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#Die Situation spitzt sich zu

Die Situation spitzt sich zu

In Les Cayes spitzt sich die Situation zwei Tage nach dem verheerenden Erdbeben am Samstag zu. Es fehlt an allem. Trinkwasser, Nahrungsmittel und Medikamente reichen nicht aus, um die Bevölkerung zu versorgen. Die Stadt im Süden Haitis gehört zu den am schwersten betroffenen Orten. Zahlreiche Häuser hielten dem heftigen Erdstoß der Stärke 7,2 nicht stand und brachen in sich zusammen. Kaum ein Gebäude in Les Cayes und der umliegenden Region ist erdbebensicher, der Schaden des kurzen, heftigen Bebens ist immens. In der Region wurden etwa 10.000 Häuser zerstört, viele davon komplett. Die Zahl der Todesopfer wurde am späten Sonntag auf 1300 beziffert, dürfte aber noch erheblich ansteigen, da weiterhin viele Opfer unter den Trümmern vermutet werden. Am Montag vermeldete der Zivilschutz bereits 1419 Tote.

„Die Situation ist chaotisch“, berichtet der Journalist Jordany Verdieu von der haitianischen Tageszeitung Le Nouvelliste am Telefon aus Les Cayes. „Viele Leute sind auf der Straße und suchen nach Hilfe. Die meisten haben Angst, in ihre teilweise zerstörten Häuser zurückzukehren, um beispielsweise Nahrungsmittel zu holen. Viele haben die letzten Nächte draußen verbracht, da es keine Unterkünfte gibt.“ Verdieu spricht von einem Gefühl der Ohnmacht. Die Leute fühlten sich im Stich gelassen, da die Hilfsmannschaften nur zögerlich einträfen. Die Bevölkerung habe begonnen, eigenhändig die Straßen frei zu räumen und Verschüttete zu bergen, um sie ins Krankenhaus zu tragen. „Man hilft sich gegenseitig.“

Ein Sonnenschirm als Dach: Tausende haben in Haiti ihre Häuser verloren – diese Familie campiert im Stadion von Les Cayes.


Ein Sonnenschirm als Dach: Tausende haben in Haiti ihre Häuser verloren – diese Familie campiert im Stadion von Les Cayes.
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Bild: AP

Die Region, die noch unter den Folgen des Hurrikans Matthew vor fünf Jahren leidet, war auf ein Erdbeben dieser Stärke nicht vorbereitet. Auch die medizinische Versorgung ist völlig überlastet. Wenige Ärzte müssen sich um Tausende Verletzte kümmern. Das medizinische Material reicht nicht aus, es wird improvisiert. Vor den Krankenhäusern der Region haben sich Warteschlangen mit Verletzten gebildet. In den Fluren sitzen Patienten auf dem Boden. Nicht alle können behandelt werden.

Schwerverletzte werden ausgeflogen

Am Flughafen von Les Cayes warten Leute in der Hoffnung, die Region verlassen zu können. Einige Schwerverletzte wurden mit kleinen Privatflugzeugen ausgeflogen, um in der Hauptstadt Port-au-Prince versorgt zu werden. Es seien einige Ärzte aus der Hauptstadt gekommen, auch die Hilfsorganisationen hätten Leute entsandt, berichtet Verdieu, doch das reiche nicht aus, um der Situation Herr zu werden.

Die Katastrophe im Süden Haitis weckt böse Erinnerungen an das verheerende Beben von 2010, das die Hauptstadt traf und bei dem mehr als 200.000 Menschen ums Leben kamen. Die Bedingungen haben sich seither verbessert, sagen Beobachter von Hilfswerken, vor allem auch dank internationaler Hilfe. Doch viele Probleme, mit denen das Land kämpft, sind geblieben: Die Verbindungswege in dem Karibikstaat sind schlecht, der Staat ist ineffizient und von Korruption unterwandert, und in den vergangenen Jahren hat die Bandengewalt das Leben der Haitianer zusätzlich erschwert.

Erste Hilfsmaßnahmen sollen auch durch gewalttätige Banden behindert worden sein, die wichtige Verbindungsrouten in Haiti kontrollieren. Ein Beamter des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten in Haiti sagte, dass mit den Banden ein einwöchiger „Waffenstillstand“ ausgehandelt worden sei, um einen humanitären Korridor öffnen zu können.

Sturm Grace soll auf Haiti treffen

Das Erdbeben hat Haiti zudem inmitten einer schweren wirtschaftlichen und politischen Krise getroffen. Nach der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse Anfang Juli wird die Regierung von Premierminister Ariel Henry geführt, ein funktionierendes Parlament gibt es derzeit nicht. Die ursprünglich für September vorgesehenen Wahlen wurden schon vor dem Erdbeben auf November verschoben, da die Sicherheitslage im Land eine Wahl nicht zulässt. Henry versprach am Sonntag „eine angemessenere Antwort als die, die wir 2010 gegeben haben“. Doch sein Land verfügt nach Ansicht von Experten und auch vieler Haitianer nicht über die Möglichkeiten, um diese Antwort zu geben. „Bisher ist noch keine Antwort erfolgt“, sagt auch Verdieu.


Bild: F.A.Z.

Die internationale Unterstützung ist unterdessen angelaufen. Private und kirchliche Hilfswerke aus aller Welt haben Soforthilfen bereitgestellt. Auch verschiedene deutsche Hilfswerke haben insgesamt mehrere hunderttausend Euro bereitgestellt, um die Versorgung der Katastrophenregion zu sichern. Unterstützung kommt auch aus den Vereinigten Staaten. Die amerikanische Agentur für internationale Entwicklung (USAID) hat ein Such- und Rettungsteam entsandt, und die amerikanische Küstenwache setzt nach eigenen Angaben Hubschrauber ein, um die humanitäre Hilfe zu beschleunigen. Die Panamerikanische Gesundheitsorganisation hat Fachleute entsandt, um die medizinische Unterstützung zu koordinieren. UNICEF hilft in der Katastrophenregion bei der Versorgung der Krankenhäuser. Auch Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen soll die Organisation in der Region bereitstellen.

Trotzdem droht der Region schon weiteres Ungemach. Für Montag wurde die Ankunft des Tropensturms Grace in Haiti erwartet, der laut dem amerikanischen Nationalen Hurrikan-Center starke Regenfälle mit sich bringen und die Gefahr von Erdrutschen und Schlammlawinen erhöhen könnte.

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