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#Durch die russlanddeutschen Familien geht ein Riss

„Durch die russlanddeutschen Familien geht ein Riss“

Auf dem Spielplatz im Pforzheimer Stadtteil Haidach diktieren der Ukraine-Krieg und die sozialen Medien die Gesprächsthemen. Zwölf ältere Männer in dunklen Anoraks stehen im Kreis zusammen. Auf dem Bolzplatz daneben kicken Kinder. Die älteren Männer kamen Anfang der Neunzigerjahre nach Deutschland – aus Kasachstan, Usbeki­stan, Georgien oder Russland. An diesem Nachmittag bewegen sie die Nachrichten aus Kiew und – noch stärker – die aus dem badischen Bietigheim. Denn dort weigerte sich ein Gastwirt, russische oder russischstämmige Gäste zu bedienen. Das empört die Männer. „Für Gorba­tschow war ich ein Faschist, dann kam ich nach Deutschland, musste hier buckeln, habe bei der Müllabfuhr gearbeitet. Immer war ich der Russe. Jetzt werde ich beschimpft“, sagt der 67 Jahre alte Mann, der vor dreißig Jahren als Spätaussiedler nach Deutschland kam.

„Die Ukrainer haben doch im Donbass mit türkischen Drohnen bombardiert, das will hier niemand hören. Dort gibt es keine russischen Schulen. So was lässt sich Putin nicht gefallen“, sagt ein 63 Jahre alter Mann, der aus Kasachstan stammt und als Schweißer gearbeitet hat. „Wenn Putin jetzt nichts gemacht hätte, wäre das eine Katastrophe gewesen. Die West­ukrainer sind schlimmer als die Deutschen. Und die Amerikaner verkaufen das Gas zweimal so teuer wie die Russen“, sagt ein 64 Jahre alter Mann. Er stammt aus Sibirien und arbeitete bis zur Rente als Maschineneinrichter.

Putins Propaganda von dem angeblich korrupten Regime in Kiew, von den amerikanischen Drahtziehern des Kriegs ist in Pforzheim angekommen. So manche Äußerung hier klingt wie ein Kommentar aus dem Sender „Russia Today“. Der 67 Jahre alte Mann aus der Reifenwerkstatt zittert vor Erregung, er tritt in die Mitte der Versammlung: „Jetzt kommen die Sanktionen, und du hast leere Taschen“, er zieht das Taschenfutter aus der Hose, „du weißt nicht, ob du im Supermarkt noch das Essen bezahlen kannst.“ Er sei nicht zum Urlaubmachen nach Deutschland gekommen, sagt er. Nach einem harten Arbeitsleben fühlt er sich von der Politik betrogen. Putin ist aus der Sicht dieser Männer eher Opfer als Kriegsherr: „Was haben die Amerikaner in Europa oder in Georgien überhaupt zu suchen?“ Der spontane Vortrag des Mannes gipfelt dann in dem Satz: „Der Amerikaner braucht Ruhe im Arsch. Wir sind gegen den Krieg. Schickt keine Waffen in die Ukraine, denn sonst verrecken die Russen.“

„Es ist nicht alles so, wie wir es jetzt hören“

Den Stadtteil Haidach nannten die Pforzheimer viele Jahre abschätzig „Klein Moskau“. 1969 hatte die Stadt auf dem Buckenberg im Südosten mit dem Bau der Trabantensiedlung begonnen, es sollte Wohnraum für die Arbeiter aus der Schmuck- und Automobilindustrie geschaffen werden. Die Städteplaner entschieden sich für eine Mischung aus Bungalows und Hochhäusern, nach 1990 entwickelte sich die Siedlung nach dem Zuzug russlanddeutscher Aussiedler zum sozialen Brennpunkt. Siebzig Prozent der etwa 10 000 Einwohner des Stadtteils sind Russlanddeutsche.

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