Nachrichten

#Die Siegformel für das Elfmeterschießen

Die Siegformel für das Elfmeterschießen

Es ist fast auf den Tag genau 25 Jahre her. Ein Mittwochabend im Londoner Wembley-Stadion: 75. 900 Zuschauer vor Ort und Millionen an den Bildschirmen halten die Luft an, als das Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft im Elfmeterschießen entschieden werden muss. Die ersten vier Schützen beider Seiten treffen das Tor. Dann läuft Gareth Southgate an – und scheitert am deutschen Torwart. Kurz darauf trifft Andi Möller und schreibt Fußballgeschichte.

Johannes Pennekamp

Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaftsberichterstattung, zuständig für „Die Lounge“.

Am morgigen Dienstag könnte es in Wembley wieder so weit sein. Dieses Mal treffen England und Deutschland schon im Achtelfinale aufeinander. Fällt nach 90 Minuten plus Verlängerung keine Ent­scheidung, müssen wieder die Elfmeter entscheiden. Wer den Nervenkrimi gewinnt, ist vor allem Glück und Zufall. Davon jedenfalls sind Zuschauer, Spieler und Trainer bislang ausgegangen. Und auch Forscher konnten in Hunderten Elfmeterschießen keine klaren Muster erkennen. Lange hielt sich die Vermutung, dass die Mannschaft einen Vorteil hat, die mit dem ersten Schützen beginnen darf. Die These dahinter: Wer zuerst trifft, setzt den Gegner zusätzlich unter Druck, sodass er noch mehr zittert als ohnehin – und verschießt. Allerdings widerlegten Auswertungen von Ökonomen die These. Der erste Schuss verschafft demnach keinen Vorteil; in anderen Sportarten, in denen es auch zu „Shootouts“ kommt, erwies sich der erste Schuss sogar als Nachteil.

Mut ist ein guter Ratgeber

Kürzlich ist ein Forschertrio um den Bonner Verhaltensökonom Matthias Sutter einen wichtigen Schritt weitergekommen. Der Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern und seine Ko-Autoren nahmen knapp 100 Elfmeterschießen bei Welt- und Europameisterschaften und europä­ischen Spitzenwettbewerben unter die Lupe. Die Ökonomen analysierten dabei weder die Schusstechnik noch den Marktwert der Spieler, sondern etwas, das vor dem ersten Schuss passiert. Dann nämlich wirft der Schiedsrichter im Beisein der Kapitäne beider Mannschaften eine Münze. Der Kapitän, der gewinnt, darf entscheiden, ob seine Mannschaft be­ginnt oder dem Gegner den Vortritt lässt.

Die erste wichtige Erkenntnis: Der siegreiche Kapitän wählt nur rund jedes zweite Mal die Option des ersten Schusses. Unter den Spielern scheint also keineswegs die Überzeugung zu herrschen, dass dies die aussichtsreichere Strategie ist. Dabei scheinen die neuen Zahlen genau das zu belegen: Wählt der Kapitän den ersten Schuss, gewinnt das Team in etwa sechs von zehn Elfmeterschießen.

Bei genauerem Hinsehen zeigte sich jedoch, dass es genauso erfolgversprechend ist, dem Gegner den Vortritt zu lassen. Wählt der Kapitän den zweiten Schuss, geht sein Team in mehr als 60 Prozent der Fälle als Sieger vom Platz. Als die Forscher nur die wichtigsten Turniere auswerteten, erhöhte der Sieg beim Münzwurf die späteres Siegeswahrscheinlichkeit sogar auf zwei Drittel – ganz unabhängig davon, für welche Op­tion sich der Kapitän entschied.

Schon der Münzwurf entscheidet

Die Forscher erklären den Unterschied damit, dass die Gewinner der Wahl einen strategischen Vorteil haben. Sind sie etwa der Ansicht, dass ihr Torwart stärker ist als der des Gegners, könne es sinnvoll sein, auf den ersten Schuss zu verzichten. Tatsächlich stießen sie in den Daten darauf, dass Keeper, die bewusst zuerst ins Tor geschickt wurden, mehr als 16 Prozent der Elfmeter entschärften. Der Torwart des Gegners ging dagegen in weniger als 10 Prozent der Fälle siegreich aus dem Tor. „Wenn ein Kapitän also be­schließt, als Zweiter zu schießen und den eigenen Torhüter als Ersten starten zu lassen, macht der Torhüter den Hauptunterschied und führt seine Mannschaft häufiger zum Sieg“, schlussfolgern die Forscher in ihrer Arbeit, die im Frühjahr in der Fachzeitschrift Games and Economic Behavior veröffentlicht wurde.

Vertrauen die Kapitäne dagegen der Nervenstärke ihrer Schützen mehr als ihrem Torwart, kann es offenbar auch die Siegwahrscheinlichkeit erhöhen, zuerst anzutreten und den Druck auf den Gegner direkt zu erhöhen. Der Ausgang des Elfmeterschießens hat demnach tatsächlich etwas mit Glück und Zufall zu tun – nur anders, als bislang gedacht. Vor 25 Jahren im Wembley-Stadion kann der Münzwurf allerdings keine Rolle gespielt haben. Der Fehlschuss von Gareth Southgate, heute englischer Nationaltrainer, muss andere Gründe gehabt haben: Der Münzwurf wurde erst im Jahr 2003 eingeführt.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!