Wissenschaft

#Gene für aufrechten Gang identifiziert

Vor etwa sechs Millionen Jahren entwickelten unsere Vorfahren den zweibeinigen Gang. Durch die aufrechte Körperhaltung konnten sie sich leichter an neue Umgebungen anpassen und hatten die Hände frei, um beispielsweise Werkzeuge zu gebrauchen – ein wichtiger Schritt in der menschlichen Evolution. Doch welche genetischen Grundlagen prägen unsere Skelettform und ermöglichen den aufrechten Gang? Diese Frage haben Forschende nun anhand von über 30.000 Ganzkörper-Röntgenbildern und Genomdaten mit Hilfe von maschinellem Lernen geklärt. Die Ergebnisse geben auch Aufschluss über Zusammenhänge zwischen unserer Skelettform und Erkrankungen wie Arthrose und Rückenschmerzen.

Unser Skelett ist auf einzigartige Weise an den aufrechten Gang angepasst: Anders als bei allen anderen Primaten sind unsere Arme kürzer als unsere Beine und die Wirbelsäule ist vertikal oberhalb eines relativ schmalen Beckens ausgerichtet. Diese Anpassungen haben sich im Laufe der Jahrmillionen menschlicher Evolution entwickelt und gelten als einer der wichtigsten Schritte auf dem Weg zum modernen Menschen. Zugleich gehen sie aber auch mit skelettbezogenen Krankheitsrisiken einher, darunter Rückenschmerzen, Knieproblemen und Arthrose. Während die Veränderungen des menschlichen Körperbaus gut anhand von Fossilien dokumentiert sind, war bislang unklar, welche Gene unserer einzigartigen Skelettform zugrunde liegen.

Selektionsdruck zu Skelettveränderungen

Dieser Frage ist nun ein Team um Eucharist Kun von der University of Texas in Austin nachgegangen. Dazu nutzte das Team Ganzkörper-Röntgenbilder von über 30.000 Menschen, die in der UK Biobank erfasst sind, einer großen biomedizinischen Datenbank in Großbritannien. Diese Bilder werteten Kun und sein Team mit Hilfe von maschinellem Lernen aus und kombinierten die Ergebnisse mit den Genomdaten der jeweiligen Personen. Auf diese Weise fanden die Forschenden 145 Stellen im Genom, die mit spezifischen Merkmalen der Skelettform assoziiert sind, darunter die Breite der Schultern und Hüften, das Längenverhältnis von Armen und Beinen und die Abstände zwischen zahlreichen weiteren Punkten des Körpers.

Dabei zeigte sich, dass die Stellen im Genom, die mit Skelettmerkmalen assoziiert sind, vor allem in sogenannten „beschleunigten“ Regionen liegen, die sich beim Menschen im Vergleich zu Menschaffen und anderen Wirbeltieren sehr stark weiterentwickelt haben. Auch in regulatorischen Regionen von Genen, die bei Menschen und Menschaffen während der Entwicklung unterschiedlich stark abgelesen werden, fanden sich solche Stellen. „Was wir hier sehen, ist der erste genomische Beweis dafür, dass es einen Selektionsdruck auf genetische Varianten gab, die sich auf die Skelettproportionen auswirken und den Übergang vom Knöchelgang zum Zweibeinertum ermöglichten“, sagt Kuns Kollege Vagheesh Narasimhan.

Körperproportionen prägen Erkrankungsrisiko

Zudem stellte das Team fest, dass einige genetische Varianten, die mit der typisch menschlichen Skelettform in Verbindung stehen, das Risiko für bestimmte Erkrankungen des Bewegungsapparats erhöhen. Beispielsweise entwickeln Personen mit einem höheren Verhältnis von Hüftbreite zu Körpergröße häufiger Arthrose und Schmerzen in der Hüfte. Personen, deren Oberschenkel im Verhältnis zur Körpergröße besonders lang sind, haben ein höheres Risiko für Knieprobleme, und Menschen deren Beine im Vergleich zur Körpergröße verhältnismäßig kurz sind, leiden häufiger unter Rückenschmerzen. „Diese Erkrankungen entstehen durch biomechanische Belastungen der Gelenke im Laufe des Lebens“, sagt Kun. „Die Proportionen des Skeletts beeinflussen alles, vom Gang bis zum Sitzen, und es macht Sinn, dass sie Risikofaktoren für diese Erkrankungen sind.“

Aus Sicht der Forschenden kann die Studie sowohl hilfreich für die Evolutionsforschung sein als auch neue Perspektiven eröffnen, um Erkrankungen des Bewegungsapparats besser zu verstehen und zu behandeln. „Unsere Arbeit liefert einen Wegweiser, der spezifische Gene mit der Länge des Skeletts an verschiedenen Körperteilen verbindet und es Entwicklungsbiologen ermöglicht, diese systematisch zu untersuchen“, sagt Co-Autor Tarjinder Singh von der der Columbia University.

Quelle: Eucharist Kun (University of Texas at Austin) et al., Science, doi: 10.1126/science.adf8009

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