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#Entschieden vage

„Entschieden vage“

Spätestens wenn Karl Lauterbach in der Talkshow sitzt, ist es mit dem Sommer und seinen scheinbar sorglosen Nahkontakten bei entblößten Gesichtern vorbei. Fast hatten wir vergessen, dass da ja noch etwas war. Der Herbst, dessen Aussichten mit Inflation und explodierenden Energiekosten auch so schon trüb genug sind, von der meteorologisch nasskalten Endzeitstimmung ganz zu schweigen, wirft auch im dritten Jahr der Pandemie bereits seine ungemütlichen Schatten voraus. Hatte uns nicht gerade erst Christian Drosten daran erinnert, als er sagte, er glaube nicht mehr daran, „dass wir Ende des Jahres den Eindruck haben werden, die Pandemie sei vorbei“?

Sandra Kegel

Verantwortliche Redakteurin für das Feuilleton.

In Wahrheit erleben wir schon dieser Tage eine Sommerwelle. Die 7-Tage-Inzidenz steigt Tag um Tag, am Samstag lag sie bei 696, in der Vorwoche bei 632, im Vormonat bei 221, und die Zahl der Corona-Kranken auf den Intensivstationen hat ebenfalls erstmals wieder tausend erreicht. Die Tage der RKI-Pressekonferenzen stehen uns so bald wie verlässlich wieder ins Haus. Doch spätestens, wenn am 23. September das Infektionsschutzgesetz ausläuft, muss die Politik mit einem neuen Gesetz parat stehen, damit wir nicht noch einmal unvorbereitet und planlos in Corona-Wellen stolpern mit womöglich neuen Varianten, von denen heute noch niemand weiß, was sie in vier oder sechs Monaten alles anrichten können.

Die Regierungskoalition hat deshalb einen Sachverständigenausschuss um einen Bericht über die bisherigen Corona-Maßnahmen gebeten. Dass die FDP in Person des Justizministers Buschmann darauf drang, um eine Grundlage für künftige Entscheidungen zu haben, während Karl Lauterbach bei Anne Will am Sonntagabend noch einmal erklärte, nichts darin entdeckt zu haben, was er nicht ohnehin schon wisse, sei geschenkt. Dem Gutachten ist zwar einigermaßen vage zu entnehmen, was an Maßnahmen sinnvoll gewesen ist, Masken in Innenräumen etwa, und was eher fragwürdig war: die Schulschließungen zum Beispiel.

Das 100-Seiten-Papier hat darüber hinaus aber vor allem die katastrophale Datenlage zu Corona offengelegt, die insbesondere dem übertriebenen Datenschutz hierzulande geschuldet ist. So mussten die Gutachter ohne verlässliches Zahlenmaterial zuweilen im Nebel stochern. Selbst Christian Drosten hatte das Gremium, in das er berufen worden war, nach kurzer Zeit schon wieder verlassen: „Mit heißer Nadel gestrickt und wissenschaftlich dünn“ urteilte die SZ-Wissenschaftsredakteurin Christina Berndt denn auch in der Sendung.

Lockdown und Schulschließungen

Was aber folgt nun aus all dem? Entschiedene Vagheiten, könnte man sagen. So stimmte etwa bei Anne Will der SPD-Gesundheitsminister einerseits der anwesenden FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus und dem abwesenden Justizminister Buschmann zu, dass Lockdowns im Herbst aufgrund der hohen Immunität in der Bevölkerung auszuschließen seien. Auch Schulschließungen hielt er für „sehr unwahrscheinlich“. Um wenig später dann allerdings Christina Berndt recht zu geben, die anmerkte, wie gefährlich es zum jetzigen Zeitpunkt sei, irgendwelche Maßnahmen auszuschließen, weil es gerade jetzt eines großen Instrumentenkastens bedürfe.

Der Intensivpfleger Ricardo Lange kritisierte, dass die desolate Situation des Pflegepersonals in den Krankenhäusern im Gutachten keine Rolle spielte, und auch nach mehr als zwei Jahren Pandemie in der Realität noch immer nicht behoben sei. Dass Kliniken sich heute bereits wieder behelfsmäßig umorganisieren oder zeitweilig gar geschlossen werden, bekommen er und seine Kollegen unmittelbar zu spüren.

Impfpflicht und Bürgertest

So schipperte das Gespräch von einem Thema zum nächsten, mal ging es um das Pflegeentlastungsgesetz, mal um die Pflegepersonal-Regelung PPR 2, die verpasste Impfpflicht kam wieder aufs Tableau und ebenso die neuerdings nicht mehr kostenfreien Bürgertests, die den Steuerzahler eine Milliarde Euro monatlich kosteten.

Aber mit welchen Maßnahmen dürfen wir rechnen im Herbst? Wie sieht das neue Infektionsschutzgesetz aus? Und wie sollen die Viertklässler ihren durch Corona mitverursachten Lerneinbruch aufholen? Es scheint, als stocherten nicht nur die Gutachter im Nebel: Nach einer Stunde war die Sendung vorbei – und alle Fragen offen.

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