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#Er ließ sich von ihr „Daddy“ nennen

„Er ließ sich von ihr „Daddy“ nennen“

In seinem Leben hat R. Kelly wohl nichts so bereut wie das Video, das er vor 23 Jahren aufnehmen ließ. Das 26 Minuten und 39 Sekunden lange Band zeigt den damaligen R&B-Superstar bei einer sexuellen Begegnung mit einem sehr, sehr jungen Mädchen. Bei dem Strafprozess in seiner Heimatstadt Chicago, in dem sich der Fünfundfünfzigjährige gegen Vorwürfe zu sexuellen Übergriffen auf Minderjährige, Kinderpornographie und Behinderung der Justiz verteidigen muss, könnte es Robert Sylvester Kelly, wie der Sänger bürgerlich heißt, jetzt den nächsten Schuldspruch einbringen. Falls die Staatsanwaltschaft die Geschworenen davon überzeugen kann, auf dem grob gepixelten Video R. Kelly und die damals 14 Jahre alte „Jane“ zu erkennen, drohen ihm weitere Jahrzehnte Haft. Im vergangenen Juni hatte schon ein Bundesgericht im New Yorker Stadtteil Brooklyn den gefallenen Grammy-Preisträger wegen sexuellen Missbrauchs, Menschenhandels und Bestechung zu 30 Jahren hinter Gittern verurteilt.

Vorwürfe gibt es seit Jahrzehnten

Obwohl das Video die Justiz seit mehr als 20 Jahren beschäftigt, ist bis heute offen, wie es aus dem sogenannten Blockhaus-Spielzimmer in R. Kellys früherem Haus in Chicago an die Öffentlichkeit gelangte. Wie sich der amerikanische Musikkritiker und Journalist Jim DeRogatis nach der Anklageerhebung gegen den Sänger in einem Interview mit der F.A.Z. erinnerte, war ihm die Aufnahme 2001 zugespielt worden. Nach wochenlangen Recherchen hatte DeRogatis zuvor einen Artikel über R. Kellys Übergriffe in der „Chicago Sun-Times“ veröffentlicht. Der Sänger, schrieb er, schickte seine Entourage immer wieder zu Schulen und Malls, um junge Afroamerikanerinnen anzusprechen.

DeRogatis stieß damals auch auf zwei Anzeigen zu sexuellem Missbrauch. R. Kelly, dessen Titel „The World’s Greatest“ derweil auf der Playlist jedes Radiosenders zwischen New York und Los Angeles stand, war es aber gelungen, die Vorwürfe durch sechsstellige Summen zu ersticken. Auch ein Strafprozess wegen Kinderpornographie, der den Sänger und Produzenten im Jahr 2008 einholte, endete in einem Freispruch. Das grob gepixelte Video war der Jury damals zwar gezeigt worden. Die 14 Jahre alte „Jane“, die angeblich auf dem Band bei sexuellen Handlungen mit R. Kelly zu sehen war, sagte aber nicht aus. Gerüchte wurden laut, der Sänger habe sein mutmaßliches Opfer und dessen Eltern damals einige Wochen nach Südfrankreich geschickt, um einen Auftritt vor Gericht zu verhindern.

Hundertfacher Missbrauch

Bei dem zweiten Strafprozess in Chicago, der vor drei Wochen im Dirksen Federal Courthouse begann, ist alles anders. Nachdem die Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Weltstar – befeuert durch die MeToo-Bewegung und die Filmdokumentation „Surving R. Kelly“ – Anfang 2019 abermals hochgekocht waren, meldeten sich Dutzende Frauen bei einer Hotline der Staatsanwaltschaft in Cook County. Vier Zeuginnen erklärten sich bereit, gegen ihren mutmaßlichen Peiniger auszusagen. Sie berichteten den Geschworenen jetzt, wie R. Kelly sie als Minderjährige erst durch Aufmerksamkeit, dann durch Erniedrigung zu sexuellen Handlungen überredete, immer mit ihm, oft auch mit weiteren weiblichen oder männlichen Opfern.

Vor dem Gericht in Chicago: R. Kellys Verteidigerin Jennifer Bonjean


Vor dem Gericht in Chicago: R. Kellys Verteidigerin Jennifer Bonjean
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Bild: dpa

Die heute 37 Jahre alte „Jane“ sagte aus, das Mädchen zu sein, das beim Sex mit R. Kelly auf dem Video aus dem „Log Cabin Playroom“ zu sehen war. In einigen Szenen urinierte der Sänger auf „Jane“, in anderen gab er ihr Geld nach der Befriedigung seiner sexuellen Phantasien. Sie berichtete von hundertfachem Missbrauch durch R. Kelly, ihren damals etwa 30 Jahre alten Patenonkel, der sich von ihr „Daddy“ nennen ließ. Bei dem Kreuzverhör durch Jennifer Bonjean, der Verteidigerin des Sängers, gab „Jane“ zu, sich auch nach dem 18. Geburtstag mit R. Kelly zum Sex verabredet zu haben. Auf Bonjeans Frage, ob sie auch nach dem Ende der Beziehung im Jahr 2010 ein enges Verhältnis zu ihm gepflegt habe, antwortete sie „Ja“. Als die Filmemacherin Dream Hampton vor drei Jahren ihre Dokumentation „Surving R. Kelly“ zeigte, schrieb „Jane“ ihm eine sorgenvolle Textnachricht. „Ich liebe dich“, gestand sie. „Lass den Teufel nicht gewinnen.“

Fragen zur Videoaufnahme

Am vergangenen Donnerstag begann die Verteidigung ihre Präsentation vor dem Bundesgericht mit einem Gegenschlag. Ihr Mandant, ließ Anwältin Bonjean die Jury wissen, sei nicht Täter, sondern Opfer. Immer wieder hätten frühere Bekannte versucht, R. Kelly mit Videos sexueller Begegnungen zu erpressen. Der Sänger erklärte derweil, nicht aussagen zu wollen. Auch sein mitangeklagter früherer Mitarbeiter Milton „June“ Brown geht nicht in den Zeugenstand. Nur Derrel McDavid, in besseren Tagen der Manager des gefallenen Grammy-Preisträgers und jetzt ebenfalls auf der Anklagebank, gab an, aussagen zu wollen.

Die Strategie der Verteidigung? Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen zu streuen und die Echtheit des Videos infrage zu stellen. Prozessbeobachter wie der Jurist Tony Thedford verweisen auf die weiterhin ungeklärte Herkunft des viel diskutierten Bands. „Die Staatsanwaltschaft hat das Video. Was darauf zu sehen ist, ist darauf zu sehen. Aber wo kommt es her?“, deutete der Strafrechtler in der „Chicago Sun-Times“ mögliche Manipulationen an. Ein ehemaliger Freund des Sängers, Charles Freeman, sagte aus, das Video in einem Haus in Atlanta (Georgia) entdeckt zu haben, als er versuchte, in R. Kellys Auftrag vor dem Strafprozess 2008 mögliche Beweise zu vernichten. Dass Freeman Kopien der Aufnahme machte und seinen früheren Chef mindestens zweimal verklagte, als dieser ihm die angeblich versprochene Belohnung nicht zahlte, bietet zumindest Raum für Interpretationen. Bis zu den Schlussplädoyers, die für diese Woche erwartet werden, muss sich der stellvertretende Bundesstaatsanwalt Jason Julien wohl noch etwas einfallen lassen.

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