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#Die wackelige Moral im Umgang mit der Corona-Pandemie

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Die wackelige Moral im Umgang mit der Corona-Pandemie

Wissen wir gar nicht, was an Maßnahmen wirklich nötig ist, um die Pandemie über den Winter einzudämmen? Den Eindruck haben derzeit viele – und er wird ausgerechnet von denen als Vorwurf geäußert, die selbst das Nötige zu wissen glauben und die schon im Frühling eine vernachlässigenswerte Opferbilanz der damals erst beginnenden Pandemie vorgelegt haben.

Inzwischen sind in die Covid-19-Sterberegister weltweit faktisch weit mehr als eine Million Menschen eingetragen. Jeder einzelne davon hinterlässt Dutzende Trauernde. Einzuschließen in die noch immer vorläufige Bilanz sind aber auch die ungezählten Überlebenden, von deren gesundheitlichem Schicksal die Ärzte bisher nur eine vage, ungute Ahnung haben. Deshalb gilt: Einen Grund, an der Gefährlichkeit des Virus zu zweifeln, zumindest für einen erheblichen Teil der Bevölkerung, gab es während der ersten Welle nicht – und sollte es heute noch viel weniger geben. Nach den Erfahrungen, die gegenwärtig insbesondere in europäischen Ländern gemacht werden, besteht aber genau darin das größte Risiko: die Krankheit wieder zu unterschätzen.

Der zwischenzeitlich deutliche Rückgang der Todeszahlen ändert daran nichts. Er war genauso einplanbar wie der Anstieg der Infektionszahlen in Herbst und Winter; ebenso wie der Anstieg der positiv Getesteten unter den sozial aktiveren – und weniger schwer erkrankenden – jüngeren Menschen. Natürlich profitieren Ärzte, Kliniker und die Covid-19-Patienten inzwischen auch von den therapeutischen Fortschritten, die wissenschaftlich und an den Intensivbetten hart erarbeitet wurden. Remdesivir, das erste antivirale Mittel, und die preiswerten Kortisonpräparate wie Dexamethason können das Sterberisiko für Intensivpatienten senken.

Überall wird inzwischen mehr, oft auch früher und gezielter getestet. Damit kommen Infizierte früher in die Klinik, was die Behandlungsaussichten massiv verbessert. Auch das sind Lernprozesse, die sich als konkrete Anti-Corona-Maßnahmen verstehen lassen. Natürlich kann auch mit strategisch klug eingesetzten Virentests die Pandemie nicht gestoppt werden. Aber die Virenausbreitung lässt sich so wirksamer eindämmen; das ist hinreichend belegt. Teil des Konzepts für den Winter werden gewiss auch Antigen-Schnelltests sein, die innerhalb von Minuten über die Infektiosität, also die Ansteckungsgefahr, Auskunft geben können. Sie sind alles andere als Science-Fiction. Was Kritiker unterschlagen, die solche Schwarzmalerei betreiben, ist die Wirkung auf die ohnehin wackelige Corona-Moral.

Es kommt auf den richtigen Zeitpunkt an

Womit die wichtigsten aller bekannten Anti-Corona-Maßnahmen ins Spiel kommen: Abstand, Hygiene, Alltagsmasken, Corona-App; zudem im Winter: ausreichend lüften. Das neue Strategiepapier des Robert-Koch-Instituts und die Leopoldina-Stellungnahme für Herbst und Winter haben in der gebotenen Klarheit aufgeschrieben, was in den Werkzeugkasten der Pandemie-Eindämmung gehört.

Die darin aufgeführten Corona-Regeln enthalten die individuellen und deshalb zuerst einmal apolitischen Maßnahmen. Sie umzusetzen, konsequent und wann immer möglich, liegt in der Verantwortung des Einzelnen. Der Rest ist dann Pandemiepolitik. Über den Erfolg von Quarantäne, Kontaktverfolgung und Reiseregelungen – auch das ist seit Beginn der zweiten Welle in vielen Ländern ausreichend belegt – entscheidet vor allem der Zeitpunkt der Maßnahme: Zu späte und inkonsequente Umsetzung ist bisher stets bestraft worden. Auch über Anpassungen, die auf empirischen Daten fußen und etwa die Nachverfolgung möglicher Infizierter speziell in Clustern verbessern, wird heute diskutiert.

Wer also meint, der gefühlte Lockdown komme daher, dass Unwissenheit und Maßnahmen-Chaos die Politik leiteten, ignoriert alles bisher Erreichte. Vielmehr gilt: Nicht das Virus bestimmt, wann die Rückkehr zur Normalität endlich möglich wird – das Virus hat sich unwesentlich verändert. Viel entscheidender sind weiterhin die Bürger und deren Verhältnis zu den Corona-Regeln.

Und der teure, medizinische Fortschritt? Natürlich betreibt keiner den ganzen wissenschaftlichen Aufwand, damit Virologen und Epidemiologen kommunikativ dabei helfen, die Corona-Moral hochzuhalten. Aber von der Corona-Forschung darf keiner medizinische Wunder im Wochenrhythmus erwarten. Neue Therapien – etwa die nur aufwendig herstellbaren monoklonalen Antikörper für die Passiv-Immunisierung – und auch die sehnlichst erwarteten Impfstoffe bringen keine schnellen Lösungen, kaum jedenfalls vor dem nächsten Frühjahr. Daraus nun die Forderung abzuleiten, eine Schein-Normalität müsse erzwungen werden, indem man die Pandemie „laufen lässt“ und nur die Älteren und Risikopersonen radikal „schützt“, wäre ein Strategiewechsel hin zum Defätismus. Der würde nach aller wissenschaftlichen Evidenz bloß den Anschein von Kontrollierbarkeit erwecken und dazu neue, quälende moralische Fragen aufwerfen.

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