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#Der schönste Ort im ganzen Haus

Der schönste Ort im ganzen Haus

Ein Ort, an dem die Familie zusammenkommt. Wo es Essen gibt und das Kind erfährt, dass zu essen mehr bedeutet, als seinen Hunger zu stillen. Der Esstisch, in welchem Raum auch immer, ist in einer Familie das wichtigste Möbelstück, wichtiger als Fernseher und Laptop, wichtiger als ein Designersofa: Der Esstisch, der auch der Küchentisch sein kann oder auch der einzige Tisch in der Wohnung, Hauptsache, er wird als Esstisch genutzt, ist eine Sozialisationsinstanz.

Jacqueline Vogt

Jacqueline Vogt

Redakteurin in der Rhein-Main-Zeitung, verantwortlich für den Rhein-Main-Teil der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Schon ganz kleine Kinder helfen gerne, den Tisch zu decken, die Servietten hinzulegen, im Kindergartenalter dekorieren sie auch gerne und mögen es, wenn vor Beginn des Essens ein kleiner Spruch aufgesagt wird. Am Esstisch lernt das Kind das Essen und darüber hinaus alles, was es für die Bewältigung des Lebens braucht.

Kommunikation, Toleranz, Bindungen

Gemeinsame Mahlzeiten haben einen Wert, den man gar nicht hoch genug einschätzen kann. Sie sind die Gelegenheit, sich über das Leben auszutauschen. Sie schulen Geschmack und Verhalten und damit die Lebenstüchtigkeit. Bei Tisch geht es um Kommunikation, Toleranz, Bindungen. Der nächste Urlaub wird besprochen, ein unglücklicher Tag in der Schule oder auch einer im Büro. Familienausflüge werden geplant, und natürlich wird auch über das Essen gesprochen. Wie schmeckt das, was es heute gibt? Wo kommt das her? Gibt es eine Speise, die wir demnächst einmal essen möchten? Wer ist was gerne und warum? Wie schmeckt das, was ich gerne esse?

Keine Liebe aber ohne Drama, auch nicht die Liebe zum Essen. Ob es an Weihnachten Gans gibt oder Kartoffelsalat mit Würstchen oder ob die Tafel mit Exotika gedeckt wird. Das Essen an den Festtagen ist in den meisten Familien eines, das jeder mag, oder mindestens eines, auf dessen Verzehr sich alle einigen können. Im alltäglichen Leben ist solche Harmonie eher selten, speziell, wenn Kinder im Spiel sind. Das werden in jüngerer Vergangenheit viele Eltern erfahren haben, als sie der Gewissheit mittäglicher Speisung ihres Kindes in der Kita beraubt waren und für mehr als Frühstück und Abendessen sorgen mussten: Hat man sich alle Mühe gegeben, ein schönes Essen auf den Tisch zu stellen, heißt das noch lange nicht, dass es gut ankommt.

Wie bringt man ein Kind dazu, Neuem gegenüber offen zu sein? Hilfreich ist es, das Probierenmüssen zu einer festen Regel zu machen und auch, dass das Kind danach selbst entscheiden darf, ob es weiteressen möchte. So empfiehlt es auch Thomas Ellrott, Leiter des Instituts für Ernährungspsychologie an der Universität Göttingen: Probierzwang habe nichts mit Esszwang zu tun, sagt er. Geduld vorausgesetzt, zeigen häusliche Versuche, dass die These stimmt: Das Probieren senkt die Hürden für den nächsten Versuch, die Neophobie, die Ablehnung des Neuen, wird Schritt für Schritt abgebaut. Manche Kinder brauchen bis zu zehnmal, bis sie etwas akzeptieren; wenn es Eltern wichtig ist, sollten sie nicht so schnell aufgeben. Möchte man, dass das Kind etwas Bestimmtes isst, sollte man immer wieder am eigenen Beispiel zeigen, dass dieses Essen gut schmeckt. Kinder messen ihre Eltern an dem, was sie tun, nicht an dem, was sie sagen. Wer Sellerie predigt und selbst keinen isst, wird es schwer haben, ernst genommen zu werden.

Ein Wechselspiel

Ist es überhaupt notwendig, seinen Nachwuchs zu einem bestimmten Essverhalten anzuleiten? Eine in der Ernährungswissenschaft legendäre Studie aus dem Jahr 1928 hat gezeigt, dass sehr junge Kinder, lässt man sie essen, was sie wollen, irgendwann automatisch das Gesunde wählen, weil der Körper sie lehrt, was sie brauchen. Heißt für den heimischen Tisch: Kann sein, dass einer wochenlang nur Nudeln isst, es wird aber auch die Phase kommen, in der er die Sauce dazu probieren wird, erst nur die aus Tomaten und irgendwann auch die mit Gemüse. Ein „natürliches Wechselspiel zwischen Neophobie und spezifisch-sensorischer Sättigung (,Was ständig wiederholt wird, kann ich irgendwann nicht mehr sehen‘)“, hat Ellrott das in einem Interview mit der F.A.Z. einmal genannt und hinzugefügt, dass Eltern auf dieses Prinzip ruhig bauen könnten, nur sei es schlecht in den Alltag einer Familie zu integrieren.

Einfacher ist es, sich um möglichst oft frisches, abwechslungsreiches Essen zu bemühen, selbst zu kochen und zu backen und die Kinder einzubeziehen. Das hätten 2020 ohnehin mehr Leute gemacht als sonst, heißt es. Und das ist zum Abschluss dieses an schlechten Botschaften nicht armen Jahres eine gute Nachricht.

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