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#Lektionen eines gebrochenen Herzens

Lektionen eines gebrochenen Herzens

Ich war schon eine inkompetente Akademikerin, lange bevor ich meinen Abschluss machte, und die meisten Dinge, die ich gelesen habe, verschwinden sofort in den unzugänglichen Teilen meines Gehirns. Trotzdem ist das Erste, woran ich mich erinnerte, als ich über den Brexit nachdachte, dass Friedrich Schiller in seinem Stück „Kabale und Liebe“ die Briten als „das freieste Volk unter dem Himmel“ bezeichnete.

Abgesehen von einem lebhaften Gefühl des Versagens, wenn es um irgendetwas geht, das mit Logik oder Zahlen zu tun hat, und wiederkehrenden Albträumen vom naturwissenschaftlichen Unterricht, ist es eine der wenigen Informationen, die aus meiner Schulzeit überlebt haben. Ich bin ein Opfer des modernen Todes der Aufmerksamkeitsspanne, und es kommt mir oft vor, als hätte ich in meinem ganzen Leben noch kein Buch vollständig gelesen. Und trotzdem hat Schiller Spuren hinterlassen, einen Zahn in der weichen Oberfläche meines Geistes.

Je aristokratischer, desto faszinierender

Ich wurde 228 Jahre nach Schiller geboren, und trotzdem kann ich etwas mit der Vorstellung anfangen, dass die Freiheit woanders ist. Als Deutsche, die im Norden des Landes aufgewachsen ist, in der ehemaligen britischen Zone, hatte ich gelernt, die Briten als unsere Befreier anzusehen. Als Menschen, die nie mit so etwas wie Faschismus zu tun hatten, die nicht anfällig waren für die Art von Extremismus, der große Teile der Welt in Schutt und Asche gelegt hatte. Wir hatten gelernt, sie als gute Menschen zu betrachten, nicht als finster und vergewaltigend wie die Russen, sondern anständig und frei. Und obwohl ihre Monarchen 1917 ihren Namen von Sachsen-Coburg und Gotha in Windsor geändert hatten, hatten wir immer das Gefühl, dass wir einen fairen Anteil an ihrem königlichen Marionettentheater hatten, als gäbe es eine Verbindung. Als ob es möglich wäre, dass Deutsche und Briten gleich wären, weil die Briten trotz ihrer Kriegsanstrengungen immer ein Faible für die Deutschen hatten, sogar für die Nazis. Je aristokratischer, desto faszinierter waren sie von ihnen, Unity Mitford ist da nur das berühmteste Beispiel.

Katharina Volckmer, 33, ist Schriftstellerin und lebt in London. Ihr Debütroman „Der Termin“ erscheint im zweiten Halbjahr 2021 im neu gegründeten Kanon Verlag.


Katharina Volckmer, 33, ist Schriftstellerin und lebt in London. Ihr Debütroman „Der Termin“ erscheint im zweiten Halbjahr 2021 im neu gegründeten Kanon Verlag.
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Bild: JF Paga

Und im Norden Deutschlands hatten wir lange Zeit das Gefühl, dass sich unsere beiden Kulturen gar nicht so sehr voneinander unterschieden. Haben wir nicht alle Tee getrunken und nahe am Meer gelebt? Also waren wir viele Jahre lang in sie verknallt. In ihre Sprache, in ihre Freiheit und in die beneidenswerte Leichtigkeit, mit der sie um ihre eigene historische Schuld herumtanzten.

Als ich dann nach London zog, schien diese Insel ihre Versprechen zu halten. Eine Stadt wie diese wäre in Deutschland unvorstellbar, so groß, so unreguliert und so frei. Menschen aus aller Welt waren hergekommen, um hier zu leben, ohne gezwungen zu sein, sich in einer Weise zu assimilieren, wie man es in Deutschland tun müsste. Ohne das Neunziger-Jahre-Gespenst des neofaschistischen Skinheads im Hintergrund, ohne Dutzende von Menschen, die seit der Wiedervereinigung aus Rassenhass getötet wurden. Ohne zu hören, dass Flüchtlingsheime angezündet werden, ohne die Last unserer faschistischen Vergangenheit zu schultern. Hier konnte man einfach Londonerin sein und die Identität wählen, die einem passte, ohne sich dumme Fragen anhören zu müssen.

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