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#Diskriminierung beim Gendern: Preis der Geschlechtergerechtigkeit

Diskriminierung beim Gendern: Preis der Geschlechtergerechtigkeit

Verständlichkeit und Einheitlichkeit einer Sprache sind ein hohes Gut, zumal beim Deutschen. Anders als fast alle anderen europäischen Sprachen umfasst es noch heute verschiedene Kulturräume, landesweit oder regional ist das Deutsche Amtssprache in sieben Ländern.

Freilich ist Sprache kein statisches, ein für alle Mal normiertes Konstrukt. Dialekte, regionale Eigenheiten und Fachvokabular sind ebenso Teil jeder lebendigen Sprache wie soziolinguistische Codes, die Bildungsbarrieren innerhalb einer Sprachgemeinschaft markieren. Insoweit sind Sprachen und ihr Gebrauch ein Produkt kultureller sowie sozialer Dynamiken – Standardisierung in Schrift und Wort zum Zweck jener Verständlichkeit und Einheitlichkeit eingeschlossen.

Insofern ist es nicht nur verständlich, sondern zwangsläufig, dass sich nun auch die Veränderung der Geschlechterverhältnisse in der gesprochenen wie der geschriebenen Sprache abbildet. Mag die Linguistik noch so sehr darauf beharren, dass ein generisches Maskulinum nicht auf das biologische Geschlecht der damit bezeichneten Personen abstellt, so hat Sprache doch auch eine repräsentative Funktion. Frauen können sich in einem generischen Maskulinum („Bürger“) mitgemeint fühlen. Warum sie es sollen, ist aber keine Frage der Grammatik, sondern von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen. Die Dominanz der männlichen Form lässt sich ja auch so lesen, dass sie einen Status konserviert, in der eine Frau eine Person minderen Rechts war und deren Sichtbarkeit gering.

Das Maskulinum bleibt auf der Strecke

Dass Sprache geschlechtersensibel gebraucht werden soll, ist mittlerweile weithin unstrittig. Schwierig wird es dort, wo „sensibel“ als „gerecht“ gedeutet wird und es nicht ersichtlich ist, wie sich alle Geschlechterkonzepte, die sich hinter der Figur „divers“ verbergen können, sprachlich diskriminierungsfrei abbilden lassen – es sei denn, man eliminierte jede männlich oder weiblich erscheinende Endung und ersetzte sie durch geschlechtslose x-Formen wie Bürgx.

Wenig gerecht geht es aber auch dort zu, wo Geschlechtersensibilität neue Diskriminierungen mit sich bringt und Ausschließungsdynamiken freisetzt. So halten sich immer mehr öffentliche Verwaltungen, Wissenschaftseinrichtungen und auch Teile des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für ermächtigt, Sprache nach selbstgesetzten Regeln zu verändern. Skurrilitäten gibt es dabei zuhauf, nicht nur die Allgegenwart von Politikerinnen infolge flüchtigen Hörverstehens, sondern auch der Saunagang mit Kolleg:innen. In vielen Fällen bleibt das Maskulinum einfach auf der Strecke.

Die Sache ist zu ernst, als dass die Dinge ihren Lauf nehmen sollten. Unter Gerechtigkeitsaspekten unstrittig sind grammatisch-syntaktische Strategien wie Passiv- und Infinitivkonstruktionen. Allerdings setzen sie grammatische Routinen voraus, deren Beherrschung nicht vorausgesetzt werden sollte. Stilistische Strategien mit dem Ziel von mehr Geschlechtersensibilität sind sprachlich heikler. Die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Form ist umständlich, aber unschädlich. Die beliebte Substantivierung von Adjektiven (Wählende statt Wählerin/Wähler, Studierende statt Studentin/Student) ist und bleibt logisch unsinnig.

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Eine rote Linie überschritten wird mit Veränderungen von Orthographie und Typographie – zumal die eher harmlosen Eingriffe wie Schrägstrichvarianten mit oder ohne Bindestrich von neuen Formen der Wortbildung verdrängt werden, etwa mit Binnen-I oder Binnen-Doppelpunkt sowie dem Asterisk („Genderstern“).

Gegen die dahinterstehenden Gerechtigkeitsvorstellungen mit dem Argument der Einheitlichkeit und der Verständlichkeit von Sprache ankommen zu wollen mag als Ausweichmanöver kritisiert werden. Doch Verständlichkeit, Lesbar- und Vorlesbarkeit, grammatische Korrektheit und Eindeutigkeit dienen nicht allein praktischen Zwecken wie dem leichten Hörverstehen, der Konzentration auf die wichtigen Sachverhalte bis hin zur Rechtssicherheit.

Gendern grenzt Lernschwache und Einwanderer aus

Gerechtigkeitsfragen im strengen Sinn sind auch im Spiel, wenn Manipulationen von Ortho- und Typographie geeignet sind, das Erlernen und die Anwendung von Grammatik und Wortschatz zu erschweren. Davon betroffen sind nicht nur Schüler und Personen, die Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache erlernen wollen. In einer Einwanderungsgesellschaft, in der Spracherwerb ein Schlüssel zu gesellschaftlicher Integration und beruflicher Qualifikation ist, wirkt diese Form der Sprachpolitik ausgrenzend. Dasselbe gilt gegenüber den mehr als sechs Millionen Deutschen, die ihrer Muttersprache in Wort und Schrift auch in ihrer einfachen Form kaum mächtig sind.

Die 41 Wissenschaftler und Sprachpraktiker des zwischenstaatlichen Rats für deutsche Rechtschreibung weigern sich daher bis heute, orthographisch-typographische Veränderungen in das amtliche Regelwerk der deutschen Sprache aufzunehmen. Dabei muss es bleiben. Dass Institutionen im Hoheitsbereich des Staates dieses Regelwerk ignorieren, ist mehr als skandalös. In Gestalt der Sprache zerstören sie eine Grundlage des Zusammenlebens in der Gesellschaft.

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