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#„Es ist eine lässige Abfahrt“

„Es ist eine lässige Abfahrt“

Adur Etxezarreta vom Klub Esqui Navarra ist im Ski-Weltcup bisher noch nicht recht angekommen. Das beste Resultat des 26 Jahre alten Spaniers war Rang 47, bei der Abfahrt in Gröden 2020. Am Donnerstag fuhr Etxezarreta nun auf der Olympia-Strecke von Yanqing mit Startnummer 37 auf den zweiten Platz – freilich nur im ersten Training.

Als Hinweis auf eine olympische Überraschung im Abfahrtslauf am Sonntag um 11.00 Uhr Ortszeit (4.00 Uhr MEZ im F.A.Z.-Liveticker zu Olympia, im ZDF und bei Eurosport) taugt das Resultat aber nicht. Zu unterschiedlich war die Herangehensweise der Athleten beim ersten Kennenlernen der Olympia-Strecke. Manche fuhren einige Passagen fast aufrecht, andere ließen das ein oder andere Tor aus. Einig waren sich alle, dass das Werk des Schweizer Pisten-Konstrukteurs Bernhard Russi, das wegen der charakteristischen Zielpassage auf den Namen „The Rock“ getauft wurde, absolut Olympia-tauglich sei.

Neuland für die Abfahrer

„Es ist eine lässige Abfahrt“, sagte der Österreicher Matthias Mayer, der die Piste mit Startnummer 1 eröffnen durfte. „Es war mir schon ein bisserl eine Ehre“, bekannte der Abfahrts-Olympiasieger von 2014. Doch die frühe Nummer habe seinen Genuss bei der „Besichtigungsfahrt“ schon auch eingeschränkt: „Ich hätte lieber mehr darüber gewusst, wie die Geschwindigkeit ist, wie die Sprünge gehen.“

Weil die Olympia-Generalprobe auf der Strecke im vergangenen Weltcup-Winter coronabedingt ausfallen musste, betraten alle Abfahrer Neuland, als sie dieser Tage zur Skistation im Yanqing National Alpine Skiing Centre kamen. Mit Ausnahme von Mingfu Xu und Yangming Zhang, doch die beiden Chinesen hatten auch trotz ihres Heimvorteils gut zwölf Sekunden Rückstand auf der 2950 Meter langen Strecke.

Start ist in 2179 Meter Höhe, das Ziel liegt nach knapp 1:45 Minuten Fahrzeit auf 1285 Metern. Dazwischen erstreckt sich auf dem weißen Kunstschneeband zwischen braun-grünen Bergkuppen eine abwechslungsreiche und technisch anspruchsvolle Abfahrt. Schnelle Kurven, weite Sprünge und steile Passagen mit bis zu 68 Prozent Gefälle und Spitzengeschwindigkeiten von Tempo 140 gehören dazu. Ein Problem könnte die Windanfälligkeit der offen an den Bergkuppen entlang laufenden Strecke sein, wie sich prompt im weiteren Verlauf der Trainingsfahrten herausstellen sollte.

„Ein paar Fallen“ seien auch drin, sagte der Deutsche Dominik Schwaiger, dem in der kargen Berglandschaft vor allem Orientierungspunkte vor den Schlüsselstellen fehlten. Passagen aber, an denen man sich überwinden müsse, wie etwa vor der Mausefalle auf der Streif in Kitzbühel, gebe es nicht, fand sein Teamkollege Josef Ferstl. „Ich hatte Spaß von oben bis unten“, sagte Simon Jocher. Und Andreas Sander fand es „zum Skifahren genial“.

158 Schneekanonen und 30 Schneelanzen

Sieben Jahre lang hat der frühere Schweizer Skistar Bernhard Russi, selbst Abfahrts-Olympiasieger in Sapporo 1972, daran getüftelt, zwar nicht Berge zu versetzen, aber doch Felsbrocken sprengen und Erde verschieben zu lassen, um eine Weltklasse-Speedstrecke zu formen. Russi, mittlerweile 73 Jahre alt, ist seit 1988 als Landschaftsarchitekt für olympische Abfahrten zuständig, von Calgary bis Pyeongchang.

Sein Ziel sei es stets, „eine Herausforderung“ für die Athleten zu schaffen. Weil es in der kargen Berg­region praktisch nie schneit, kamen dabei 158 Schneekanonen und 30 Schneelanzen zum Einsatz. Nachhaltigkeit sieht anders aus. Aber die Qualität des Kunstschnees wird von den Athleten allgemein gelobt.

Im Gegensatz zu den Abfahrts-Klassikern im Weltcup wie Kitzbühel, Wengen oder Gröden haben die Etablierten in Yanqing keinen Wissensvorsprung gegenüber den Jüngeren. Deshalb mussten auch die Favoriten erst mal üben: Der Schweizer Beat Feuz (17.), der Italiener Dominik Paris (27.) sowie die Österreicher Mayer (37.) und Vincent Kriechmayr (39.) kamen im ersten Training mit deutlichen Rückständen ins Ziel gerutscht. Da waren die Deutschen schneller: Jocher (6.) und Romed Baumann (8.) lagen auf Augenhöhe mit dem Weltcup-Führenden Aleksander Aamodt Kilde (7.) aus Norwegen.

Drei Trainingsfahrten standen ins­gesamt auf dem Vorprogramm. Dazu jeweils eine Besichtigung, bei der die Fahrer sich 90 Minuten auf der Strecke aufhalten dürfen, sie abrutschen, sich die wichtigsten Passagen, Wellen und Übergänge einzuprägen versuchen. Man dürfe sich da auch „nicht wahnsinnig“ machen lassen, sagt Baumann: „Läufe zu lernen“ gehöre zum Anforderungsprofil eines guten Abfahrers.

Die zweite Testfahrt am Freitag, die wegen des starken Winds um eine Stunde nach hinten verschoben werden musste, dominierte Kilde dann schon. Außenseiter Adur Etxezarreta fuhr immerhin auf Platz sieben. Das dritte Abfahrtstraining musste dann nach drei Startern abgebrochen worden. Grund sei „zu starker Wind“, wie der Ski-Weltverband (Fis) mitteilte. Die anderen Fahrer durften nur noch besichtigen und hatten somit einen Nachteil gegenüber Kilde und Mayer, denen das Glück der frühen Startnummer zuteil wurde. Für Sonntag wird nun auch eine „Windlotterie“ befürchtet.

Dass sich vor der alpinen Königsdisziplin neben Kilde noch kein weiterer Favorit herauskristallisiert hat, liegt aber weniger an der unbekannten Piste, als am volatilen Verlauf der bisherigen Saison. In acht Weltcup-Abfahrten gab es sechs verschiedene Sieger sowie sechs weitere Athleten, die Podestplätze belegten. Ein Deutscher war nicht dabei. Doch Ferstl, der genau wie Baumann und Schwaiger von Trainer Christian Schwaiger fix für das Rennen nominiert ist, bleibt optimistisch: „Wir sind eine schlagkräftige Truppe. Und Großereignisse können wir.“ Wohl auch deshalb bekam der WM-Zweite Sander nach der abgebrochenen dritten Trainingsfahrt den Vorzug gegenüber Jocher und das vierte deutsche Startticket zugesprochen. Letztlich gilt das Fazit von Pistenbauers Russi: „Nicht zu viel nachdenken, offen und positiv bleiben.“

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