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#„Es geht alles streng nach dem Lehrbuch“

„„Es geht alles streng nach dem Lehrbuch““

Alles im Prozess der EU-Erweiterung ist politisch – gerade deshalb wird es in Brüssel so technisch wie möglich präsentiert. Am Freitag konnte man diese Dynamik unter dem Brennglas studieren, als Ursula von der Leyen die Empfehlungen ihrer EU-Kommission zur Beitrittsreife der Ukraine, Moldaus und Georgiens vorstellte. Für Kiew und Chişinău hatte sie gute Nachrichten parat: Sie sollen sofort den Status von Beitrittskandidaten bekommen, müssen allerdings eine Reihe weiterer Reformen verwirklichen, bevor tatsächlich Verhandlungen beginnen könnten. Anders Tiflis: Das Land muss sich hinten anstellen und erst Auflagen erfüllen, bevor es sich Kandidat nennen darf. Hat dabei womöglich eine Rolle gespielt, dass sich die Ukraine momentan im Krieg mit Russland befindet, während es in Georgien „nur“ einen seit vierzehn Jahren eingefrorenen Konflikt gibt?

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Von der Leyen gab darauf die technokratisch korrekte Antwort: „Dieser ganze Prozess ist leistungsorientiert. Es geht alles streng nach dem Lehrbuch.“ Eine Stunde später war es dann ausgerechnet ein hoher Beamter, der von sich aus auf die politische Dimension der Entscheidung für die Ukraine verwies. „Es wird ihnen einen moralischen Schub geben“, sagte er. Die Ukrainer könnten die Russen zwar nicht mit Waffen besiegen, wohl aber mit ihrer Motivation. Das hat also auch eine Rolle gespielt – und es steht ganz sicher nicht im Acquis Communautaire, dem Besitzstand an EU-Rechtstexten.

Nordmazedonien wartet noch immer

Schon der Kandidatenstatus selbst, um den sich bis zur Entscheidung des Europäischen Rats Ende kommender Woche alles in Brüssel drehen wird, ist eine politische Erfindung. Man kann das gut an der großen Osterweiterung ablesen, die 1997 mit einem Grundsatzbeschluss eröffnet und 2004 mit dem Beitritt von acht Ländern sowie Zyperns und Maltas beendet wurde. Diesen Ländern wurde nicht etwa der Kandidatenstatus verliehen, ihnen wurde vielmehr ein konkretes Datum für den Beginn der Verhandlungen genannt – Kandidaten waren sie damit automatisch. Erst als es um die Länder des westlichen Balkans ging, brauchte man einen „Kandidatenstatus“, um Zeit zu gewinnen. Nordmazedonien (damals noch nicht unter diesem Namen) bekam dieses Prädikat 2005 verliehen. Es musste dann 15 Jahre warten, bis sich der Europäische Rat dazu durchrang, Verhandlungen zu beginnen. Es wartet noch immer darauf, weil Bulgarien den Prozess blockiert.




Die Ukraine und Moldau dürfen hoffen, dass es bei ihnen deutlich schneller geht. Ein Versprechen dafür haben sie jedoch nicht bekommen. Von der Leyen hob vielmehr wortreich hervor, dass jedes Land es selbst in der Hand habe, wie schnell es vorwärts gehe. Der Kandidatenstatus werde in dem Verständnis verliehen, „dass die Länder weitere Reformen unternehmen müssen, bevor sie weiterkommen.“ Sie berief sich dabei auf die Erweiterungsmethodologie, die im Frühjahr 2020 reformiert worden war. Man könne nun schneller Fortschritte machen als früher, „aber auch zurückfallen“. Das Verfahren sei „reversibel“ – dafür hatte sich seinerzeit besonders Frankreich eingesetzt, wo die Skepsis gegenüber der EU-Erweiterung besonders groß ist. „Hypothetisch gesprochen, könnte der Europäische Rat den Kandidatenstatus einem Land auch wieder entziehen“, präzisierte später ein anderer EU-Beamter.

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