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#Es geht aufwärts, aber langsam

Ein Bach zieht sich durch Antweiler. Er ist wenige Zentimeter tief, vielleicht einen halben Meter breit. In manchen Karten heißt er Hühnerbach, in anderen Huhnenbach. Fachleute sprechen von einem Fluss dritter Ordnung – eigentlich unwichtig. Vor zwei Jahren stieg der Pegel des kleinen Bachs durch Starkregen auf schätzungsweise eineinhalb Meter, heute kaum denkbar.

Timo Steppat

Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Wiesbaden.

Ein reißendes Gewässer entstand, das große Mengen Holz mit sich trug. All das gelangte, wie andere Zuflüsse, in die Ahr und damit ins Ahrtal. Nicht nur stieg dort das Hochwasser, das Holz staute sich vor den Brücken – an vielen Stellen entstanden, was die Wucht der Flut immens verstärkte: Verklausungen. Ein Fachbegriff, den Politiker und Bürger im Ahrtal heute wie selbstverständlich benutzen, um einen der Gründe für das Ausmaß der Katastrophe zu beschreiben. 136 Menschen sind in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 im Ahrtal ums Leben gekommen, die schwerste Katastrophe des Landes Rheinland-Pfalz.

Nun steht Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) vor dem Huhnenbach und blickt auf Eichenstämme, die vor wenigen Tagen in den Boden eingelassen wurden. „Eine tolle, naturnahe Lösung“, lobt Dreyer. Besonders schön sei, dass das Holz aus einem nahen Wald komme. Die Stämme sollen künftig bei Hochwasser wie ein Rechen funktionieren und das Treibgut an dieser Stelle aufhalten; von zwei Zufahrtswegen aus kann der Unrat mit großen Maschinen herausgeholt werden.

Landrätin: Wir sind immer noch in einer Ausnahmesituation

Es ist eines der vielen Projekte, die im Ahrtal zum Hochwasserschutz auf den Weg gebracht wurden. Der Ortsbürgermeister von Antweiler schildert, dass er sich schon lange für die Finanzierung von Bau und Unterhalt des Rechens eingesetzt hat. Den kleinen Kommunen fehlt meist das Geld, das Land hilft oft aus – aber bis dahin dauert es. Als er Dreyer vor wenigen Monaten auf die Dringlichkeit hinwies, verband er das mit einem Vergleich: Sie könne die Staatskanzlei zusperren, aber bei ihm stünden die Leute Sonntagmittag beim Essen und verlangten, dass sich etwas tue.

Auch in Müsch, wenige Kilometer entfernt, hat sich etwas getan. Ein Stück des Trierbachs, ein anderer Zufluss der Ahr, wurde renaturiert: Da, wo es Platz gibt, kann sich der Bach nun im Falle eines Hochwassers ausbreiten – im nahen Ortskern soll so die Gefahr „zumindest etwas“ sinken, verspricht der Planer der Umgestaltung. Der bislang schmale Fluss wurde verbreitert, an einzelnen Stellen auf bis zu 50 Meter. Von der Kreisverwaltung gibt es viel Lob für den Ortsbürgermeister, der sich entscheidend um den Ankauf der vielen Grundstücke gekümmert hat, die es für die Erweiterung brauchte. An anderen Abschnitten des Trierbaches, wo man ähnlich vorgehen will, stockt das Projekt deshalb.

Rundgang durch Bad Neuenahr-Ahrweiler: Malu Dreyer (2. v. links) und Landrätin Cornelia Weigand (links) besuchen das Modegeschäft Clara.


Rundgang durch Bad Neuenahr-Ahrweiler: Malu Dreyer (2. v. links) und Landrätin Cornelia Weigand (links) besuchen das Modegeschäft Clara.
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Bild: Frank Röth

Die parteilose Landrätin von Ahrweiler, Cornelia Weigand, dämpft die Erwartungen an das Projekt etwas. „Das schützt nicht gegen eine Flutkatastrophe, wie wir sie 2021 erlebt haben, aber leistet einen Beitrag gegen die Art von Hochwasser, die wir häufiger haben“, sagt sie. Weigand, die ihre Worte genau wägt und ruhig auftritt, zieht insgesamt ein gemischtes Fazit zu den zwei Jahren, die seit der Flut vergangen sind.

Vieles sei zwar aufgebaut worden, aber noch immer befinde man sich in einer Ausnahmesituation, die noch über Jahre andauern werde. Sie wünscht sich eine weitreichendere Auslegung des Aufbauhilfefonds vom reinen Wiederaufbau hin zur Transformation der zerstörten Region. Viele Jahre werde der Wiederaufbau noch dauern. Weigand ist wichtig, dass das Ahrtal in der Zwischenzeit nicht vergessen wird.

In Müsch meldet sich ein Anwohner und merkt an, dass gerade der Rastplatz an der Landstraße, auf dem man stehe, noch ein Problem im Fall von Hochwasser sei: Hier könne das Wasser leicht über die Ufer treten und über die Straße in den Ort fließen. Die Kommunalpolitiker nicken etwas zerknirscht. Gespräche mit den Landesbetrieben Mobilität liefen noch, heißt es. Dreyer wirft den Beteiligten Blicke zu – halb aufmunternd, halb mahnend sagt sie wie so oft an diesem Tag: „Das muss man ernst nehmen. Nehmen wir noch einmal mit.“ Sie spricht für die Politik, für die Behörden. Dabei ist der Wiederaufbau vor allem Sache der Kommunen – der Ortschaften, Verbandsgemeinden und des Land­kreises.

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