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#Die Türkei will Hegemon sein

„Die Türkei will Hegemon sein“

Am vergangenen Dienstag trafen die Präsidenten der Türkei und Russlands, Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin, in Teheran zusammen, lächelten sich vertraulich zu und tauschten einen festen Händedruck aus. Erdogan war der erste Politiker eines NATO-Landes, der Putin seit dem Beginn des Überfalls auf die Ukraine persönlich traf und ihm die Hand schüttelte, dem Mann, der diesen Krieg befohlen hatte.

Ganz anders das Bild drei Wochen zuvor in Madrid. Als Erdogan und der amerikanische Präsident Joe Biden beim Gipfeltreffen der NATO nebeneinanderstanden, konnte man kaum den Eindruck haben, dass die beiden eine gegenseitige Sympathie verbindet. Dabei stehen sie an der Spitze der zwei größten Truppenkontingente des Bündnisses.

Wie die USA setzt auch die Türkei Erdogans auf die Macht ihrer Streitkräfte, um ihre Ziele zu erreichen. Mit der Zwei-Prozent-Vorgabe der NATO hat sie kein Problem, sie gibt für das Militär sogar 2,8 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts aus. Doch anders als in den langen Jahrzehnten des Kalten Krieges, in denen die Türkei ein stummer Befehlsempfänger westlicher Staaten war, positioniert sie sich heute auf der Weltbühne mit neuem Selbstbewusstsein, zunehmend auch als unabhängige Macht.




Erdogan mag für viele ein unangenehmer Gesprächspartner mit einem übergroßen Ego und schlechten Umgangsformen sein, die sich seit seinen Jugendjahren nie mehr abgeschliffen haben, als er sich in einem rauen Istanbuler Stadtviertel zu behaupten hatte. Er beherrscht aber das Spiel der Macht wie weit und breit kein anderer türkischer Politiker, und er nutzt jede Chance, die ihm andere bieten. Im Inland sind es Fehler seiner Konkurrenten, und außerhalb des Landes ist es vor allem jedes Machtvakuum, das er rascher als andere erkennt und ausfüllt.

Die Bedeutung der Türkei wird zunehmen

Ein Blick auf die Landkarte zeigt die geostrategische Bedeutung der Türkei. Seit dem Kalten Krieg, in dem das Land als unentbehrliches Bollwerk gegen die Sowjetunion die Südostflanke der NATO erfolgreich verteidigte, ist seine Bedeutung weiter gewachsen. Der Weg Russlands zu den warmen Weltmeeren führt durch die beiden Meerengen der Türkei: den Bosporus, der das Schwarze Meer mit dem Marmarameer verbindet, und die Dardanellen, die Verbindung vom Marmarameer zur Ägäis.

Eine lange Grenze verbindet das Land mit Syrien, dem Irak und Iran, die dem Westen aus unterschiedlichen Gründen gefährlich werden können. Zudem ist die Türkei mit ihren Gaspipelines aus Zentralasien und Iran für Europa ein unentbehrlicher Energieknotenpunkt. Sein Stellenwert für den „Southern Gas Corridor“ Europas wird im Zeitalter nach dem russischen Gas weiter zunehmen.

Nicht wenige werfen Erdogan vor, er wolle das Osmanische Reich, das sich über drei Kontinente erstreckt hatte, wieder errichten und sich als Kalif an die Spitze der islamischen Welt setzen. Ein Jahrhundert nach dem Untergang des osmanischen Vielvölkerstaats klingt diese Unterstellung abwegig, sie enthält aber einen Funken Wahrheit: Denn das Land mit seiner großen Geschichte will in seiner Region wieder als Hegemonialmacht für Ordnung in seinem Sinne sorgen. Auch zu dem Preis, dann nicht mehr eindeutig nur einem Lager zugerechnet zu werden.

Die Folge davon ist eine Politik, die aus westlicher Perspektive janusköpfig erscheint. Auf der einen Seite ist es im Interesse Europas, dass die Türkei an seinen Grenzen und auch im Land selbst Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afghanistan zurückhält. Im Interesse der NATO ist, dass die Türkei eine Rückkehr russischer Kriegsschiffe durch ihre Meerengen in das Schwarze Meer verhindert. Und es liegt im Interesse vieler auf der Welt, dass die Türkei bereit ist, im Schwarzen Meer mit ihrer Marine einen Sicherheitskorridor zu schaffen, durch den Weizen aus der Ukraine zu den Verbrauchern in aller Welt gelangen kann.

Erdogan zeigte der EU nicht immer die kalte Schulter

Dennoch bringt der Westen der Türkei große Skepsis entgegen, die stetig zunimmt. Beim NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands lässt die Türkei jegliche, in einem Bündnis grundlegende Solidarität vermissen, in der Ägäis versetzt sie den NATO-Partner Griechenland mit Säbelrasseln in Aufregung, im Mittelmeer stellt sie die Seerechtsgrenzen infrage, und seit 2016 hat sie wiederholt militärisch in Syrien, im Irak, in Libyen und im Kaukasus interveniert.

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