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#Erst die Flut, dann die Granaten

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Das erste Artilleriegeschoss schlägt im Wasser ein. Das gibt den Menschen Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen. Einwohner, Rettungskräfte und Journalisten rennen um ihr Leben, werfen sich auf der Straße zu Boden, drücken sich an Hauswände, als die nächsten Geschosse rund um den Korabelnaja-Platz in Cherson einschlagen.

Polizisten und Militärs rufen, dass ein Haus in der Nähe Schutz biete, und lotsen die Fliehenden dorthin. Dort warten sie die nächsten vierzig Minuten in einem dunklen Korridor, bis der Beschuss nachlässt.

Am frühen Donnerstagnachmittag erschüttern zahlreiche Explosionen das südukrainische Cherson. Die Artilleriegeschosse krachen während der Evakuierungsarbeiten in das Zentrum der Region, die am meisten von der Flutkatastrophe betroffen ist. Nur zwei Tage zuvor war der Kachowka-Staudamm gebrochen, und die Flutwellen des Dnipros überschwemmten 600 Quadratkilometer des Chersoner Gebiets.

Der Krieg macht keine Pause

Noch am Morgen hatte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Bild von der Lage in Cherson gemacht, stand am Korabelnaja-Platz, wo Stunden später die Granaten einschlugen. Er habe „viele wichtige Fragen“ besprochen, teilte er auf Telegram mit. Es sei um die militärische und humanitäre Lage gegangen, ebenso wie die Wiederherstellung des Ökosystems der Region. Kurz nachdem der Beitrag online erscheint, werden die Abstände zwischen den dumpfen Geräuschen, die sowieso stets in der Stadt zu hören sind, kürzer.

Menschen suchen in einem Gebäude vor dem Artilleriebeschuss der russischen Armee Schutz


Menschen suchen in einem Gebäude vor dem Artilleriebeschuss der russischen Armee Schutz
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Bild: Daniel Pilar

Der Krieg macht mitten in einer Katas­trophe keine Pause. Am Donnerstagmorgen standen nach Kiewer Angaben 35 Ortschaften unter Wasser, davon 26 auf ukrainisch kontrolliertem und zehn in dem von Russland besetzten Gebiet. Betroffen sind demnach schätzungsweise 42.000 Menschen auf beiden Seiten des Flusses. Und es wird erwartet, dass der Pegel noch steigt. Am Donnerstagmorgen hatte die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA die ersten Todesopfer der Flut gemeldet. In der Stadt Nowa Kachowka, nahe dem Staudamm, seien nach Behördenangaben fünf Menschen ums Leben gekommen. Die Staatsagentur TASS schrieb zudem, dass bisher 4300 Menschen in Sicherheit gebracht worden seien.

Die Ukrainer kritisieren hingegen, dass sich die Besatzer nicht um die Menschen vor Ort kümmerten. „Wenn keine internationale Organisation im Katastrophengebiet ist, heißt das, dass es überhaupt keine Hilfe gibt, dass etwas funktioniert“, sagte Selenskyj in seiner Videoansprache am Mittwochabend. Er warf den Russen vor, auf Rettungskräfte zu schießen, die versuchten, Menschen aus den überschwemmten Gebieten zu holen.

Im Korridor warten die Menschen auf das Ende der Einschläge


Im Korridor warten die Menschen auf das Ende der Einschläge
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Bild: Daniel Pilar

Die Ukraine meldete ihrerseits am Donnerstagnachmittag in dem von ihr kontrollierten Gebiet das erste Todesopfer der Flut in der Region Mykolajiw , wo es ebenfalls zu Hochwasser kam. In Cherson gibt man sich indes alle Mühe, um die Evakuierungsmaßnahmen so professionell wie möglich aussehen zu lassen. Der Katastrophendienst, das Militär und Freiwillige sind aus anderen Städten gekommen, um zu helfen. Dutzende der rot-gelben Wasserfahrzeuge mit den riesigen schwarzen Gummirädern wurden nach Cherson gebracht, um die Menschen von Sammelpunkten durch die überfluteten Teile der Stadt in Sicherheit zu bringen. Das „Bohun“ genannte Fahrzeug hat ein ukrainisches Start-up entwickelt, das in Kiew produziert. Die Ukrainer sind stolz darauf, dass sie in dieser Notfallsituation eigene Technik haben.

Mit dem Boot unterwegs: Ein Mann bringt am Mittwoch einen Hund aus den Fluten in Sicherheit.


Mit dem Boot unterwegs: Ein Mann bringt am Mittwoch einen Hund aus den Fluten in Sicherheit.
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Bild: Daniel Pilar

Am Mittwoch sind die „Bohuns“ des Katastrophendienstes im Dauereinsatz. Sie schwimmen durch die Fluten und schieben eine kleine Welle vor sich her, wenn sie aus dem Wasser ans Ufer fahren. Gut ein halbes Dutzend Menschen können die Fahrzeuge jeweils transportieren. Wenn sie im trockenen Teil der Stadt sind, prüfen Polizisten die Identität der Angekommenen. „Um zu verhindern, dass sich russische Spione daruntermischen“, erklärt einer.

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