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#„Du kannst nicht einer ganzen Nation das Existenzrecht absprechen“

„Du kannst nicht einer ganzen Nation das Existenzrecht absprechen“

Als am vergangenen Wochenende in Frankfurt für Palästina demonstriert wurde, war auch Kaihan dabei. Auf Instagram wollte eine Frau wissen, worum es eigentlich gehe bei der Demo, um den Kampf für eine Zweistaatenlösung? Kaihan schrieb: „Palästina gehört uns Muslimen, warum soll ich ohne Grund an diese Zionisten die Hälfte abgeben.“ Und als sie nicht lockerließ: „Komm einfach und schrei Free Palestine“, dazu ein lachendes Smiley. So machten es am Ende rund 2500 Leute, riefen „Kindermörder Israel“ und „Allahu Akbar“.

Livia Gerster

Redakteurin in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Drei Tage später ist alles ruhig in der Frankfurter Innenstadt. Kaihan war erst skeptisch, als er meine Nachricht auf Instagram sah. Von „den Medien“ hat er keine gute Meinung, die verdrehten immer alles. Er ist trotzdem gekommen, und als Erstes will er was klarstellen: „Ich verstehe, dass viele Juden jetzt Angst haben. ‚Scheißjuden‘ zu schreien, geht gar nicht, das ist doch nicht normal. Was haben die Juden in Deutschland denn damit zu tun.“

Wir setzen uns auf eine Bank und nehmen mit den Handys auf. Damit nichts verdreht wird.

Wie war denn die Demo? „Gut, viele Leute“, meint Kaihan. Wegen Corona langweilten sich gerade eh alle zu Hause. Viele hätten ihre Jobs verloren, „dann sehen die noch, wie unsere Leute zerbombt werden, und sagen: Ey, heute lassen wir mal alles raus.“

„Unsere Leute sterben, aber Deutschland ist immer nur auf Israels Seite“ 

Kaihan ist keiner von denen, die ihren Job verloren haben. Er macht gerade seine Ausbildung zum technischen Systemplaner, danach will er noch studieren. Er hat ein paar handbeschriebene Karteikarten mitgebracht. Darauf stehen die Punkte, die ihm am wichtigsten sind: Die Zwangsräumungen, die Siedlungen, die Vergeltungsschläge. Ja, natürlich sei die Hamas eine Terrororganisation, ja, natürlich dürfe Israel sich verteidigen, sagt er auf Gegenfragen. Dann kommen die Sätze mit „Aber“, und so drehen wir uns im Kreis.

Vorbereitungen für die Spontandemo in der Frankfurter Innenstadt


Vorbereitungen für die Spontandemo in der Frankfurter Innenstadt
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Bild: Nerea Lakuntza

Kaihan zeigt auf seinem Handy die Bilder, die er im Minutentakt bekommt: Schreiende Mütter aus Gaza. Wisch. Ein israelischer Mob, der auf einen Palästinenser einprügelt. Wisch. Einstürzende Hochhäuser. Wisch. Kinderleichen. Es sind Bilder, auf denen immer nur die Palästinenser die Opfer sind. Als ob es auf der israelischen Seite keine gäbe. „Ist ja alles live“, sagt er. „Ich versteh nicht, wie man so kaltherzig sein kann, dass einem das egal ist.“

Wegen dieser Bilder ist er am vergangenen Samstag mit einem Palästina-Schal zur Demo gekommen. Kaihan hat keine Verbindung nach Israel. Seine Eltern sind aus Afghanistan gekommen, dort wurden sie als Schiiten von den Taliban verfolgt. Trotzdem sagt er immer „wir Muslime“ oder auch: „Unsere Leute sterben, aber Deutschland ist immer nur auf Israels Seite.“

Kaihan kennt die historischen Gründe, er hat Dokus über den Holocaust auf Netflix und Arte geschaut. Trotzdem kommt ihm die Debatte in Deutschland komisch vor. „Die Leute tun so, als ob wir Muslime den Antisemitismus erfunden haben.“ Er zeigt wieder ein Bild von seinem Handy, schwarz-weiß, Holocaust-Überlebende auf einem Schiff. Natürlich hätten die Palästinenser sie aufgenommen, meint Kaihan. Aber es seien halt zu viele gekommen.

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