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#Eskalation an vielen Fronten

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In Israel spricht man häufig von einer „Multi-Front-Bedrohung“, mit der das Land konfrontiert sei. Im Süden gibt es die Hamas und andere bewaffnete Gruppen im Gazastreifen, die Israel offen feindlich gegenüberstehen. Im Osten leisten Palästinenser im besetzten Westjordanland und in Ostjerusalem Widerstand. Und im Norden, in Libanon und Syrien, bauen die Hizbullah und weitere proiranische Kräfte ihre Präsenz aus. In gewisser Weise ist auch die palästinensische Minderheit in Israel eine Front, sie gilt seit den Ausein­andersetzungen im Mai 2021 als potentiell destabilisierender Faktor.

Christian Meier

Politischer Korrespondent für den Nahen Osten und Nordostafrika.

Die vergangenen Tage haben gezeigt, dass die Vokabel der „Multi-Front-Bedrohung“ alles andere als eine Untertreibung ist. Sie ist heute zutreffend wie nie, denn die Feinde Israels arbeiten immer enger zusammen. Die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen und aus dem Süden Libanons waren verbunden mit der vorherigen Eskalation auf dem Al-Aqsa-Plateau in Jerusalem.

Im Hintergrund steht der Konflikt mit Iran: Feindschaft gegenüber Israel und entsprechende Vernichtungsphantasien sind eine Säule der Ideologie der Islamischen Republik, deren Propaganda das als „Widerstand“ verbrämt. Die iranischen Revolutionswächter haben eine Schattenarmee von getreuen Milizen errichtet, die etwa im Irak oder in Syrien ihr Unwesen treiben und von dort auch Israel bedrohen. Die wichtigste von ihnen ist die Hizbullah in Libanon, die stärkste militärische Kraft in dem Land, die einen Staat im Staate bildet – und das an Israel grenzende Südlibanon beherrscht.

Neue Nähe wird auch zur Schau gestellt

Die libanesische Schiitenorganisation unterhält seit Jahrzehnten gute Beziehungen zu militanten Palästinensergruppen, insbesondere zu den sunnitischen Islamisten der Hamas. Die Zusammenarbeit ist laut Angaben aus Geheimdienstkreisen eng und erfolgt demnach auch in Abstimmung mit dem Regime in Teheran. „Die Hamas ist seit den frühen 1990er-Jahren in Libanon präsent, als die Israelis während der ersten Intifada 400 Hamas-Mitglieder aus Israel und der besetzten Zone in Südlibanon hinauswarfen“, erklärt Nicolas Blanford, ein Hizbullah-Fachmann der Denkfabrik Atlantic Council, der seit 1994 in Libanon lebt. „Sie haben zwei Jahre lang in Zelten in einem Niemandsland zwischen libanesisch kontrolliertem Gebiet und der Besatzungszone gelebt, die Hizbullah freundete sich mit ihnen an, bildete sie aus, und seitdem haben sie enge Beziehungen.“

Eine israelische Einheit patrouilliert am Freitag in der Nähe der Malkia-Siedlung im Norden Israels.


Eine israelische Einheit patrouilliert am Freitag in der Nähe der Malkia-Siedlung im Norden Israels.
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Bild: EPA

Laut Angaben von Sicherheitsfachleuten unterhält die Hamas in Südlibanon Waffenlager und logistische Einrichtungen. Diese liegen zum Teil in den großen Palästinenserlagern, abgeriegelten Slums, auf die die libanesischen Sicherheitskräfte keinen Zugriff haben. Ohne Billigung der Hizbullah, so heißt es gemeinhin, könnten die militanten Palästinenser allerdings nicht in Südlibanon operieren.


Bild: Christine Sieber

Die Beziehungen zwischen Hizbullah und Hamas hatten gelitten, als sich die Hamas im Syrienkonflikt auf die Seite der Gegner von Gewaltherrscher Baschar al-Assad stellte, dem die Hizbullah massive Waffenhilfe leistete. Aber die Beziehungen sind längst wieder freundschaftlich – und die Organisationen stellen das jetzt bewusst zur Schau. Der Beirut-Besuch von Hamas-Anführer Ismail Hanijeh in dieser Woche wurde öffentlich begangen, inklusive Gruppenfoto mit Hizbullah-Anführer Hassan Nasrallah. Schon vor Hanijehs Besuch hatte ein grenzüberschreitender Terrorangriff die neue Nähe gezeigt: Ein Palästinenser war Mitte März aus dem südlibanesischen Reich der Hizbullah nach Israel eingedrungen und hatte dort einen Sprengsatz platziert.

Dass die Palästinensergruppen und die Schiitenorganisation weiter zusammenrücken, verkompliziert den ohnehin schon brandgefährlichen Abschreckungswettbewerb an der libanesisch-israelischen Grenze. Die Hizbullah und Israel wandeln dort auf einem schmalen Grat zwischen Krieg und Frieden. Bei jedem Zwischenfall, etwa durch Raketenbeschuss, stellt sich die Frage, wie die Vergeltung ausfallen wird und ob diese einen weiteren Gegenschlag auslösen könnte, der eine nur schwer zu stoppende Eskalationsmechanik in Gang setzt. Dass beide Seiten eigentlich keinen Krieg wollen, gaben sie auch jetzt wieder gegenüber der UNIFIL-Mission der Vereinten Nationen zu Protokoll. Doch das Risiko einer ungewollten Eskalation ist enorm.

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