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#Im Rahmen des Möglichen

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Im Rahmen des Möglichen

Am Rand der Wüste Namib traf ich beim Radfahren einmal einen jungen Franzosen. Fünf Jahre ist das her. Er war mit der Schule fertig, hatte sich aus gefundenen Teilen ein Rad zusammengebastelt, war nach Kapstadt geflogen und hatte sich auf den Weg nach Norden gemacht. Kein Expeditionsausstatter hätte ihm so ein Ding empfohlen, und in der Tat war ihm gerade eine Gepäckträgerstütze gebrochen, unter der Last der Wasservorräte und seines Gepäcks. Doch ein schmales Eisenrohr genügte, und die Strebe war geschient.

Er hatte das ideale Rad. Es bestand aus Entdeckerfreude, aus Freude an der Freiheit, der selbst errungenen, aus eigener Kraft geschöpften Freiheit, und jeden Morgen war es wieder neu für ihn da, um aufzubrechen. Natürlich wird er es auch verwünscht haben, aber sagen wir es anders: Er hatte das ideale Rad für sein Alter. Später, mit den Jahren, wächst auch das Interesse an der Perfektion – des Radfahrens wie der Technik. Es ist eine Folge der Erfahrung, aber auch der Ratschläge, die man mit der Zeit von Orthopäden, Kniechirurgen oder Kardiologen bekommt.

„Fahr dich erst mal warm“

So bin ich zu Antonio Taverna und seiner Werkstatt in Padua gekommen, an der Via Tunisi, in einem Wohn- und Gewerbeviertel aus kolonialer Zeit. Mein Ziel: ein neues Rad, vielleicht mein letztes vor dem altersgerechten Elektrobike. Es sollte der Summe meiner Erfahrungen entsprechen: stabil auch für raues Gelände und für Gepäck, die Mechanik so einfach, dass ich sie an jedem Ort selbst reparieren kann, für den Antrieb Untersetzungen wie beim Mountainbike und schwere Gänge wie beim Rennrad. Kobaltblau sollte es sein, heiter oder geheimnisvoll, je nach Licht. Und wie in einer Art produktiver Archäologie sollte es etwas bewahren von der proletarischen Geschichte des Verkehrsmittels. Primitiv sollte es sein und überlegt.

„Etwas schaffen, das Freude macht“: Das ist das Motto Antonio Tavernas, der beim handwerklichen Ethos des Vaters und des Großvaters geblieben ist.


„Etwas schaffen, das Freude macht“: Das ist das Motto Antonio Tavernas, der beim handwerklichen Ethos des Vaters und des Großvaters geblieben ist.
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Bild: Marco Ramin

Antonio Taverna baut Fahrradrahmen – ein Handwerk, das er von seinem Vater Ferruccio und seinem Großvater Giovanni gelernt und übernommen hat. Und er baut sie nach Maß. Taverna zeigt mir die Werkstatt. Rohe Rohre, bearbeitete Rohre. Rohre, die gerade mit einer Silberlegierung zusammengeschweißt werden, krustig gefärbt vom Feuer, Farben wie aus den Kratern der Äolischen Inseln, Übergänge von Anthrazit, Bronze, Gold, Silber, Grau und Blau. Ein Rahmen in Rohfassung für einen Kunden in London. Eine Gabel in Einzelteilen, die fertige Replik eines historischen Rads. Eine Sammlung von Referenzrahmen aus der Geschichte der Werkstatt, darunter das Rennrad, das sich Antonios Vater Ferruccio selbst gebaut hat.

Dann bittet mich Antonio Taverna aufs Rad. Es sieht ein bisschen aus wie ein Zimmerfahrrad, ein Spinbike, bei dem sich freilich die Geometrie vollständig verstellen lässt: Rahmenhöhe, Rahmenlänge, die Winkel der einzelnen Rohre zueinander. Hier soll das Maß entwickelt werden, nach dem der neue Rahmen gebaut wird. Das braucht Zeit. Zum einen findet Taverna meine Arme anfangs etwas fest, „nach der langen Zugfahrt“, wie er sagt, „fahr dich erst mal warm“. Zum anderen ist das Maßnehmen keine bloß mechanische Sache. „Es soll schon auch etwas Empathie ins Spiel kommen“, sagt der Rahmenbauer.

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