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#Glanz und Elend eines Jahrzehnts

Glanz und Elend eines Jahrzehnts

Der Mythos lebt: Nicht nur im Babylon Berlin, dem Inbegriff des Lasters, auch in Frankfurt feiern in den sogenannten Goldenen Zwanziger Jahren viele die Nächte durch, um ihren Alltag zu vergessen. Im Grandhotel „Frankfurter Hof“ am Kaiserplatz treffen sich Journalisten, Schriftsteller und Künstler, bevor sie sich ins Nachtleben stürzen, oft aufgeputscht mit Kokain, das man illegal bei Portiers, Kellnern oder auf der Straße kaufen kann. Im Operettentheater am Eschenheimer Turm singen Stars wie Fritzi Massary oder Richard Tauber. Es wird Absinth getrunken, und in den Ballhäusern tanzt man wie enthemmt Charleston und Foxtrott.

Ralf Euler

Ralf Euler

Redakteur in der Rhein-Main-Zeitung, verantwortlich für den Rhein-Main-Teil der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Der Mief und die Prüderie der Kaiserzeit scheinen abgeschüttelt, jetzt will insbesondere die Jugend die neue Freiheit genießen. Cafés, Bars, Nachtclubs, Tanzdielen, Theater, Varietés, Großkinos ziehen die Menschen in Massen an. Vom frühen Abend bis in die frühen Morgenstunden tobt rund um den Frankfurter Hauptbahnhof und den Eschenheimer Turm das Leben. Der Film etabliert sich als Massenmedium, 1927 lernen die laufenden Bilder auch noch das Sprechen.

„Goldene“ Zeiten nur in den Städten

Dass die Zeiten, wenn überhaupt, nur in den Städten „golden“ sind, wird in der Rückschau häufig übersehen. Für die Mehrheit der Menschen bleibt das Leben so hart, eng und öde wie in den Kaiserjahren. Ohnehin bezieht sich das Attribut „golden“ eigentlich nur auf die Zeit zwischen 1924 und 1929. Im unmittelbaren Vergleich mit den vorangegangenen Kriegs- und Krisenjahren geht es den Menschen jetzt immerhin so gut, dass sich die zweite Hälfte der zwanziger Jahre regelrecht „golden“ anfühlt.

Eisige Zeiten: Ausgerechnet in den ohnehin schon harten Jahren nach dem Ende des Ersten Weltkriegs waren die Winter besonders kalt. Die Frankfurter ließen sich auch davon nicht unterkriegen. Im Februar 1922 jedenfalls trotzten Junge und Alte östlich des Eisernen Stegs auf dem damals noch häufig zugefrorenen Main der Kälte.



Bilderstrecke



Goldene Zwanziger in Frankfurt
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Glanz und Elend eines Jahrzehnts

1924 sind die verheerenden Folgen des Ersten Weltkriegs – Hunger, Arbeitslosigkeit, bürgerkriegsähnliche Zustände, Inflation – überstanden. Eine Phase politischer Beruhigung setzt ein, begleitet von einem Wirtschaftsaufschwung und einer rasanten Entfaltung von Kunst, Kultur und Wissenschaft. Vor allem das blühende kulturelle Leben in der Weimarer Republik ist es, das jener kurzen Zeitspanne ihren noch heute faszinierenden Ruf verschafft.

Ein abruptes Ende mit düsterer Aussicht

Für den Durchschnittsbürger, der sich nächtliche Ausschweifungen nicht leisten kann, wird der Sport zum Massenvergnügen: Flugtage, Ruderregatten, Autorennen, Fußball. Im 1925 eröffneten Frankfurter Waldstadion findet noch im selben Jahr vom 24. bis 28. Juli die erste internationale Arbeiterolympiade statt. Mehr als 100.000 Menschen kommen zu dieser Gegen-Olympiade, die ganz im Zeichen der Völkerfreundschaft stehen soll. Im nahe gelegenen Radstadion besiegt im Mai 1927 Max Schmeling den dänischen Schwergewichtsmeister Robert Larsen über zehn Runden nach Punkten.

Mit der Weltwirtschaftskrise erleben die „Goldenen Zwanziger“ abrupt ihr Ende. Deutschland hat, wie sich herausstellt, auf Pump gefeiert; mit Milliardenkrediten vor allem aus Amerika. Als jenseits des Atlantiks die Lichter ausgehen, bricht in der Weimarer Republik die Götterdämmerung an. Und selbst wenn es am Ende eines Jahrzehnts voller Umwälzungen und Verwerfungen nur wenige sehen können oder wollen: Am Horizont zeichnen sich bereits noch sehr viel düsterere Zeiten ab.

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