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Fast verzettelt

Große Einkaufstouren sind im Moment nicht drin. Doch wer in den vergangenen Monaten wenigstens mal den Bäcker, das griechische Restaurant nebenan oder die Tankstelle aufgesucht hat, kam oft mit mehr Papier zurück, als ihm lieb war. Der subjektive Eindruck: Die Kassenzettel werden immer länger, auch wenn die Einkäufe nicht mehr werden. Und tatsächlich findet sich nach genauerer Betrachtung auf einigen Exemplaren ein fetter QR-Code am Zettelende. Fünf Zentimeter mehr schummelt er auf den Bon, ein paar weitere auf den des nächsten Kunden. Das summiert sich. Dabei wollen doch alle Papier sparen, erst recht das aus umwelttechnischer Sicht problematische Thermopapier der Kassenbons. Wozu also das pixelige Quadrat addieren?

Anna-Lena Niemann

Aus vielen Bereichen ist es uns inzwischen vertraut. Doch obwohl Codes dieser Art seit fast drei Jahrzehnten genutzt werden, erstmals in den Fertigungsstraßen eines japanischen Automobilzulieferers, hat ihre Bekanntheit im Laufe des vergangenen Jahres deutlich zugenommen. Da waren sie nicht nur auf Rechnungen für die schnelle Überweisung der Online-Bestellung zu sehen, sondern vor allem in Restaurants und Cafés. Als Gastronomen ihre Speisekarten als potentielle Virenschleudern aus den Gaststätten verbannten, klebten ersatzweise die quadratischen, meist schwarzweißen Codes auf den Tischplatten. Dass das für viele Leute der erste Kontakt mit QR-Codes war, legen Daten über die Google-Suchanfragen aus diesem Zeitraum nahe. Über den Sommer 2020 hatte sich die Zahl derer, die in der Suchmaschine nach „QR-Code scannen“ gesucht haben, zwischenzeitlich vervierfacht.

QR-Codes sind im Grunde nichts anderes als eine Abkürzung. Hinter ihnen kann sich fast alles verbergen – von einer URL, die einen auf eine Internetseite schleust, ohne lange Adressen eintippen zu müssen, bis zu Links, die zu Dateien, Fotos, Videos oder Software führen. Freilich liegt darin auch ein Risiko. Denn den Inhalt sieht man den pixeligen Mustern nicht an, sie könnten ebenso gut auf Schadsoftware oder fragwürdige Internetseiten verweisen. Wahllos QR-Codes zu scannen, bei denen nicht nachvollziehbar ist, wer sie plaziert hat, ist nicht ratsam.

Beim eigenen Tankstellenbeleg wittert man kein Sicherheitsrisiko. Das Smartphone ist schnell draufgehalten, dann heißt es scannen und abwarten. Wer ein iPhone nutzt, braucht dazu nur die Kamera, Android-Nutzer müssen sich eine entsprechende App herunterladen. Doch das Ergebnis ist in diesem Fall ernüchternd und ja, auch ein wenig verwirrend. Alles, was sich in der Suchleiste des Browsers öffnet, ist eine lange Reihe aus Zahlen und Buchstaben. 420 Zeichen Kauderwelsch ohne ein einziges Leerzeichen. Was will die Tankstelle ihren Kunden da mitteilen?

Wie sich herausstellt: eigentlich nichts. Denn auch wenn Kunden den Code scannen können, ist dessen Inhalt vor allem für die Finanzbehörden relevant. Seit im Januar 2020 das Kassengesetz in Kraft getreten ist, und mit ihm die vieldiskutierte Bonpflicht, müssen immer mehr Geschäfte eine sogenannte zertifizierte Sicherheitseinrichtung, kurz TSE, in ihren Kassen verwenden. Zumindest dann, wenn sie ohnehin ein elektronisches Aufzeichnungssystem benutzen. Diese TSE-Daten, wie zum Beispiel Datum, Uhrzeit oder eine fortlaufende Transaktionsnummer, können entweder tabellarisch auf den Bon aufgedruckt oder als QR-Code dargestellt sein. Und weil sie sowohl in der Software der Kasse als auch auf dem ausgegebenen Bon zu lesen sind, werde es schwierig, steuerpflichtige Umsätze einfach an der Kasse vorbeizuschleusen und das System zu manipulieren, heißt es aus dem Bundesfinanzministerium. Zudem müssen TSE-Anbieter durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert sein, derzeit sind das bloß vier Unternehmen.

Bei einer Kassennachschau können Finanzbeamte also den QR-Code eines exemplarischen Belegs scannen und schauen, ob die Daten mit denen der Kassensoftware übereinstimmen. Der QR-Code sei dabei vor allem hilfreich, weil er Zeit spare. Eine eventuelle Störung des Betriebsablaufs bei einer Kassennachschau könne so meist vermieden werden, sagt eine Sprecherin des Ministeriums. Schätzungen, in welchem Umfang Steuerhinterziehung in diesem ersten Jahr mit der neuen Technik verhindert worden sei, seien aber nicht möglich, heißt es weiter. Das Ganze diene vor allem der Prävention.

Im Zuge des Kassengesetzes hat sich für den QR-Code allerdings noch ein Einsatzbereich gefunden, der Kunden, Betreibern und der Umwelt ganz direkt dient. Kassenbons gibt es durch ihn auch ganz elektronisch, gedruckt wird nur, wenn der Kunde es will. Andere können sich ihren Bon direkt aufs Smartphone ziehen, das funktioniert, indem man einen QR-Code auf dem Kassendisplay scannt oder alternativ eine NFC-Verbindung nutzt. Für Einzelhändler und Umwelt hat das noch einen Vorteil. Wenn Kunden gar keinen Bon haben wollen, muss das Geschäft ihn auch nicht mehr ausdrucken. Vor „zwei Millionen Kilometern mehr Bons“ warnte damals schließlich der Handelsverband Deutschland zur Einführung der Bonpflicht. Kleine Bäckereien, in denen kaum jemand einen Beleg über seinen Brötchenkauf will, zeigten ihre überquellenden Mülleimer vor. Der elektronische Bon verhindert das. Er kann ausgestellt werden, wie es das Finanzamt fordert, ganz ohne einen Ausdruck für die Tonne zu produzieren. Die Umwelt freut es.

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