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#„Ein tiefer Angriff auf unsere Gesellschaft“

„Ein tiefer Angriff auf unsere Gesellschaft“

Sie beschäftigen sich im Auftrag des Verteidigungs- und des Innenministeriums mit Cyber-Angriffen. Um den Schutz welcher kritischer Infrastruktur geht es?

Reinhard Bingener

Politischer Korrespondent für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen mit Sitz in Hannover.

Da geht es um ein breites Spektrum, das vom Stromnetz, den Kommunikationsnetzen bis zu Verkehrswegen und Krankenhäusern reicht. Die eigentliche Herausforderung besteht aus meiner Sicht darin, dass all diese Einzelteile voneinander abhängig sind und man das gesamte System betrachten muss.

Wie hoch wäre der Schaden durch einen großen Cyber-Angriff?

Bei einem Ausfall des gesamten Internets würden sicher mehr Dinge nicht mehr funktionieren, als man gemeinhin annimmt. Schon nach der Flut im Ahrtal funktionierte der digitale Polizeifunk nicht mehr. Das gab einen kleinen Vorgeschmack. Solche Domino-Effekte müssen aus meiner Sicht viel stärker in den Blick genommen werden.

Brauchen wir also analoge Rückfalloptionen in der Hinterhand?

Nein, nicht zwingend. Sicherheit ist auch digital möglich. Wir müssen aber auch in der Lage sein, einen begrenzten Ausfall für einen gewissen Zeitraum auszuhalten. Aus Sicht der Cybersicherheit geht es deshalb um die Segmentierung von Netzwerken und die Frage, was alles am Internet hängen muss. Die Einführung digitaler Stromzähler wirft da beispielsweise einige Probleme auf.

„Quantencomputer sind Game-Changer“: Christian Hummert, Forschungsdirektor Cyberagentur Halle.


„Quantencomputer sind Game-Changer“: Christian Hummert, Forschungsdirektor Cyberagentur Halle.
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Bild: Cyberagentur

Wie hoch ist die Gefahr durch Cyberangriffe derzeit?

Um diese Frage zu beantworten reicht ein Blick in den eigenen E-Mail-Account. Da gehen täglich Mails ein, die man besser nicht öffnet. Es gibt jede Menge Kriminelle, die an unser Geld und unsere Daten wollen. Auch staatliche Geheimdienste sind aktiv, wie sich zum Beispiel beim Stuxnet-Angriff auf das iranische Atomprogramm gezeigt hat. Daneben gibt es auch eine Hacker-Community, die Sicherheitslücken sucht – und da passiert auch manchmal unbeabsichtigt etwas.

Im Sommer hat ein Angriff die Verwaltung des Landkreises Anhalt-Bitterfeld lahmgelegt. Der Katastrophenfall wurde erst vor kurzem, also ein halbes Jahr später, aufgehoben. Wie ordnen sie diesen Angriff ein?

Das waren vermutlich gewöhnliche Kriminelle, die einen Ransomware-Angriff gestartet haben und versprachen, die Daten gegen Geld wieder freizugeben. Der Landkreis hat sich nicht darauf eingelassen, was ich richtig finde. Dieser Angriff hat aber die Schwächen unserer Kommunen offengelegt und deutlich gemacht, dass dort Handlungsbedarf besteht. Wenn eine Kommune die Wahl hat zwischen einem neuen Kindergarten und einer neuen Firewall, entscheidet sich der Gemeinderat in aller Regel für den Kindergarten. Das ist nachvollziehbar. Der Schutz kommunaler IT-Systeme leidet auch unter einem Mangel an IT-Kräften und den schlechteren Gehältern im Öffentlichen Dienst. Im Fall Anhalt-Bitterfeld hat sich aber auch gezeigt, dass die Experten der verschiedenen Ebenen Bund, Land und Kommune unkompliziert und effektiv zusammenarbeiten.

Gibt es Überschneidungen zwischen Cyber-Kriminellen und staatlichen Akteuren?

Es wird zumindest häufig berichtet, dass der Staat Nordkorea Geld mit Internetkriminalität verdient. Die Attribution von Cyberangriffen ist auch eines unserer Forschungsthemen. Eigentlich muss man jedoch sagen: Den Ursprung eines Cyberangriffs können sie fast nie zweifelsfrei feststellen. Wenn jemand erzählt, dass genau diese oder jene russische Behörde die Attacke ausgeführt hat, ist das häufig eher politisch motiviert als wissenschaftlich hinterlegt.

Belegt ist aber zumindest, dass Russland Fake-News verbreitet.

Deshalb sollte man den Begriff Cyber-Angriff eigentlich erweitern. Wenn gezielt Lügen und Desinformationen gestreut werden und parallel Infrastrukturen digital angegriffen werden, ist das aus meiner Sicht ein Cyber-Angriff auf die gesamte Gesellschaft. Wir erleben einen tiefen Angriff auf unsere Demokratie, der mir große Sorgen macht.

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