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#Fluss Vjosa in Albanien wird zum Nationalpark

„Fluss Vjosa in Albanien wird zum Nationalpark“

Man nennt die Vjosa im Süden Albaniens einen „wilden“ Fluss, sogar den größten und letzten dieser Art in ganz Europa außerhalb Russlands. Aber eigentlich sind die Vjosa und ihre Zuflüsse, die Bënça und die Shushica, der Drinos und der Khardiq, zahme, unberührte Flüsse, die bei Hochwasser gerade keine tödliche Zerstörung anrichten wie etwa die von Menschenhand gezähmte Ahr 2021.

Matthias Rüb

Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

Seit Mittwoch ist die Vjosa, auf ihren ganzen 272 Kilometern Länge, vom Oberlauf an der Grenze zu Griechenland, wo sie im Pindusgebirge entspringt und dort Aoos heißt, bis zum Mündungsdelta an der Adria nahe der Hafenstadt Vlora, als Nationalpark ausgewiesen. Damit genießt sie umfassenden Schutz vor Eingriffen durch den Menschen.

Es ist ein Meilenstein für Albanien

Zur Unterzeichnung des Regierungsdekrets kam am Vormittag eigens Ministerpräsident Edi Rama von Tirana in die Burg von Tepelena, die wuchtige Residenz des Ali Pascha (1741 bis 1822) am Ufer der Vjosa. Der osmanische Herrscher albanischer Abstammung wurde wegen seiner Tapfer- und Ruch­losigkeit seinerzeit „Löwe von Ioannina“ genannt.

Würde man Edi Rama von der Sozialistischen Partei Albaniens, Regierungschef seit 2013 und davor elf Jahre lange Bürgermeister der Hauptstadt, heute „Löwe von Tirana“ nennen – es missfiele ihm gewiss nicht.

Der Fluss Vjosa in Albanien


Der Fluss Vjosa in Albanien
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Bild: F.A.Z.

Jedenfalls ist die Einrichtung des Nationalparks Vjosa ein Meilenstein für Albanien, für den Schutz von Flüssen in Europa und in aller Welt, auch für die Entwicklung eines nachhaltigen Fremdenverkehrs in dem Balkanstaat, der schon nicht mehr als Geheimtipp gelten kann. 2022 kamen nach Angaben von Umwelt- und Tourismusministerin Mirela Kumbaro 7,5 Millionen Besucher nach Albanien. 2019, im letzten Jahr vor der Pandemie, waren es 6,4 Millionen gewesen.

„Strände sind nicht einzigartig für die Länder am Mittelmeer“, sagt die Ministerin. Das Besondere an Albanien sei die unentdeckte, unberührte Natur im bergigen Hinterland, sagt Kumbaro, deren Wahlbezirk weite Teile der Vjosa umfasst. Südlich der Hafenstadt Durrës unweit von Tirana kann man besichtigen, was die unkontrollierte Entwicklung nach dem Ende des „Steinzeitkommunismus“ unter Diktator Enver Hoxha von 1990 angerichtet hat: Dicht gedrängt belagern unansehnliche Betonburgen einen schmalen Streifen Sandstrand, an den das zum Baden kaum geeignete verdreckte Wasser der Adria schlägt.

Der Fluss und seine Ufer sind ein einzigartiges Habitat bedrohter Arten

Der neue Nationalpark an der Vjosa umfasst eine Fläche von gut 12.700 Hektar. Der Park wird von der Weltnaturschutzorganisation IUCN als Schutzgebiet der Kategorie II geführt, wonach der Vjosa und einigen ihrer wichtigsten Zuflüsse nach den höchsten internationalen Standards grenzüberschreitend umfassender Schutz gewährt werden muss.

Alleine im breiten Mittellauf der Vjosa, wo der Fluss mäandert und ein bis zu drei Kilometer breites Bett mit gewaltigen Geröll- und Kieselbänken geschaffen hat, gibt es mehr als 1100 Pflanzen- und Tierarten, darunter mehr als ein Dutzend, die auf der roten IUCN-Liste bedrohter Arten stehen. Ein Team von Wissenschaftlern um Christoph Hauer von der Wiener Universität für Bodenkultur hat vor einigen Jahren die bis dahin kaum erforschte Flora und Fauna der Vjosa dokumentiert.

Der Fluss und seine Ufer sind ein einzigartiges Habitat für viele bedrohte Tier- und Pflanzen­arten, für Fische und Mollusken, für Vögel und Insekten. Wanderfische wie der Europäische Aal, der Ohrid-Steinbeißer und die Pindus-Bachschmerle, dazu die Forelle, der Lachs und der Stör sind hier heimisch. Keine Staustufe und kein Damm stellen sich ihnen bei der Wanderung zu den Laichstätten am Oberlauf der Vjosa in den Weg. Umgekehrt kann der Fluss von den Bergen seine gewaltigen Mengen an Sedimenten transportieren und bis zum Schwemmland und zum Strand des Deltas zu Sand zermahlen.

Der neue Nationalpark Vjosa ist das Ergebnis wundersamer Entwicklungen. Vor gut drei Jahrzehnten wurden die „Schluchten des Balkan“, von Karl May einst so romantisierend beschrieben wie das wilde „Land der Skipetaren“, Objekte einer ganz unromantischen Begierde nach Strom und Privatprofit. Diese vermeintlich nachhaltige Energiepolitik wurde und wird auch von europäischen Institutionen und Kreditinstituten gefördert.

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