Nachrichten

#Ein flamboyanter Freak

Inhaltsverzeichnis

Ein flamboyanter Freak

Klangtechnische Innovationen sind oft aus Mangel geboren. Dein Instrument hat nur eine Saite? Lass mal sehen, was man damit alles machen kann. Du hast nur 4 Spuren auf deinem Aufnahmegerät? Mal schauen, was man trotzdem darauf unterbringen kann. Dein Studio ist eine Bruchbude? Mal hören, auf was für altem Gerät man trotzdem interessante Sounds erzeugen kann.

Letzteres dachte sich wohl auch Lee Perry, als er sich in Kingston 1973 ein Tonstudio im Hinterhof aufzubauen begann. Es wurde daraus das legendäre Black Ark Studio, dem die Reggae- und Dubmusik maßgeblich ihre Sounds verdankt. Dass sind vor allem die verzögerten Halleffekte und Schleifen, aber auch sonderbarere wie das Rauschen von Palmen, rückwärts abgespielt. Zentral auch noch andere seiner Ideen: etwa das vorübergehende Ausblenden der Bässe, die dann mit umso mehr Wucht irgendwann wiederkommen.

Rainford Hugh Perry wurde 1936 im Nordwesten Jamaikas geboren. Er wurde zunächst Plattenverkäufer; 1968 gründete er sein eigenes Label „Upsetter Records“. Seinen Spitznamen „Scratch“ verdankt er seiner Debütaufnahme „The Chicken Scratch“ von 1960. Dank seiner neuen Klang- und Aufnahmeideen aber wurde er bald als Produzent erfolgreicher denn als Musiker.

Rauch und Reinigung

In seinem Black Ark Studio wurden bedeutende Platten der Reggae-Geschichte aufgenommen, besonders solche von Bob Marley und den Wailers (bevor es zu einem Bruch mit Marley kam). Dass Perry Reggae erfunden habe, wäre wohl übertrieben zu sagen, für den Sound des Dub aber kann man das wohl behaupten. Er war auch ein Pionier der Remix-Kultur sowie des Samplings und trat dann selbst, besonders in Kollaborationen mit dem Mad Professor, als Dub-Poet in Erscheinung.

Seine Idiosynkrasien und Verrücktheiten, die auch dem Drogenkonsum geschuldet waren, haben ihn zu einer flamboyanten Freak gemacht. Er legte Werte auf sonderbare Rituale, etwa, Rauch auf Tonbänder zu blasen. Sein legendäres Studio brannte er selbst nieder, angeblich um spiritueller Reinigung willen.

In den achtziger Jahren war Perry nochmals einflussreich, als er mit jungen Künstlern wie den Beastie Boys oder The Clash zusammenarbeitete. Er blieb bis in die Gegenwart ein Faktor für neuere (und ja oft retromanische) Pop-Sounds und war Gast auf zahlreichen Festivals, sowie etwa auf Konferenzen über die Loop-Musik. Einige Jahre lang lebte Perry in der Schweiz, war aber zuletzt in seine Heimat zurückgekehrt.

Sein letztes Lebensjahrzehnt war bereits von einer Historisierung geprägt, die sich etwa in dem Dokumentarfilm „The Upsetter“ zeigt. Was sein musikalisches Erbe ausmacht, ist in kondensierte Form auf dem Box-Set „Arkology“ sowie auf der „Trojan Upsetter Box“ zu hören. Am Sonntag ist Lee Perry  in Lucea auf Jamaica gestorben.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!