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#Ein Influencer Gottes

Ein Influencer Gottes

Was da, sanft beleuchtet, hinter einer Glasscheibe in einem Sarkophag in der Kirche Santa Maria Maggiore in Assisi liegt, ist mit bloßem Menschenverstand nicht leicht zu fassen. Es handelt sich, nach sozusagen kirchenamtlicher Darstellung, um den Leichnam von Carlo Acutis, der am Samstag bei einer von Kardinal Agostino Vallini zelebrierten Messe in der prachtvollen Franziskusbasilika zu Assisi durch Papst Franziskus seliggesprochen wurde. Acutis war am 12. Oktober 2006 im Alter von nur 15 Jahren einer aggressiven Leukämieerkrankung erlegen. Und nun, 14 Jahre später, liegt in dem gläsernen Sarg ein Teenager in Nike-Turnschuhen, Jeanshose und Sportjacke, als schliefe er und schlüge jeden Moment die Augen auf. Die Gesichtszüge sind ebenmäßig. Der dunkle Haarschopf ist lockig, das Antlitz leicht dem Betrachter zugewandt. Ein Szenario, das je nach Betrachtungsweise numinos oder unheimlich anmutet.

Matthias Rüb

Matthias Rüb

Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

Wenn sie an den Sarg treten, sind die meisten Pilger, die sich zuvor geduldig in die Warteschlange vor dem Kircheneingang eingereiht haben, sichtlich ergriffen. Viele Frauen weinen, die Männer schauen ernst. Mit ihrem Rosenkranz berühren die Gläubigen die Glasscheibe, bekreuzigen sich, machen mit dem Handy ein Foto vom toten Carlo. Ehe die nächsten Pilger an den Sarg treten, wischt ein Freiwilliger mit einem Desinfektionstuch eilig die Scheibe sauber. In der Warteschlange vor der Kirche tragen die Leute zwar vorschriftsmäßig einen Mund-Nasen-Schutz, stehen aber dicht an dicht. Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma sorgen für Ordnung unter den Wartenden, aber nicht für das Einhalten von Abstandsregeln.

Carlo Acutis wurde 1991 in London geboren, wo seine Eltern einige Jahre tätig waren, wuchs aber in Mailand auf. Carlos Mutter erzählt, der Junge habe seit je innig geglaubt. Zur Erstkommunion ging er mit sieben Jahren. Den Ministrantendienst erfüllte er mit Inbrunst. Zur Muttergottes und zur Eucharistiefeier habe er sich besonders hingezogen gefühlt. Sein Taschengeld habe er seiner Pfarrei zugunsten von Obdachlosen und Flüchtlingen gespendet.

Carlo Acutis liegt öffentlich aufgebahrt in einem Glassarg. Der Teenager wird durch Kardinal Vallini selig gesprochen.


Carlo Acutis liegt öffentlich aufgebahrt in einem Glassarg. Der Teenager wird durch Kardinal Vallini selig gesprochen.
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Bild: dpa

Carlo zeigte zudem großes Geschick am Computer und beim Programmieren. Mit elf Jahren erstellte er ein Online-Verzeichnis aller eucharistischen Wunder weltweit, etwa wenn sich eine Hostie blutrot gefärbt oder gar in Fleisch verwandelt hat. Die regelmäßige Teilnahme an der Eucharistiefeier nannte Carlo, so erzählt es seine Mutter, „meine Autobahn in den Himmel“. Die Vereinigung „Freunde von Carlo Acutis“ hat nach dem frühen Tod des Jungen aus dessen Online-Verzeichnis der über die Jahrhunderte dokumentierten Hostienwunder eine Wanderausstellung mit gut 140 Schautafeln erarbeitet und ein Buch herausgegeben.

Kurz vor seinem Tod hatte Carlo Acutis den Wunsch geäußert, in Assisi begraben zu werden. In der Stadt in Umbrien, wo der heilige Franz von Assisi (1182 bis 1226) geboren wurde, hatte die Familie ein Ferienhaus, dort verbrachte sie die Sommerferien. Aus dem Grab auf dem neuen Friedhof von Assisi wurde Carlos Leichnam Anfang 2019 exhumiert. Da war der 2013 angestoßene und von Papst Franziskus vorangetriebene Seligsprechungsprozess des Jugendlichen im Vatikan faktisch schon abgeschlossen.

Sogleich verbreiteten sich Berichte, der Leichnam Carlos sei unversehrt gewesen. Dem widersprach später der Erzbischof von Assisi, Domenico Sorrentino: Man habe den Leichnam Carlos, der den gewöhnlichen Prozess der Verwesung durchlaufen habe, durch nachträgliche Balsamierung und die Wiederherstellung zumal der Gesichtszüge mittels Silikon für die nachträgliche Aufbahrung in dem gläsernen Sarg erst wiederherrichten müssen. Carlos Mutter besteht aber darauf, dass alle inneren Organe Carlos, auch das Herz, das am Samstag bei der Seligsprechung als neueste Reliquie in die Basilika getragen wurde, vollständig erhalten gewesen seien. Bis zum 17. Oktober kann der Leichnam nun noch in dem Glassarg besichtigt werden.

Kardinal Agostino Vallini mit den Eltern des 2006 gestorbenen Carlo Acutis


Kardinal Agostino Vallini mit den Eltern des 2006 gestorbenen Carlo Acutis
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Bild: AP

Es war Papst Franziskus persönlich, der den Seligsprechungsprozess für den Jungen aus Mailand in Rekordtempo zum Abschluss brachte. Die offizielle Anerkennung eines für die Seligsprechung notwendigen (postumen) Wunders eingeschlossen: Das soll sich im Oktober 2010 in einer Kirche in Campo Grande im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso do Sul ereignet haben, als die angeborene Erkrankung der Bauchspeicheldrüse bei einem Jungen verschwand, nachdem dieser ein als Reliquie exportiertes Kleidungsstück Carlos berührt hatte.

Carlo Acutis ist ein Seliger ganz nach dem Geschmack von Franziskus: ein Freund der Armen und Migranten; weltlichem Reichtum abgewandt, Maria und der Eucharistie zugewandt; ein Influencer Gottes, der seine Internetaffinität zur Verbreitung von Hostienwundern nutzte. Schon wird Carlo Acutis als künftiger offizieller Patron des Internets genannt. Es wäre der nächste Zwischenhalt auf der Autobahn in den Himmel.

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