Wissenschaft

#Erster Nashorn-Embryo in Leihmutter übertragen

Ein Artenschutz-Konsortium hat in Kenia erfolgreich einen künstlich befruchteten Embryo eines Südlichen Breitmaulnashorns in eine Nashorn-Leihmutter eingepflanzt. Damit ist die weltweit erste Schwangerschaft eines Nashorns nach einem Embryotransfer gelungen. Obwohl Leihmutter und Kalb inzwischen tot sind, erhoffen sich die Wissenschaftler mit derselben Technik künftig auch Babys des Nördlichen Breitmaulnashörner austragen zu lassen. Damit könnte die akut vom Aussterben bedrohte Art gerettet werden.

Der Transfer eines Embryos in eine Leihmutter ist bei Menschen und Tieren wie Pferden und Kühen weit verbreitet. Ein Team des Wissenschafts- und Artenschutz-Konsortiums BioRescue hat diese reproduktionsmedizinische Methode in aufwendiger Forschung auch für Nashörner möglich gemacht – kein leichtes Unterfangen bei den rund zwei Tonnen schweren Wildtieren. Die damit verbundene Hoffnung ist, durch künstliche Befruchtung Nashorn-Babys zu erzeugen und in Leihmüttern austragen zu lassen. Das würde den seltenen Nachwuchs der Nashörner erhöhen und könnte das Nördliche Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum cottoni) sogar vor dem Aussterben retten – von ihm existieren nur noch zwei lebende Exemplare. Bislang hat das Team 13 Embryotransfers an Nashörnern durchgeführt, drei in Kenia und zehn in Europa. Jedoch kam bislang nie eine stabile Schwangerschaft der Leihmutter zustande.

Forschende des BioRescue-Teams bei dem Embryotransfer in Kenia
Embryotransfer des BioRescue-Teams am 24. September 2023 in Kenia. © Jan Zwilling / Leibniz-IZW

Erfolgreicher Embyronentransfer bei Nashörnern

Im September 2023 hat das Team in Italien nun erneut zwei in-vitro befruchtete Embryonen von Südlichen Breitmaulnashörnern (Ceratotherium simum simum) erzeugt und anschließend auf der Ol Pejeta-Station in Kenia in die Gebärmutter der Nashorn-Leihmutter Curra derselben Art eingepflanzt. Die Eizellen, die zur Erzeugung der Embryonen verwendet wurden, stammten von einem Südlichen Breitmaulnashorn-Weibchen, das im belgischen Zoo Pairi Daiza lebt. Das für die Befruchtung verwendete Sperma stammte von einem Männchen aus dem Zoo Salzburg, ebenfalls ein südliches Breitmaulnashorn. Und tatsächlich nistete sich diesmal ein Embryo in der Leihmutter ein: Das Team stellte bei Beobachtungen des Nashorn-Weibchens eine Schwangerschaft fest.

Allerdings starb die Leihmutter Curra unerwartet rund zwei Monate nach dem Embryonentransfer. Extreme Regenfälle hatten das Gehege der Leihmutter überschwemmt und dabei Sporen von Clostridien an die Erdoberfläche gespült. Die Obduktion des Tieres ergab eine Vergiftung durch das Toxin dieser Bakterien. Zugleich wurde festgestellt, dass Curra mit einem 70 Tage alten, 6,4 Zentimeter langen und damit gut entwickelten und lebensfähigen männlichen Fötus trächtig war. DNA-Analysen des Fötus bestätigten dies. „Beim Pferd, dem engsten Verwandten des Nashorns, kommt es in den ersten 50 Tagen am häufigsten zu Verlusten des Fötus. Die Entwicklung dieses Fötus deutet darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Geburt bei über 95 Prozent gelegen hat“, erklärt Cesare Galli von der italienischen Tierklinik Avantea.

Obwohl der Tod von Curra ein enormer Verlust ist und das Kalb dadurch nicht bis zur Geburt ausgetragen werden konnte, ist die Schwangerschaft ein wissenschaftlicher Durchbruch und der erste Beweis, dass ein Embyronentransfer bei Nashörnern möglich ist. „Es hat viele Jahre gedauert, bis wir erfolgreich waren. Und wir sind überwältigt, dass wir jetzt den Beweis haben, dass diese Technik perfekt funktioniert“, sagt Thomas Hildebrandt vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung.

Hoffnung für das Nördliche Breitmaulnashorn

Diese Erkenntnis ebnet nun den Weg, dieselbe Technik auch bei den eng verwandten Nördlichen Breitmaulnashörnern anzuwenden. Anders als die südliche Unterart, von der es noch rund 17.000 Tiere gibt, ist die nördliche Art in freier Wildbahn bereits ausgestorben. Weltweit gibt es derzeit nur noch zwei lebende Nördliche Breitmaulnashörner: Najin und ihre Tochter Fatu. Beide Weibchen leben in der Schutzstation in Kenia, können allerdings selbst keinen Embryo mehr austragen. Sie sollen jedoch im Idealfall die Betreuung von künftig durch Leihmütter geborenen Nashorn-Babys übernehmen und ihnen das Sozialverhalten der Art beibringen.

Um Nachwuchs der bedrohten Art zu erzeugen, wurden Spermien und andere Zellen von verstorbenen und den beiden noch lebenden Nördlichen Breitmaulnashörnern in flüssigem Stickstoff gelagert. Das BioRescue-Team hat daraus seit 2019 mit künstlicher Befruchtung bereits 30 Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns erzeugt und ebenfalls in flüssigem Stickstoff kryokonserviert. Diese Embryos sollen nun in Leihmütter der südlichen Nashorn-Unterart eingepflanzt und ausgetragen werden. Mit dem gelungenen Nachweis bei Curra kann das Team nun theoretisch den ersten Embryotransfer mit einem Nördlichen Breitmaulnashorn-Embryo durchführen. „In zwei bis drei Jahren kann es uns gelingen“, sagt Hildebrandt.

Dafür müssen aber erst noch neue Leihmütter ausgewählt und gewartet werden, bis diese empfängnisbereit sind. Erkennbar ist dies für die Forschenden allerdings ausschließlich durch das Paarungsverhalten eines Nashorn-Bullen, der sich mit den Weibchen paaren will. Das Team in Kenia verwendet dafür einen sterilisierten Bullen, um keine natürliche Schwangerschaft mit einem Nashorn der südlichen Art zu erzeugen. Der letzte solche Bulle ist jedoch ebenfalls bei dem Clostridien-Ausbruch gestorben. Erst wenn ein neuer Bulle bereitsteht, kann daher ein Embryotransfer mit einem Nördlichen Breitmaulnashorn-Embryo erfolgen.

Quelle: Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.

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