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#Emmanuel Macron hört nicht mehr auf seine Virologen

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Emmanuel Macron hört nicht mehr auf seine Virologen

Im Kampf gegen die ansteckenderen Virus-Mutanten aus Südafrika, Brasilien und Großbritannien verfolgen Frankreich und Deutschland nicht mehr die gleiche Strategie. Das tritt nirgendwo so deutlich zutage wie im lothringischen Département Moselle, das an das Saarland und Rheinland-Pfalz grenzt. Das Robert-Koch-Institut hat das gut eine Million Einwohner zählende Département als Virusvariantengebiet eingestuft.

Michaela Wiegel

Mehr als 80 Prozent aller Infektionen in Moselle gehen auf Virusmutanten zurück, aber die französische Regierung verweigert beharrlich striktere Maßnahmen wie Schul- oder Geschäftsschließungen. „Wir machen nicht zu“ zitiert das „Journal du Dimanche“ Emmanuel Macron. Der Präsident hält sich seit Ende Januar zugute, dass er sich von den Lockdown-Empfehlungen seines wissenschaftlichen Beirates emanzipiert habe. Die unterschiedlichen Vorstellungen vom Infektionsschutz in Paris und Berlin sind jetzt an der Grenze zu Lothringen aufeinandergeprallt.

Leidtragende sind die Franzosen im lothringischen Grenzdreieck zu Deutschland und Luxemburg. 16.000 von ihnen pendeln täglich nach Deutschland zu ihrer Arbeitsstelle. Sie müssen von diesem Dienstag an bei jedem Grenzgang ein negatives Testergebnis mitführen, das nicht älter als 48 Stunden ist. Zwar sollen anders als im vergangenen Jahr die Grenzübergänge offen bleiben und auf stationäre Kontrollen verzichtet werden. Stattdessen soll die Bundespolizei im Saarland und in Rheinland-Pfalz Kontrollen an Fahrzeugen mit französischen Kennzeichen vornehmen, „Grenzschleierfahndung“ wird das genannt. Der öffentliche Nahverkehr von Moselle nach Deutschland wird komplett eingestellt. „Der Alltag der Grenzgänger wird zwangsläufig komplizierter“, bedauerte der französische Europa-Staatssekretär Clément Beaune.

Bald 50.000 Neuinfektionen täglich?

Am Montagabend sollte bei einer Krisensitzung des Ausschusses für grenzüberschreitende Zusammenarbeit über Erleichterungen für Berufspendler verhandelt werden. Der Ausschuss geht auf den Aachener Vertrag vom 22. Januar 2019 zurück, mit dem sich Frankreich und Deutschland eigentlich versprochen hatten, bürokratische Hindernisse für den gemeinsamen Lebensraum im grenznahen Gebiet abzubauen. Doch dann kam die Pandemie, und plötzlich war die Grenze wieder da. Zwischen März und Juni 2020 kontrollierten Bundespolizisten Einreisende aus Frankreich, etliche Grenzübergänge blieben wochenlang ganz geschlossen.

Präsident Macron hatte Ende Januar die Eingebung, sich der Schwarzmalerei der Virologen entgegenzustellen, so erzählen es zumindest Berater im Elysée-Palast. Als alle erwarteten, dass er angesichts steigender Infektionszahlen in einer Fernsehansprache einen Lockdown verkünden würde, schickte er seinen Premierminister vor die Kameras. „Wir können einen Lockdown noch verhindern“, sagte Jean Castex. Macron schwor seine Landsleute auf die neue Strategie ein: „Ich habe Vertrauen in uns.“ Seither experimentiert er mit abendlichen Ausgangssperren und lokalen Einschränkungen. Es ist eine gewagte Wette, wie die hohen Fallzahlen in zwanzig Départements zeigen.

In Dünkirchen im Norden und an der Côte d’Azur um Nizza haben die Intensivstationen ihre Kapazitätsgrenzen schon fast erreicht. Auch in der französischen Hauptstadtregion steigen die Infektionszahlen. Neuesten Berechnungen der Medizinprofessoren Philippe Amouyel und Luc Dauchet vom Institut Pasteur in Lille zufolge drohen Frankreich Mitte März 50.000 Neuinfektionen täglich.Doch Macron hat am Montag von neuem Durchhalteparolen verkündet. „Noch vier bis sechs Wochen müssen wir durchhalten“, sagte er einem Jugendlichen in einem sozialen Brennpunktviertel im Département Seine-Saint-Denis, der sich beklagt hatte, dass die abendliche Ausgangssperre von 18 Uhr an hart sei.

In der französischen Presse lässt sich Macron als Professor Alleswisser porträtieren, der alle Neuerscheinungen zur Pandemie vor dem eigenen Wissenschaftsrat gelesen und analysiert hat. „Er verschlingt alle Studien zu Covid-19“, äußerte Parlamentspräsident Richard Ferrand bewundernd. „Macron hat so viel zur Pandemie gelesen, dass er die Wissenschaftler herausfordern kann“, sagte ein Berater des Gesundheitsministers im Radio. Doch nicht alle sind davon begeistert, dass Macron nicht mehr auf medizinischen Rat hört. „Es sind Zustände wie am Hofe des Sonnenkönigs, man verneigt sich vor der Weisheit des Präsidenten, um ihm zu gefallen“, sagte der Arzt Jerome Marty, der einem Medizinerverband vorsteht.

Auch Lokalpolitikern behagt der neue Kurs nicht. Seit Anfang Februar fordert der rechtsbürgerliche Bürgermeister von Metz, François Grosdidier, einen strikten Lockdown. Doch aus dem 330 Kilometer entfernten Elysée-Palast kommt in regelmäßigen Abständen ein unmissverständliches „Non“. Der Präsident entsandte zwar seinen Gesundheitsminister Olivier Véran in die lothringische Verwaltungshauptstadt, aber der kündigte nur 30.000 zusätzliche Impfdosen für das Département an. 360 Schulklassen in Moselle mussten vor Ferienbeginn wegen Infektionsfällen in den Klassen schließen, aber dennoch soll der Unterricht nach Ferienende am 8. März normal wiederaufgenommen werden. Mit dem Präsenzunterrichtsangebot hat Macron ein europäisches Alleinstellungsmerkmal im Pandemie-Krisenmanagement entdeckt, mit dem er im Wahlkampf werben will.

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