigen Jahren. Der Boom afroamerikanischer Kunst und das Interesse an Arbeiten von „people of color“ hat einem seiner Protegés einen kometenhaften Aufstieg beschert: Von Amoako Boafo stammen drei Gemälde der Kollektion, eines seiner an Klimt und Schiele gemahnenden Bildnisse ziert das Ausstellungsplakat. Shariat hat dem aus Accra stammenden Studenten der Wiener Kunstakademie eine Residency in Miami vermittelt. Boafo war damals Gast beim Sammlerpaar Mera und Don Rubell. 2019 zählten seine Gemälde zu den Highlights bei der Eröffnung des neuen Rubell-Museums, und Boafo wurde zum Shootingstar der Art Basel Miami Beach.
Florian Steininger, Leiter der Kunsthalle Krems, freut sich naturgemäß über die Kooperation. Für die Hängung wurde der britische Kurator Ekow Eshun eingeladen, der auch einen Katalogtext liefert. Dass Shariat die nun institutionell und mit öffentlichen Geldern aufgewerteten Werke bald wieder verkaufen könnte, befürchtet Steininger nicht. Wie die vielen Rollen Shariats als Sammler, Berater, Künstleragent und Händler zusammengehen, wurde in den österreichischen Medien aber durchaus thematisiert.
Gestern eine Gala, heute eine Benefizauktion, morgen eine Messepreview: Wie sein Instagram-Account zeigt, zählt Shariat zu den VIPs der Kunstwelt. Wiener Galeristen loben ihn dafür, dass er internationalen Schwung mitbringt. Dabei fällt der Begriff „Marchand-Amateur“, der einen Vermittler ohne eigene Räume, aber mit guten Kontakten und einem über die Jahre akkumulierten Wissen bezeichnet. Diese Qualitäten lobt auch Angela Stief, die Direktorin der Albertina Modern. Sie plant für kommenden Herbst die Ausstellung „Diversity in Sex, Race and Gender“. Auch Werke von Diop werden zu sehen sein. Einen Türöffner in hochkarätige Sammlungen zeitgenössischer Kunst kann wohl jedes Museum gut gebrauchen. Bei öffentlichen Institutionen ist Transparenz bei den Gegenleistungen Pflicht.
Seine Karriere begann Shariat in den Neunzigern als Finanzdienstleister in London. Dort fing der junge Investmentbanker an, das Sammlerpaar Fatima and Eskandar Maleki zu zeitgenössischer Kunst zu beraten. Die Verbindung endete im Eklat, als die Malekis ihren Schützling 2014 vor Gericht brachten. Sie hätten Shariat „wie einen Sohn“ aufgenommen, klagten sie in britischen Zeitungen, er habe ohne ihr Wissen geheime Kommissionen verrechnet. Shariat konterte mit einer Gegenklage wegen Verleumdung. Wie „The Telegraph“ berichtete, wurde der Streit außergerichtlich und mit Verschwiegenheitsklausel beigelegt.
Seit 2015 lebt Shariat wieder in Wien, doch seine Verbindungen nach London pflegt er weiterhin. Der Kauf des falschen Basquiat-Rahmens soll inzwischen rückabgewickelt worden sein. Ende vergangenen Jahres wurde publik, dass die Wiener Staatsanwaltschaft dennoch gegen André Heller ermittelt. Zur Aufklärung werden die Behörden wohl auch den Dealmaker Shariat befragen.
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