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#Für Story über Reichelt: „Spiegel“ behält den „Stern-Preis“

Der „Spiegel“ behält den „Stern-Preis“ für die Story, die vor zwei Jahren über den damaligen „Bild“-Chef Reichelt erschien. Angesichts des Umstands, dass sich die Aussage einer Zeugin als falsch erwies, ist das erstaunlich.

Die „Spiegel“-Geschichte, die im Oktober 2021 über den früheren Chefredakteur der „Bild“-Zeitung, Julian Reichelt, erschien, darf den ihr im vergangenen Jahr zuerkannten „Stern-Preis“ als „Geschichte des Jahres“ behalten. Das teilten der Beirat des Preises und die Chefredaktion des „Stern“ am Freitag mit. Am „Kern des Artikels“ habe sich „durch die Korrektur an einer Stelle nichts geändert“. Der „Spiegel“ habe „alle journalistischen Standards gewahrt, sowohl bei der damaligen Veröffentlichung wie nun mit der transparenten Richtigstellung“. Zudem sei „ein wesentlicher Grund für die damalige Auszeichnung der Mut der Reporterinnen und Reporter“ gewesen, „die Recherche zu veröffentlichen“.

„Spiegel“ versieht Artikel mit einer Anmerkung

Michael Hanfeld

verantwortlicher Redakteur für Feuilleton Online und „Medien“.

Diese Begründung ist insofern beachtlich, als der „Spiegel“ an der Geschichte, die unter dem Titel „Warum Julian Reichelt gehen musste“ erschien, kürzlich Veränderungen im Text vor- und eine Nachbemerkung aufnahm. Ben Irle, der Anwalt Julian Reichelts, hatte sich vor einigen Monaten an die Ombudsstelle des „Spiegel“ und an die Verleiher des „Stern-Preises“ mit der Frage gewandt, ob die Story nicht unter dem Eindruck, dass sich die Aussage der anonymen Hauptbelastungszeugin als falsch erwiesen habe, neu zu bewerten sei.

Die fragliche Aussage lautete darauf, dass Reichelt „Sex on demand“ verlangt habe. Der Verlauf des Chats, der sich zwischen Reichelt und der Zeugin an einem Abend in Wien entwickelte, deutet jedoch auf das Gegenteil hin – auf ein einvernehmliches Treffen, auf das vor allem die Zeugin drang. Ihre Aussage wurde zwar protokolliert, ging aber auf Betreiben des Anwalts der Zeugin nicht in die Compliance-Untersuchung des Springer-Verlags ein, die der Konzern aufgrund von Vorwürfen des Machtmissbrauchs im Frühjahr 2021 gegen Reichelt angestrengt hatte. Die Prüfung überstand der Journalist, einige Monate später wurde er trotzdem entlassen, angeblich weil er den Vorstand über die Beziehung zu einer Mitarbeiterin belogen hatte – was Reichelt vehement bestreitet. Juristisch ist die „Sex on demand“-Aussage also inexistent, sie ist offenbar falsch, geistert aber trotzdem durch die Welt.

Ombudsstelle sah sich die Sache an

Die Ombudsstelle des „Spiegel“ sah sich die Sache an und teilte Reichelts Anwalt mit, „dass die Redaktion als Reaktion auf unsere Überprüfung und in Folge unserer Anregung kleine Änderungen im Text und einen Nachtrag unter dem betroffenen Beitrag verfasst hat, der den Bedenken Ihres Mandanten Genüge tragen sollte“. In der entsprechenden „Anmerkung der Redaktion“ wird erwähnt, dass es einen Chatverlauf gebe, der „Zweifel an der Schilderung des Abends durch Constanze Müller (so wird die Zeugin mit einem Aliasnamen vom „Spiegel“ genannt, d. Red.) begründet“. Sie habe diese Aussage im Compliance-Verfahren gleichwohl gemacht. Die Frage ist nur: Warum hat die Zeugin die Aussage nicht autorisiert? Aus Angst vor Julian Reichelt oder weil sie falsch war? Der Chatverlauf des Abends in Wien legt Letzteres nahe.

„Der ,Stern-Preis‘“ schaffe „sich de facto selbst ab“, sagte Reichelts Anwalt Irle, „indem er sein Renommee und seinen Stellenwert durch diese völlig irrwitzige Entscheidung nachhaltig und dauerhaft schädigt“. Der Preis sei „weder zu einer transparenten Überprüfung“ der Jury-Entscheidung „noch zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit einer begründeten Beanstandung“ imstande.

„Zeugin erweislich gelogen“

Der „Spiegel“ habe eingeräumt, „dass die in der Berichterstattung einzig pseudonymisiert namentlich benannte Zeugin erweislich gelogen habe“. Damit entfalle diese Zeugin „vollständig als zuverlässige Quelle“ und müssten „ihre Darstellungen ebenso vollständig in der Berichterstattung unberücksichtigt bleiben“. Denn „ihre erweisliche Lüge“ offenbare „einen Belastungseifer, der ihre Sachverhaltsschilderungen insgesamt und durchweg in Frage stellt“. Mit dem „Wegfall der Darstellungen der ,Constanze Müller‘“ entfalle „die tragende Säule der Geschichte, da andere angeblich erwiesene Fälle des Machtmissbrauchs in der Berichterstattung nicht geschildert“ würden. Constanze Müller – „eine überführte Lügnerin“ – könne „die Geschichte und den in ihr enthaltenen Vorwurf nicht mehr tragen“.

Der „Spiegel“ teilte mit, die Korrektur ändere „nichts am Kern des Artikels“. Die Ombudsstelle sehe „keine Veranlassung, grundsätzlich an der Sorgfalt bei der Verdachtsberichterstattung über den Fall Reichelt zu zweifeln“. Die Recherche stütze sich „auf Angaben mehrerer Personen und weitere Quellen“. Man stehe zu der Berichterstattung. Den Anmerkungen der Redaktion zum Artikel sei nichts hinzuzufügen.

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