#Vatikan hat Woelki bislang nicht entlastet
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„Vatikan hat Woelki bislang nicht entlastet“
Papst Franziskus hat den Amtsverzicht des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße und des Kölner Weihbischofs Dominikus Schwaderlapp bislang nicht angenommen. Keine offizielle Nachricht liegt bislang auch darüber vor, ob der Vatikan es als eine Pflichtverletzung ansieht, dass der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki im Jahr 2015 davon abgesehen hat, Missbrauchsvorwürfe gegen einen befreundeten Priester der Glaubenskongregation in Rom anzuzeigen.
Daniel Deckers
in der politischen Redaktion verantwortlich für „Die Gegenwart“.
Im vergangenen Dezember hatte der Münsteraner Bischof Felix Genn diesen Sachverhalt pflichtgemäß in Rom angezeigt. Das Regelwerk, das Papst Franziskus vor zwei Jahren für den Umgang mit mutmaßlichen Amtspflichtverletzungen von Bischöfen erlassen hat, sieht für eine erste Reaktion eine Frist von 30 Tagen vor. Diese Frist ist inzwischen um mehr als zwei Monate überschritten, ohne dass in Münster oder Köln ein Schreiben der zuständigen Bischofskongregation vorläge.
Kein Zeitpunkt absehbar
Die Sprecher beider Bistümer bestätigen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Donnerstag, dass ihre Bischöfe weiterhin auf eine Reaktion aus Rom warteten. „Wir haben noch keine Post aus Rom bekommen“, sagte der Sprecher des Bistums Münster, Kronenburg, der F.A.Z. Eine Nachfrage bei der Apostolischen Nuntiatur in Berlin, über die die Korrespondenz mit dem Vatikan in Fällen wie diesen abgewickelt wird, sei „ergebnislos“ verlaufen. Auch der Sprecher des Erzbistums, Schillings, sagte der F.A.Z., der Kölner Erzbischof habe bislang kein Schreiben aus Rom vorliegen.
Damit ist auch die Behauptung des Kölner Strafrechtlers Gercke hinfällig, der Vatikan habe Kardinal Woelki hinsichtlich seines Vorgehens im Fall O. „entlastet“. Der Verfasser eines von Woelki bestellten Zweitgutachtens über den Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln zwischen 1975 und 2018 hatte den Kardinal in der vergangenen Woche im Fall O. vollumfänglich entlastet. Zur Begründung hieß es während der Pressekonferenz, auf der das Gutachten vorgestellt wurde, Woelki habe den Fall nach Kenntnisnahme nicht mehr anzeigen müssen, weil der Beschuldigte 2015 schwer erkrankt und nicht mehr ansprechbar gewesen sei. Im weltlichen Strafrecht spreche man in solchen Fällen von „nicht mehr vernehmungsfähig“. Das Kirchenrecht sieht indes die Möglichkeit nicht vor, dass ein Amtsträger sich mit welcher Begründung auch immer von der Anzeigepflicht dispensiert.
Wann der Papst über den Amtsverzicht der beiden Bischöfe entscheidet, ist derzeit nicht absehbar. Schwaderlapp, vormals Generalvikar im Erzbistum Köln, und Heße, zuvor Personalchef und Generalvikar, werden in dem Gercke-Gutachten zahlreiche Verstöße gegen ihre jeweiligen Amtspflichten vorgeworfen. Daraufhin hatten beide noch am Tag der Veröffentlichung ihren Amtsverzicht angeboten. Woelki wiederum hatte das fragliche Gutachten nach eigenem Bekunden noch in der vergangenen Woche nach Rom weitergeleitet.
Anzeigen gegen polnische Bischöfe
Das Kirchenrecht sieht es indes nicht vor, dass ein Bischof von seinem Amt zurücktritt. Er muss den Verzicht dem Papst anbieten. Auf welchen Wegen und auf welcher Grundlage sich dieser eine Meinung bildet, ist weder geregelt noch bekannt. Es gibt auch keine Fristen, innerhalb derer eine Entscheidung getroffen werden muss. Amtshandlungen führen beide Bischöfe seit einer Woche nicht mehr aus. Die Geschäfte im Erzbistum Hamburg führt inzwischen Heßes Generalvikar Ansgar Thim.
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Anzeigen gegen Bischöfe wegen Amtspflichtverletzungen oder Bitten um die Annahme eines Amtsverzichtes sind indes keine deutsche Besonderheit. Die Kongregation für die Bischöfe muss sich inzwischen mit einer erheblichen Zahl von Anzeigen aus Polen befassen, unter anderem gegen den Erzbischof von Stettin. Dort waren bereits in den vergangenen Jahren mehrere Bischöfe nach Vorwürfen sexuellen Fehlverhaltens oder erheblichen Pflichtverletzungen aus dem Amt entfernt worden.
Polens staatliche Aufklärungskommission für sexuellen Kindesmissbrauch hat ihrerseits in der vorvergangenen Woche den Krakauer Erzbischof Stanislaw Kardinal Dziwisz und drei weitere Bischöfe bei der Generalstaatsanwaltschaft des Landes angezeigt. Die Kommission wirft den Geistlichen vor, die gesetzliche Mitteilungspflicht von Sexualdelikten missachtet zu haben. Die vier Bischöfe haben entsprechende Anschuldigungen in der Vergangenheit stets zurückgewiesen.
Papst Franziskus wiederum hat vor wenigen Tagen einen der prominentesten Betroffenen von sexueller Gewalt in der katholischen Kirche, den Chilenen Juan Carlos Cruz, für drei Jahren zum Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission ernannt. Die Amtszeit der bisherigen Mitglieder der Kommission, die von dem Bostoner Kardinal O´Malley als Präsident geleitet wird, wurde unterdessen bis zum Jahr 2022 verlängert. Der Sekretär der Kommission hingegen, der aus Boston stammende Priester Oliver, wurde vom vatikanischen Staatssekretariat ohne Vorwarnung in sein Heimatbistum zurückgeschickt.
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