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#Die Zukunft des Monsters

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Die Zukunft des Monsters

Wenn in Berlin das Wort „Großprojekt“ fällt, rollen alle mit den Augen, Das liegt vor allem an der jüngeren Geschichte des Großprojekts in Berlin – das neue Museum des zwanzigsten Jahrhunderts hat schon vor Baubeginn seine Kosten auf gut eine halbe Milliarde verdoppelt, am neuen Flughafen war so lange gebaut und verändert worden, dass er seinen Planern schließlich wie ein unerklärliches fremdes Ding voller seltsamer Geheimnisse erschien und man allen Ernstes Bau-Archäologen einstellen musste, die herausfinden sollten, was da eigentlich wer wann warum gemacht oder auch nicht gemacht hatte.

Dass es auch anders geht, zeigte 1979 das Berliner Kongresszentrum. Es hatte nur vier Jahre gedauert, bis am Messegelände Europas größtes Kongresszentrum stand: Die Architekten Ralf Schüler und Ursulina Witte-Schüler hatten etwas gebaut, das nicht wie eines der größten Tagungszentren der Welt aussah, sondern wie eine gigantische, auseinanderfahrbare, mit einer weltraumstrahlungsresistenten Aluminiumhülle ummantelte Maschine, die an den äußeren Enden unseres Sonnensystems bedeutende Aufgaben übernimmt. Innen erinnerte das über dreihundert Meter lange Gebäude an einen Weltraumflughafen. Draußen dominieren massive konstruktive Träger die Fassade; hier geht es nicht um Schönheit, und wenn doch, dann um eine, die André Breton „konvulsivisch“ genannt hat, um den Ausdruck von enormer Energie, großen Kräften, um die Euphorie einer Mega-Maschine: Das ICC pumpt seine bis zu 20.000 Besucher wie Blutkörperchen durch sein 200.000 Quadratmeter großes Inneres, es funktioniert wie eine kleine Stadt.

Technisch ermüdet

Auf 28.000 Quadratmetern Grundfläche waren zwei riesige und achtzig kleinere Säle untergebracht. Sie wurden über ein ausgeklügeltes Wegesystem mit verschiedenen Lichtfarben erschlossen und aus einem sogenannten „Gehirn“ gesteuert, einer Lichtplastik des Künstlers Frank Oehring, die über der eigentlichen Leitwarte schwebt. Sie erinnert ein wenig an den Film Metropolis und ein wenig an die Weltraumträume der Sechziger- und Siebzigerjahre. Dem Künstler und den Architekten war es gelungen, alle Techno-Utopien des 20. Jahrhunderts in eine Form zu bringen, und es ist kein Wunder, dass das ICC in vielen Filmen, vom „Bourne Ultimatum“ bis zu den „Tributen von Panem“, als Kulisse für eine wüste, aufregende Zukunftswelt diente.

Leer und marode: Seit 2014 steht das unter Denkmalschutz stehende ICC leer.


Leer und marode: Seit 2014 steht das unter Denkmalschutz stehende ICC leer.
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Bild: Picture-Alliance

Eine mehrgeschossige Brücke verbindet den Bau mit der alten Messe und schwebt über einer der vielspurigen Straßen; wenn man hier sitzt, hat man den Eindruck, in einer Metropole mit mindestens 20 Millionen Einwohnern zu leben. Vielleicht war das besonders damals, als Berlin noch eine geteilte, ummauerte Stadt war, eine tröstliche Illusion.

Wie das Centre Pompidou ist auch das zwei Jahre später eröffnete ICC ein Bau aus der Zeit der großen modernen Stadtmaschinen – nur dass es hier vor allem um Kongresse ging und nicht um Kunstvermittlung für alle. Doch das könnte sich jetzt ändern: Seit Jahren gilt das bei Fertigstellung fast eine Milliarde Mark teure Gebäude als technisch ermüdet. Die Messe Berlin will es nicht weiterbetreiben, eine Sanierung würde wohl auf rund 200 Millionen Euro kommen. Die Kosten für einen Abriss wollte aber auch niemand übernehmen, und jetzt, wo es unter Denkmalschutz steht und man weiß, dass der Bausektor durch Abriss und Neubau mehr zum Klimawandel beiträgt als der weltweite Flugverkehr, erscheint die Idee eines ICC-Abrisses geradezu obszön.

Wie eine gigantische, auseinanderfahrbare, mit einer weltraumstrahlungsresistenten Aluminiumhülle ummantelte Maschine: Das ICC aus der Luft.


Wie eine gigantische, auseinanderfahrbare, mit einer weltraumstrahlungsresistenten Aluminiumhülle ummantelte Maschine: Das ICC aus der Luft.
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Bild: Picture-Alliance

Aber wie könnte man es nutzen? 2015 wurden hier Geflüchtete einquartiert, jetzt lässt es Thomas Oberender, Leiter der Berliner Festspiele, zu deren 70. Geburtstag unter dem bei David Bowie entliehenen Titel „The sun machine is coming down“ für zehn Tage von Künstlern bespielen. Es werden Filme und Videokunst gezeigt, Performances stattfinden, Artisten und Musiker auftreten, alle Räume werden simultan bespielt, sodass der leere Bau sich in eine Art brummenden Bienenstock verwandelt.

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