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#Gaskrise trifft Britannien ins Mark

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Gaskrise trifft Britannien ins Mark

In ganz Europa sehen private Verbraucher, Energiekonzerne und Industrien besorgt auf die sprunghaft gestiegenen Gaspreise. Nirgends hat die Gaskrise solche Folgen wie auf der britischen Insel. Dort steht zu befürchten, dass in den kommenden Wochen Dutzende Energieversorger in finanzielle Notlage geraten, weil sie die hohen Gas-Einkaufskosten nicht mehr stemmen können. Die ersten haben schon Insolvenz angemeldet. Wegen des extrem verteuerten Erdgases haben zudem einzelne Industrie- und Agrarbetriebe geschlossen, darunter der größte Düngemittelhersteller des Landes. In einer indirekten Kettenreaktion bedroht dies die Geflügel- und Fleischindustrie sowie Supermärkte.

Schon über das Wochenende hielt Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng mehrere Krisengespräche mit der Energiebranche und der Aufsichtsbehörde Ofgem. Am Montag traf er die Spitzen der größten Gas- und Stromversorger. Diese fordern eine milliardenschweres staatliches Hilfspaket. Außerdem solle die Regierung eine „Bad Bank“ als Auffanginstitut für insolvente Energieunternehmen einrichten. Diese solle helfen, betroffene Kunden im Herbst und Winter weiter mit Gas und Strom zu versorgen. Premierminister Boris Johnson hat sich bei seiner Amerika-Reise zur heimischen Gaskrise geäußert und versprochen, die Regierung werde „alles tun, was sie kann“, um den Untergang von Energieunternehmen zu vermeiden.

Der Verband OGUK, der die britische Öl- und Gas-Industrie vertritt, verweist auf den rasant gestiegenen Großhandelspreis für Erdgas in Europa. Seit Anfang 2021 hat er sich fast verdreifacht und allein seit August ist er um 70 Prozent gestiegen. Am Montag sprang der britische Großhandelspreis nochmals um 9 Prozent hoch. Fünf kleinere Energieversorger mit Hunderttausenden Kunden sind seit August schon insolvent gegangen und aus dem Markt ausgeschieden. Auch der „grüne“ Anbieter Bulb, der mehr als 1,5 Millionen Kunden versorgt, ist in Schieflage geraten und verhandelt mit seinen Banken über eine Notfinanzierung. Aus der Branche gibt es Warnungen, von 55 Energieunternehmen könnten bis Weihnachten nur noch 10 übrig sein.

Die Energieversorger haben mit ihren Kunden einen fixen Tarif für den Gaspreis vereinbart. Steigen ihre Einkaufskosten überraschend stark, dann können sie diese nicht sofort an die Kunden weitergeben. Vor kurzem hat die Aufsichtsbehörde Ofgem eine Preisanhebung zum 1. Oktober um 139 Pfund auf maximal 1277 Pfund (rund 1500 Euro) genehmigt. Dies betrifft 15 Millionen Haushalte mit regulierten Verträgen.

Für den Anstieg der Gaspreise auf der ganzen Welt gibt es mehrere Gründe. Die Speicher in den meisten Ländern sind nur sehr niedrig gefüllt. Im Zuge der Erholung der Wirtschaft nach dem Corona-Einbruch hat die Nachfrage nach Rohstoffen angezogen, und die Preise sind gestiegen. Hinzu kommt die erhöhte Gasnachfrage in Asien, vor allem China, das seit einiger Zeit mehr auf Gaskraftwerke setzt. China bezieht verstärkt Flüssiggas. Und einige Öl- und Gasförderer produzieren derzeit weniger wegen Wartungsarbeiten an Bohrinseln und Pipelines.

85 Prozent heizen mit Erdgas

In Großbritannien beheizen 23 Millionen Haushalte, 85 Prozent der Gesamtbevölkerung, ihre Häuser und Wohnungen mit Erdgas. 40 Prozent des Stroms wird in Gaskraftwerken erzeugt. Das Land ist einer der großen Erdgasimporteure in Europa, seit die Versorgung mit eigenem Nordsee-Erdgas schrumpft. Im vergangenen Winter importierte das Land nach OGUK-Angaben 56 Prozent seines Gasbedarfs. Das meiste davon kommt aus Norwegen, kleinere Mengen Flüssiggas aus den USA und Lieferungen aus Russland von Gazprom.

Die Gaspreiskrise hat indirekt auch Folgen, die Verbraucher kaum erwarten würden. Dazu gehören die Hilferufe der Geflügelindustrie. Ranjit Boparan, Eigentümer von 2 Sisters Food Group, des größten Hühner- und Putenzuchtunternehmens Großbritanniens, warnte am Wochenende, die Geflügelindustrie stehe „kurz vor dem Punkt, wo sie zerbricht“. Grund dafür ist der Mangel an Kohlendioxid (CO2), das als Abfallprodukt bei der Düngemittelherstellung anfällt. Seit ein Hauptprozent für Dünger in Nordengland wegen des teuren Gases seine Fabrikation temporär gestoppt hat, fehlen große Mengen CO2, das die Fleischindustrie für die Betäubung der Tiere vor dem Schlachten und beim Verpacken verwenden. Daher könnten bald Zigtausende Truthähne fehlen, der traditionelle Weihnachtsbraten. „Ohne CO2-Versorgung wird Weihnachten abgesagt“, sagte Boparan plakativ. Zudem suchen Supermärkte verzweifelt nach CO2, das für Trockeneis in Kühlsystemen gebraucht wird.

Andere Briten sorgen sich, im Winter in kalten Wohnungen zu sitzen, falls ihr Gasversorger pleitegeht und nicht mehr liefert. Wirtschaftsminister Kwarteng versuchte die Bürger am Montag zu beruhigen. „Unsere Priorität ist es, die Verbraucher zu schützen.“ Die Aufsichtsbehörde Ofgem könne Sonderverwalter für insolvente Versorger einsetzen, die die weitere Belieferung sicherstellten. Denkbar seien auch staatlich garantierte Notkredite. Für die Fabriken des Düngemittelkonzerns CF Industries in Nordengland sind temporäre Subventionen im Gespräch.

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