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#Friseure reichen Klagen ein

Friseure reichen Klagen ein

Als Konstantin Schick seinen Friseursalon im Jahr 2016 eröffnete, ging es erst einmal steil nach oben. In seinem Laden in der südhessische Gemeinde Seeheim-Jugenheim arbeiteten zunächst vier Mitarbeiter, nach wenigen Jahren beschäftigte er schon zwölf Mitarbeiter. Einen Kredit habe er nie gebraucht, jetzt sieht er Teile seiner Altersvorsorge dahinziehen – so wie einen Teil seiner Angestellten.

Stefanie Diemand

Denn heute arbeiten nur noch zehn Mitarbeiter in seinem Laden. Zwei, so erzählt er, musste er aufgrund der corona-bedingten Salonschließungen gehen lassen. „Irgendwann fühlt man sich unfair behandelt“, sagt der Unternehmer. Schick bezeichnet Friseure als systemrelevant. Das sieht die Bundesregierung bisher aber nicht so. Denn die Salons mussten vor mehr als sechs Wochen abermals schließen. Dagegen will Schick nun vorgehen.

Schick ist einer von neun Salonbesitzern, die gegen die Schließung von Friseursalons klagen. Ziel der Verwaltungsklagen sei es, Lockerungen für das Friseurhandwerk und schließlich die Öffnung der Salons zu erreichen. Die Friseure klagen in Berlin, Bayern, Thüringen und in Hessen. Weitere Klagen in Baden-Württemberg, Saarland, Rheinland-Pfalz und Bremen werden vorbereitet. Der Normenkontrollantrag vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel liegt der F.A.Z. vor. Mit diesem will die Anwaltskanzlei von Schick gegen formelle Mängel an der Corona-Verordnung vorgehen. In dem Antrag sieht der Rechtsanwalt unter anderem die Berufsfreiheit und Berufsausübungsfreiheit von Schick verletzt.

Konstantin Schick ist Inhaber des Salons „Schick Friseure“


Konstantin Schick ist Inhaber des Salons „Schick Friseure“
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Bild: Konstantin Schick

Branche ist kleinteilig

Zwar klagten schon unterschiedliche Branchen und Unternehmer gegen den Lockdown, es ist jedoch das erste Mal, dass Friseure Rechtsmittel einlegen. Dass das vorher noch nicht der Fall war, mag auch an der Struktur der Branche liegen: In Deutschland gab es im Jahr 2019 über 80.600 Friseurbetriebe mit rund 240.000 Beschäftigten.

Die Branche ist kleinteilig, sie besteht aus mittelständischen Unternehmen und Filialketten, aber vor allem auch aus Solo-Selbstständigen mit Jahresumsätzen von weniger als 17.500 Euro. Diese besitzen eigene Salons, arbeiten als mobile Friseure oder beziehen in einem schon vorhandenen Salon eine sogenannte Stuhlmiete.

Der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks schätzte vor einigen Jahren, dass die Ein-Personen-Unternehmer etwa 40 Prozent der Branche ausmachen. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Akteure ist es schwierig, mit einer Stimme zu sprechen. Aktionen gegen die Ladenschließungen gab es dafür schon viele: In einigen Städten demonstrierten Friseure, andere schrieben Brandbriefe an Politiker, zuletzt rief der Zentralverband die Inhaber dazu auf, von Sonntag auf Montag für 24 Stunden das Licht im Salon anzulassen, um damit ein Zeichen für Friseure zu setzen.

Friseur und Saloninhaber Konstantin Schick


Friseur und Saloninhaber Konstantin Schick
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Bild: Konstantin Schick

Hygieneauflagen streng

Auch die Klage soll ein Zeichen sein, sagt Rechtsanwalt Klaus Hünlein, der die Klage in Hessen betreut. Zwar seien viele Branchen von den Schließungen betroffen, der Friseur sei jedoch das einzige Handwerk, das während der Pandemie nicht weiterarbeiten dürfe. Das könnten viele nicht nachvollziehen. Vor allem, weil die Hygieneauflagen als streng gelten. Das sieht auch Schick so, der schon früh mit FFP2-Masken arbeitete, Haare nur gewaschen frisierte und ständig lüftete. Schick ging sogar noch einen Schritt weiter und baute einen Container vor seinen Salon. Dort kümmern er und seine Angestellte sich um „besonders schutzbedürftige Kunden“.

Unterstützt werden die Friseure dabei auch von Noah Wild. Wild führt gemeinsam mit seiner Schwester Mira das Familienunternehmen Wild Beauty in Seeheim-Jugenheim in Hessen. Das Unternehmen vertreibt unter anderem die Haarkosmetikmarke Paul Mitchell. Neben der Organisation der Klage will Wild das Rechtsverfahren auch finanziell unterstützen. Rechtsanwalt Hünlein bezeichnet Wild als Robin Hood der Friseure. Wild sagt am Telefon, dass viele Inhaber mit dem Rücken zur Wand stehen würden. „Friseure können anders als Einzelhändler kein Click und Collect anbieten.“ Viele Friseure sähen nun ihre Existenz bedroht. Die Hilfen des Staates kämen nicht an, die Rücklagen seien schnell aufgebraucht. Anders als beim selbstlosen Helden in der Saga wäre aber die Öffnung der Salons freilich auch für Wild gut, der seine Produkte hauptsächlich über Salons vertreibt.

Noah und Mira Wild von Wild Beauty


Noah und Mira Wild von Wild Beauty
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Bild: Wild Beauty

„Schwarzarbeit nimmt zu“

Vor allem ärgert Wild, dass die Schließung nicht bei der Pandemiebekämpfung helfe. Denn nur weil in den Salons nicht mehr geschnitten wird, bedeute das nicht, dass in Deutschland nicht frisiert werden würde. „Die Schwarzarbeit nimmt zu“, sagt Wild. Es gebe Friseure, die ihre Kunden statt im Salon mit strengen Hygienemaßnahmen nun am Küchentisch zu Hause frisierten. „So funktioniert die Kontaktminimierung aber nicht.“

Sowohl Wild als auch Schick hoffen, dass die Klage dazu führt, dass die Salons schnell wieder öffnen dürfen. „Friseure müssen in der nächsten Öffnungsrunde dabei sein“, sagt Wild. Sonst könnte neben der illegalen Schwarzarbeit noch ein viel größerer Ruck durch die Branche gehen: Zahlreiche Salons könnten in Deutschland gar nicht mehr aufmachen.

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