#Geldzählen ist ein ehrbarer Beruf

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„Geldzählen ist ein ehrbarer Beruf“
Vielleicht erinnert man sich kaum an seinen Namen, doch seine Bilder sind aus Lehrbüchern und Kulturgeschichten nicht wegzudenken: Marinus von Reymerswale (oder Reimerswale, Reimerswaele) war der Porträtist der flämischen Steuereinnehmer, Bankiers und Geldwechsler des sechzehnten Jahrhunderts, und immer da, wo von den Handelszentren und frühen Warenströmen des Bürgertums die Rede ist, sind seine Gemälde die passende Illustration. Dabei birgt die Malerei des Marinus eine Menge Rätsel. Zum einen wissen wir nicht genau, was sie sagen wollen, nur, dass die wohlhabende Händlerschicht Antwerpens sie begierig kaufte. Und zum anderen ist Marinus selbst der Schatten seiner eigenen Biographie, war lange Zeit abgetaucht, wurde verwechselt und bleibt heute als außergewöhnlicher Maler in Erinnerung, über den wir nie viel wissen werden.
Will man es sich einfach machen, kann man festhalten: Marinus’ schmales Frühwerk besteht aus einer Handvoll religiöser Darstellungen, vor allem Hieronymus, aber auch einer stillenden Jungfrau, während das spätere Werk sich auf das geldzählende Gewerbe konzentriert, dem er seinen Ruhm verdankt. Geboren wurde er um 1489 in Reymerswale im niederländischen Zeeland und ging früh nach Antwerpen, dem Zentrum des damaligen Kunsthandels. Nach seiner Rückkehr an seinen Geburtsort erlebte er eine Katastrophe: Reymerswale wurde nach einem Deichbruch überflutet und verlor an wirtschaftlicher Bedeutung, so dass Marinus ins benachbarte Goes zog, wo er wohl starb. Seine letzte malerische Aktivität ist für 1546 nachgewiesen. Spekulationen über sein Leben existieren zuhauf, darunter auch eine angebliche Verurteilung für Bilderstürmerei, doch das kann er kaum gewesen sein, denn er war um diese Zeit schon lange tot. Nur zehn Jahre lang, von 1533 bis 1543, hat Marinus sein Werk datiert und signiert. Der junge Künstler nahm Motive seines bewunderten Kollegen Quentin Massys auf, der 1530 starb, besonders dessen „Geldverleiher“ aus dem Louvre, stützte sich aber auch auf Dürers Kupferstich des heiligen Hieronymus im Gehäus (um 1514), den die Madrider Nationalbibliothek für die Prado-Schau zur Verfügung gestellt hat.
Marinus’ schmales Frühwerk besteht aus einer Handvoll religiöser Darstellungen, etwa dem Heiligen Hieronymus in seiner Studierstube, die man damals als „Gehäus“ bezeichnete.
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Bild: Picture-Alliance
Die von Christine Seidel kuratierte Schau, laut Museum die erste monographische Marinus-Schau überhaupt, versammelt fünf seiner frisch restaurierten Gemälde, kontrastiert sie mit seinen Vorläufern und liefert mit einem fabelhaft detaillierten Katalog den neuesten Forschungsstand. „Der Steuereinnehmer und seine Frau“ von 1539, seit 1934 im Besitz des Prado, ist nicht nur eines der berühmtesten seiner Gemälde, sondern auch eines der am besten dokumentierten. Weitere Varianten befinden sich in München, Kopenhagen, Florenz, Dresden und St. Petersburg, die letzte undatiert und nicht signiert. Die Multiplikation einer überschaubaren Zahl von Bildideen hatte bei Marinus Methode: Er kopierte sich selbst und gab seinen Bildern erst im profanen Detail den persönlichen, kundenbezogenen Touch.
Der Geschmack einer erlesenen Kundschaft
Gegenüber einer Version von 1538, ebenfalls im Prado, hält die Frau auf unserer Abbildung den Blick nicht bescheiden gesenkt, sondern scheint sich für die Arbeit ihres Mannes zu interessieren. Die prächtige Stofflichkeit der Kleidung, die genau erfassten Münzformen und die sorgfältige Darstellung des Bürokrempels mit Briefen, Rechnungsbuch, Kerze und Tintenfass sind allen Fassungen des Bildes gemeinsam. Besondere Hingabe verwandte Marinus auf die feingliedrige Gestik und den Ausdruck der Konzentration auf den Gesichtern. Dies war, so sagt seine Malerei, eine würdige und wichtige Tätigkeit, was immer die Bibel davon halten mochte. Insofern lieferten Marinus’ Bilder das Porträt moderner niederländischer Professionals.
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