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#Doch Zeit zu sterben

„Doch Zeit zu sterben“

Das Leben von Jesus oder genauer: sein Leben, sein Sterben und sein zweites, nunmehr ewiges Leben, das ist „Die größte Geschichte aller Zeiten“. So zumindest lautet der Titel eines Monumentalfilms von 1965, der von der Kritik harsch verrissen wurde, dessen Urteil über sein Sujet jedoch kaum anzuzweifeln ist. Gigantisch ist die Sprach- und Bildermacht der Geschichte, gigantisch ihre Wirkung und Verbreitung – einen größeren Blockbuster auf dem Buchmarkt als die Bibel gibt es nicht.

Jörg Thomann

Redakteur im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Das größte Pfund der Geschichte jedoch ist zugleich ihre Achillesferse. Jesu Auferstehung, das zu Ostern zele­brierte Fundament der christlichen Religion, sprengt im Grunde jede Vorstellungskraft, es ist rational schwer zu begreifen – und kann also nur geglaubt werden. „Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich“, schrieb Paulus an die Korinther; bald 2000 Jahre später warnte Benedikt XVI., wenn in der Kirche der Glaube an die Auferstehung abnehme, „fällt alles aus­einander“. Ohne die sensationelle Wendung am Ende seiner Geschichte wäre Jesus ein charismatischer Wohltäter geblieben, dem übernatürliche Kräfte nachgesagt wurden; so ist er die Leitfigur der Christen in alle Ewigkeit.

Wer wenig oder gar nicht glaubt, dem fällt es leicht, die Erzählung zu hinterfragen. Ambitionierte Versuche sind unternommen worden, für das, was der Kirche als historische Wahrheit gilt, wohldurchdachte weltliche Erklärungen zu liefern, die durchaus schlüssig wirken und doch etwas schlaumeierisch. Nach zwei Jahrtausenden wird man keine DNA-Spuren mehr finden, weshalb auch die mit kriminalistischem Gestus vorgetragenen Gegenreden letztlich Glaubensfragen verhandeln. Hatten seine Jünger, als sie Jesus wiederzubegegnen meinten, nur Halluzinationen, deren Nährboden ihr schlechtes Gewissen war? Hatten sie den Leichnam heimlich dem Felsengrab entnommen, um die Legende der Auferstehung in die Welt zu setzen? Oder war des Heilands Grab tatsächlich leer – allerdings deshalb, weil dieser seinen schlimmen Verletzungen gar nicht erlegen und somit nicht beerdigt worden, sondern an einen sicheren Ort geflüchtet war? Derartige Theorien mögen dem aufgeklärten Geiste logischer dünken als eine Auferstehung – und klingen dennoch wie die Drehbücher mäßiger Fernsehserien.

Ohne Jesus wäre die Popkultur eine andere

Ob man die Auferstehung nun glaubt oder nicht: Die Geschichte Jesu hat die Welt geprägt. Unsere Kultur wäre ohne sie eine andere, die Populärkultur ebenfalls. Große Epen, in denen ein Einzelner schwer trägt an der Verantwortung für viele, hat es vor ihm gegeben, doch Jesus scheint die Blaupause zu liefern für die Helden, deren Schicksale uns bis heute an Kinositz oder Sofa fesseln. In den phantastischen Welten, in die wir uns flüchten, wimmelt es von profanierten Erlöserfiguren: fast immer männlich, jung und aus der Masse herausgehoben durch Talente, die ihnen oft auf übernatürlichem Wege beschieden wurden (etwa: Biss einer radioaktiv verseuchten Spinne; Zaubertrank; Gott). Ihre Mission ist selbstlos, ihr Mitgefühl unermesslich, ihre Moral hoch. Sie trotzen finsteren Gegnern (Lex Luthor; Joker; Satan), werden umschwärmt und bewundert, sind in ihren schwersten Stunden aber doch allein. Eine friedliche, bürgerliche Existenz steht für sie außerhalb des Möglichen.

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