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#Er bleibt das Opfer, sie die Hexe

Wie gut die mächtigen Männer dieser Welt darin sind, ihre eigene Übermacht zu leugnen, ließ sich dieser Tage in Cannes beobachten. Das Filmfestival eröffnete mit dem schwer gepuderten Historiendrama „Jeanne du Barry“, in dem Johnny Depp die Hauptrolle spielt. Nach Ende des Films ertönte tosender Applaus im Kinosaal, sieben Minuten lang klatschte das Publikum, unter ihnen prominente Schauspieler wie Mads Mikkelsen, für Depp und seine Co-Stars. Als die Kamera auf Depps Gesicht schwenkte, deutete er kurz an, sich wegdrehen zu wollen, und rieb sich dann die Augen, als müsse er eine Träne der Rührung verbergen.

Das passt in die Erzählung des Megastars. Die lautet nämlich: Hollywood will mich nicht mehr haben, seitdem etwas über mich verbreitet wurde, was in Wahrheit nicht mehr ist als „ein Haufen von Vokalen und Konsonanten“. Depp meint damit die Vorwürfe der häuslichen Gewalt von seiner früheren Ehefrau Amber Heard, die im vergangenen Jahr in einem nervenaufreibenden Prozess zwischen den beiden wieder auf den Tisch kamen. Wochenlang konnte man Depp und Heard damals zuhören und zusehen, wie sie sich gegenseitig demütigten, über Fäkalien in Betten, Ohrfeigen und fußballgroße Rotweingläser stritten. Am Ende gewann Depp den Prozess, in dem es um die Frage der Verleumdung gegangen war.

Seitdem inszeniert sich der 59-Jährige als Opfer. Der BBC sagte er in Cannes, bevor man ihn verurteile, solle man erst mal auf sich selbst und die Menschen im eigenen Umkreis schauen. Er sei sich sicher, dass niemand von ihnen eine reine Weste habe. Zur Pressekonferenz zu „Jeanne du Barry“ am Mittwoch erschien Depp eine halbe Stunde später als der Rest des Teams. Regisseurin und Hauptdarstellerin Maïwenn bespaßte die Wartenden. Die 47-Jährige verteidigt in Frankreich routinemäßig berühmte Männer, die aus ihrer Sicht zu Unrecht durch die MeToo-Bewegung verurteilt wurden.

Wenn Depp sich daneben benimmt, kommt das seinem Bad-Boy-Image zugute

In Cannes war sie an Depps Seite, um betroffen den Kopf zu schütteln oder zu bekräftigen, was für ein toller Mensch er sei, wann immer es um die Vorwürfe gegen ihn ging. Auf der Pressekonferenz sagte Depp: „Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich denke, das ist eine wirklich merkwürdige Zeit, in der jeder gerne er selbst sein würde, aber es nicht sein kann, weil er nicht aus der Reihe fallen darf, sondern seinem Vordermann folgen muss.“ Er mache da nicht mit.

Amber Heard vergangene Woche in Madrid


Amber Heard vergangene Woche in Madrid
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Bild: dpa

Je trotziger sich der Schauspieler verhält, umso offensichtlicher wird, wie ungleich der Umgang mit Männern und Frauen immer noch ist. Wenn Depp sich daneben benimmt, kommt das nur seinem Image als Bad Boy zugute. Gerade hat das amerikanische Magazin „Variety“ vermeldet, dass sein Werbevertrag für Diors Parfum „Sauvage“ verlängert worden sei – für eine Rekordgage von 20 Millionen Dollar.

Wenn eine Frau wie Amber Heard sich daneben benimmt, wird ihre angebliche Wandlung von der unschuldigen Schönheit zur bösen Hexe erst breit getreten, ihr Aussehen und Verhalten bis ins kleinste Detail analysiert und dann aus der Öffentlichkeit getilgt. Aus der ständigen Interpretation und Überinterpretation ihrer Mimik während des Prozesses, ihrer Flechtfrisuren und Outfits, sprach auch der Wunsch des Publikums, den Kinohelden Johnny Depp nicht aufgeben zu müssen, die beiden in ein Gut- und Böse-Schema zu pressen, das fast nie der Realität entspricht.

Während Depp in Cannes vom Festival-Direktor verteidigt wird („Ich weiß nicht, um was es in diesem Prozess ging. Ich schätze Johnny als Schauspieler“), versucht die 37-Jährige im Exil in Madrid, die Kontrolle über ihre eigene Geschichte zurückzugewinnen – ein Ding der Unmöglichkeit in einer Welt, die nur noch einer Seite zuhört.

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