#Ein Waffenstillstand für die Diplomaten
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Zehn Anläufe zu einer landesweiten Waffenruhe hat es in Sudan inzwischen gegeben, seit dort am 15. April Kämpfe zwischen zwei Fraktionen des Militärs ausbrachen. Manche sollten nur drei Stunden dauern, andere mehrere Tage. Die meisten Feuerpausen wurden nicht ansatzweise eingehalten, obwohl die Kampfparteien dies immer wieder zugesagt hatten.
Die reguläre Armee und die paramilitärischen „Schnellen Unterstützungskräfte“ (RSF) versuchten weiter, den Machtkampf militärisch zu gewinnen. Auf dem Schlachtfeld herrscht allerdings auch nach sechs Wochen ein Patt. Die Folgen für die Bevölkerung sind verheerend, vor allem in der Hauptstadt Khartum, wo schwere Straßenkämpfe toben. Fast 1,4 Millionen Menschen sind laut Angaben der Vereinten Nationen inzwischen vor den Kämpfen geflohen.
Zuletzt glaubten manche Beobachter an einen Fortschritt. Nach dem Beginn von Gesprächen im saudischen Dschidda Anfang Mai vermittelten Saudi-Arabien und die Vereinigten Staaten eine siebentägige humanitäre Waffenruhe vom 22. Mai an. Auch diese sei zwar von beiden Seiten nicht eingehalten worden, teilten die Vermittler am Ende der Periode mit. Die Armee habe nach wie vor Luftangriffe auf RSF-Stellungen geflogen, während deren Kämpfer sich weiter in Privatwohnungen verschanzten. Auch seien Hilfsgüter gestohlen worden. Dennoch wurde eine Verlängerung der Feuerpause um fünf Tage verkündet, kurz bevor sie am Montagabend auslief. Nach den Vorstellungen Washingtons und Riads soll es im nächsten Schritt unter anderem darum gehen, eine länger anhaltende Waffenruhe zu erreichen.
Armee setzte Gespräche in Dschidda aus
Ob es dazu kommt, war am Mittwoch jedoch ungewiss. Die Armee teilte mit, sie setze die Gespräche in Dschidda aus. Der Schritt sei als Protest gegen die „wiederholten Verletzungen“ der Waffenruhe durch die RSF zu verstehen, sagte ein Armeesprecher der Nachrichtenagentur AP. Er nannte insbesondere die andauernde Besetzung von Krankenhäusern und anderer ziviler Infrastruktur in Khartum durch die paramilitärische Truppe. Bevor man über weitere Schritte sprechen könne, verlange die Armee, dass die Bestimmungen der Waffenruhe „vollständig umgesetzt“ würden. Die RSF reagierten mit der Mitteilung, dass sie die saudisch-amerikanische Initiative „bedingungslos unterstützen“.
Der Rückzieher der Armee muss nicht unbedingt bedeuten, dass die Vermittlungsbemühungen gescheitert sind. Der Schritt sei „nicht überraschend“, kommentierte Mohamed El Hacen Lebatt, der Sudan-Sondergesandte der Afrikanischen Union. Dergleichen geschehe oft, sagte Lebatt am Mittwoch; man hoffe weiter, dass die Vermittler eine anhaltende Waffenruhe erreichten.
Die bisherigen Erfahrungen legen das indessen nicht unbedingt nahe, und zahlreiche Fachleute kritisierten mittlerweile die Gespräche in Dschidda. So kommentierte der amerikanische Sudan-Fachmann Cameron Hudson von der Denkfabrik Center for Strategic and International Studies, die einzigen Gewinner der Waffenruhe seien „die Kriegsparteien, die gerade genug getan haben, um Sanktionen zu vermeiden, aber nicht annähernd genug, um den in der Vereinbarung festgelegten Mindeststandard zu erfüllen“. Dennoch gebe es keine Konsequenzen, schrieb Hudson auf Twitter.
Riad und Washington haben durch die Gespräche in der saudischen Hafenstadt auch sich selbst unter Druck gesetzt, einen Erfolg zu erreichen. Ein Scheitern könnten sie sich nicht leisten, sagte Hudson gegenüber AP. „Im gegenwärtigen Szenario bekommen die Diplomaten ihren Waffenstillstand und können sich auf Fortschritte in Richtung Frieden berufen. Die Parteien dürfen weiter kämpfen, und die einzigen, die verlieren, sind die 45 Millionen Sudanesen.“
Inzwischen benötigt mehr als die Hälfte der Bevölkerung laut UN-Schätzungen Hilfe und Schutz. Das Welternährungsprogramm geht davon aus, dass in den kommenden Monaten bis zu 2,5 Millionen Sudanesen Hunger leiden werden. Die Lage verschärft sich offenbar auch in Darfur wieder. In der westlichen Region wurden abermals Dörfer und Flüchtlingslager angegriffen. Der aufseiten der Armee stehende Gouverneur Minni Minnawi rief am Sonntag alle Bewohner Darfurs dazu auf, sich zu bewaffnen. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, warnte am Dienstag davor, dass die Kämpfe in Sudan eine „interethnische Dimension“ annehmen.
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