Nachrichten

#Erkaltete Russlandliebe

„Erkaltete Russlandliebe“

Am Ende wurde der öffentliche Druck dann doch zu groß. Nach wochenlangem Zaudern kündigte der Konsumgüterkonzern Henkel in dieser Woche an, sein Russlandgeschäft komplett zu beenden. Henkel exportiert bisher nicht nur nach Russland, sondern stellt auch an elf Standorten vor Ort seine Produkte her. Die 2500 Mitarbeiter im Land würden weiterbeschäftigt und bezahlt, die Priorität des Konzerns sei, „alles zu tun, um unsere Kolleginnen und Kollegen in der Ukraine zu unterstützen“, sagte Vorstandschef Carsten Knobel am Dienstag. Henkel verurteile „den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Gewalt gegen unschuldige Zivilisten“. Der Persil-Hersteller hatte nach Kriegsbeginn bereits Werbung in Russland eingestellt, aber noch keinen Anlass für eine Komplettaufgabe des Geschäfts gesehen. „Weitreichende Konsequenzen“ befürchtete Knobel da noch, unter anderem könnten die Fabriken enteignet werden. Diese Entscheidung hatte Henkel erhebliche Kritik eingebracht, auch aus Reihen der Aktionäre.

Alexander Wulfers

Redakteur in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Die Riege derer, die noch Handel mit Russland treiben, wird in diesen Tagen immer dünner. Noch ein weiterer Dax-Konzern, der Softwarehersteller SAP, hat in dieser Woche angekündigt, dass er sich aus Russland zurückziehen und Bestandskunden nicht länger versorgen will. SAP war zuvor in die Kritik geraten, weil das Unternehmen zwar im März angekündigt hatte, keine Neukunden aus Russland mehr anzunehmen, noch am Vortag aber russischen Kunden den Umzug ihrer Daten auf Rechenzentren im Ausland angeboten hatte.

In die entgegengesetzte Richtung bewegt sich derweil der Reifenhersteller Continental, der seine Produktion im russischen Werk wiederaufgenommen hat. Die Begründung: Den Mitarbeitern in Russland drohten „harte strafrechtliche Konsequenzen“, sollte das Unternehmen „darauf verzichten, die lokale Nachfrage zu bedienen“. Mit diesem Schritt ist Continental aber eher die Ausnahme.

Metro, Storck und New Yorker „graben sich ein“

Durch die Mischung aus Sanktionen und öffentlichem Druck hat die Russische Föderation, noch vor wenigen Wochen einer der 20 wichtigsten deutschen Handelspartner, an Bedeutung für die Bundesrepublik stark eingebüßt. Das Statistische Bundesamt veröffentlichte am Donnerstag vorläufige Exportzahlen für den Monat März, die diesen Effekt erstmals in Zahlen fassen: Um mehr als die Hälfte ist demnach die deutsche Ausfuhr nach Russland eingebrochen, von 2,3 Milliarden Euro im Februar auf nur noch 1,1 Milliarden im März. Man kann davon ausgehen, dass dieser Trend sich in den Aprilzahlen fortsetzt. Viele Unternehmen beendeten ihr Russlandgeschäft erst einige Wochen nach Kriegsbeginn, was in den März-Zahlen noch nicht vollständig abgebildet ist.

Ein Team an der amerikanischen Yale-Universität um den Wirtschaftswissenschaftler Jeffrey Sonnenfeld hat seit Beginn des russischen Angriffskrieges eine Liste von über 1000 Unternehmen zusammengestellt, die bisher in Russland aktiv waren, und beobachtet seitdem, wie sie mit ihrem Geschäft dort umgehen. 18 deutsche Unternehmen bekommen von Sonnenfeld derzeit die Bestnote A, darunter neuerdings Henkel, aber auch zum Beispiel Aldi, Daimler, die Lufthansa, Obi und Playmobil, die alle ihre Geschäfte in Russland komplett gestoppt haben. Schlechter schneidet in der Liste zum Beispiel Ritter Sport ab, das in der Kategorie D unter „Zeit kaufen“ gelistet ist. Positiv angerechnet wird dem Schokoladenhersteller immerhin noch, dass er seine Investitionen und Werbung in Russland gestoppt hat, auch wenn er dort weiter Süßes verkauft. Russland ist der zweitwichtigste Markt für Ritter Sport.

Komplett durchgefallen sind in Sonnenfelds Bewertung nach aktuellem Stand noch sieben deutsche Firmen, die sich „eingraben“: die Einzelhandelsketten Metro und Globus, der Süßwarenhersteller Storck, das Molkereiunternehmen DMK sowie die Industrieunternehmen Gea, Liebherr und New Yorker.

Sprechen möchten die meisten über ihr Russlandgeschäft schon lange nicht mehr, anders als nach der Kriminvasion 2014. Damals schimpfte noch so mancher Manager öffentlich über Sanktionen. Die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer reagierte auf eine Anfrage bis Redaktionsschluss nicht. Ihre Website ist seit Mitte März wegen „Wartungsarbeiten“ nicht mehr erreichbar. Verschwunden ist dort auch die Werbekampagne, in der namhafte deutsche Unternehmen sich noch im Februar als „Russlandmeister“ präsentierten.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!