Wissenschaft

#Frieren Frauen doch nicht schneller als Männer?

Frauen frieren schon bei höheren Temperaturen als Männer – so das gängige Klischee. Auch einige Umfragen legen dies nahe. Doch dem widerspricht nun eine neue Studie. Demnach steuert der weibliche Körper offenbar erst bei niedrigeren Umgebungstemperaturen einer Auskühlung entgegen und beginnt später, Wärme zu erzeugen. Woran liegt das? Und wie unterscheidet sich die Wohlfühltemperatur bei Männern und Frauen?

Bei typischen Raumtemperaturen, wie sie etwa in Büros herrschen, frieren Frauen mehrheitlich schneller als Männer. Das legen zumindest verschiedene Umfragen nahe. Doch ob das stimmt und woran das liegt, ist unklar. Denn wie der weibliche Körper auf niedrige Temperaturen reagiert, wurde bislang kaum untersucht.

Wie verhindert unser Körper auszukühlen?

Ein Team um Robert Brychta vom britischen National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases (NIDDK) in Bethesda hat nun die Wärmeregulierung von Frauen und Männern verglichen. Dafür analysierten sie zunächst verschiedene Stoffwechselparameter von 16 Frauen und 12 Männern: den Gesamtenergieumsatz, den Anteil an braunem Fettgewebe im Körper sowie die Haut- und Kerntemperatur. Zudem befragten sie die Testpersonen, bei welchen Temperaturen sie sich wohl fühlen, und prüften, unter welchen Umständen sie zittern. Die Raumtemperatur reichte in den Versuchen von 17 bis 31 Grad Celsius. Die Probandinnen und Probanden waren alle jung und hatten einen hageren Körperbau. Aus den gemessenen Parametern berechneten Brychta und seine Kollegen anschließend, ab welcher Raumtemperatur die Testpersonen objektiv frieren und ihre Körper einer Auskühlung entgegensteuern. Denn unterhalb dieses Schwellenwerts aktivieren menschliche Körper Mechanismen, um Wärme zu erhalten, und verwenden messbar mehr Energie darauf, die Körpertemperatur konstant zu halten.

Das überraschende Ergebnis: Bei Frauen beginnt diese kälteinduzierte Thermogenese im Schnitt bei tieferen Raumtemperaturen als bei Männern, nicht bei höheren. Ihre kritische Temperatur lag in den Versuchen bei durchschnittlich 21,9 Grad Celsius, die von Männern bei 22,9 Grad. Frauen frieren also zwar im Alltag möglicherweise subjektiv schneller, ihre objektiv beobachtete Wärmeregulation deutet jedoch auf das Gegenteil hin. Die Forschenden führen diese „arktische“ Verschiebung zu einem großen Teil auf den höheren Körperfettanteil bei Frauen zurück, der ihre Körper besser isoliert als die von Männern mit gleichem BMI. Das deckt sich mit Beobachtungen aus einer anderen Studie, wonach die kritische Temperatur bei übergewichtigen Männern mit höherem Körperfettanteil niedriger liegt als bei normalgewichtigen Männern.

Das Team schließt aus seinen Beobachtungen, dass die isolierende Wirkung des Körperfetts bei der Thermoregulation gegenüber anderen Faktoren überwiegt. Dass Frauen durchschnittlich kleiner sind und dadurch einen geringeren Energieumsatz und eine geringere Wärmeproduktion haben als Männer, scheint demnach überraschend wenig ins Gewicht zu fallen, wie Brychta und seine Kollegen berichten.

Was über die Regulation der Körpertemperatur bestimmt

Insgesamt legt die Studie nahe, dass bei der Wärmeregulation des menschlichen Körpers verschiedene physikalische Faktoren zum Zuge kommen. Zu den ausschlaggebenden zählen die Körpergröße, die Statur sowie der Muskel- und Fettanteil. Diese Parameter sind zumindest teilweise mit dem Geschlecht verbunden. Bei anderen Faktoren, die zur Thermoregulation beitragen, wie die Aktivität der Muskeln beim Zittern oder des braunen Fettgewebes, fanden die Forschenden indes keine geschlechtsspezifischen Unterschiede. Auch die subjektive Wohlfühltemperatur unterschied sich nicht zwischen den männlichen und weiblichen Testpersonen – entgegen der gängigen Annahme. Folgestudien mit einer größeren Zahl an Probanden müssen die Befunde nun prüfen. Erst dann lässt sich sicher sagen, ob Frauen nun früher oder später frieren als Männer.

Quelle: Robert Brychta (National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), doi: 10.1073/pnas.2311116121

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Wissenschaft kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!