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#Es muss mit weiteren Taten gerechnet werden

Es muss mit weiteren Taten gerechnet werden

Stephan B. wurde dieser Satz vorgelegt: „Mich hat ein Mensch schon einmal so sehr zu Weißglut gebracht, dass ich ihn hätte umbringen können.“ Dann strich Stephan B. das Wort „Mensch“ durch, und änderte es in „Jude“. Dreieinhalb Stunden sprach die Psychologin Lisa Hohn mit Stephan B. Ihm wird vorgeworfen, am 9. Oktober vergangenen Jahres versucht zu haben, mit Waffen und Sprengkörpern in die Synagoge in Halle eingedrungen zu sein, weil er die Jom Kippur feiernden Juden in der Synagoge umbringen wollte. Er tötete zwei Passanten, bevor er auf der Flucht von der Polizei festgenommen werden konnte.

Mona Jaeger

Stephan B. hat seine Taten selbst gefilmt und live ins Internet übertragen. In dem Prozess vor dem Oberlandesgericht Naumburg geht es also weniger um die Frage, ob Stephan B. die Taten begangen hat. Sondern darum, ob er, im Falle einer Verurteilung frühzeitiger Haftentlassung, neuerlich welche begehen würde.

Was für einen Charakter hat also Stephan B., der während des Prozesses nur über eine Sache Trauer ausdrückte: dass er keine Juden und Muslime ermordet habe? Die Gutachten von John und dem forensischen Psychiater Norbert Leygraf, die am Dienstag vor Gericht aussagten, geben darüber Auskunft. Die für den Prozess entscheidenden Erkenntnisse von Leygraf sind diese: Stephan B. habe eine komplexe Persönlichkeitsstörung mit schweren seelischen Abartigkeiten. Es bestehe jedoch keine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit.

Dann sagt Leygraf: Es sei mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Stephan B. abermals eine vergleichbar schwere Straftat begehen würde. Das heißt: Es besteht Wiederholungsgefahr, wenn Stephan B. die Möglichkeit dazu bekäme.

Diese Einschätzung wird für das Gericht entscheidend sein, wenn es ein Urteil fällen muss. Sollte Stephan B., der die Taten überhaupt nicht abstreitet, zu lebenslanger Haft verurteilt werden, könnte die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden – etwa, weil von weiteren Taten nach der vorzeitigen Haftentlassung nach 15 Jahren auszugehen sei. Dann wäre auch eine Sicherungsverwahrung für Stephan B. denkbar.

Leygraf sprach drei Mal mit Stephan B. Er sei ein unbeholfener und gehemmter Einzelgänger mit einem labilen Selbstwertgefühl. Der bei der Tat 27 Jahre alte Mann habe sich hinter seiner Ideologie versteckt. Die Aufnahme von Flüchtlingen im Jahr 2015 habe B. als Kriegserklärung gegen ihn und die anderen „weißen Männer“ aufgefasst. Wann genau sich seine antisemitische Weltanschauung konkret herausgebildet hat, bleibe unklar. Heute sei B. von einer großen jüdischen Weltverschwörung überzeugt, so Leygraf.

Stephan B. hat eine komplexe Persönlichkeitsstörung

Stephan B. hatte viel freie Zeit. Nach Operationen am Bauch zog er sich immer mehr in seine Welt, in sein Kinderzimmer und Verschwörungstheorien im Internet zurück. Stephan B. baute sich Waffen im 3D-Drucker Das habe ihn mit Stolz erfüllt, sagte Leygraf. Er habe dadurch das Gefühl gehabt, er habe seine viele freie Zeit sinnvoll genutzt. Umso enttäuschender sei es für B. gewesen, dass diese Waffen beim Attentat nicht korrekt funktionierten. Sein „konkretes Versagen“ schien B. am meisten zu kränken, dass er es nicht schaffte, Juden und Muslime zu töten. Die Tötung zweier Menschen bewertete er als Kollateralschaden.

Norbert Leygraf sitzt vor Beginn des 18. Prozesstages gegen den Halle-Attentäter als Gutachter im Verhandlungssaal.


Norbert Leygraf sitzt vor Beginn des 18. Prozesstages gegen den Halle-Attentäter als Gutachter im Verhandlungssaal.
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Bild: dpa

Stephan B. hat demnach eine komplexe Persönlichkeitsstörung. Er sei schnell gekränkt und fühle sich von außen bedroht. Stephan B. beschrieb sich bei den psychologischen Tests als unglücklich und nicht in der Lage, mit den Schwierigkeiten des Alltags zurecht zu kommen. Er misstraut allem und jedem. Nur von der Richtigkeit seiner Verschwörungstheorien ist er überzeugt. Allerdings, so der Gutachter, sei kein krankhafter Wahn erkennbar.

Vertreter politischer Verschwörungstheorien seien nicht wahnkrank

An dieser Stelle meldet sich der Pflichtverteidiger des Angeklagten zu Wort, der sich im Prozess bislang auffallend zurückgehalten hatte. Der Gutachter kommt auf die Vorbilder des Angeklagten zu sprechen. „Christchurch, das ist ein Vorbild.“ In der neuseeländischen Stadt hatte 2019 ein rechtsextremer Terrorist zwei Moscheen angegriffen und 51 Menschen getötet. Ein anderes Vorbild sei der Anschlag des norwegischen Massenmörders und Rechtsterroristen Anders Breivik, der 2011 ein Massaker angerichtet hatte. „Nur das Breivik seine Taten nicht gestreamt hat“, sagte Leygraf.

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Der Anwalt hakt mehrfach nach, will etwa vom Gutachter wissen, ab wann bei den Verschwörungstheorien von Stephan B. von Wahn gesprochen werden kann. Der Gutachter antwortet: Vertreter politischer Verschwörungstheorien seien nicht wahnkrank.

Schon mehrfach hatte Stephan B. während der Ausführungen der Gutachter versucht, selbst etwas zu sagen. Die Richterin lässt ihn erst im Anschluss sprechen. Dann richtete der Angeklagte sich an den Gutachter Leygraf. Er sagte, an vielen Stellen würden seine Ansichten in dem Gutachten falsch wiedergegeben werden. Er wird regelrecht ungehalten. „Sie unterstellen mir, dass ich eine psychische Störung habe. Das ist lächerlich.“ Stephan B. unterstellt dem Psychiater eine politische Motivation für sein Gutachten.

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