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#Grau zu Blau in Mutter Natur

„Grau zu Blau in Mutter Natur“

Ölstudien, das Wort mag für manche wie die Suche nach unerschlossenen Quellen schwarzen Goldes klingen. Für Kunstinteressierte jedoch ist es seit einigen Jahren der Goldstandard. Oft auf Reisen und nahezu immer in der Natur vor dem Objekt entstanden, sind es gut transportable und daher kleinformatige Skizzen auf einfachen und leichten Materialien wie Karton oder eigens (teils abenteuerlich krumm, wie nach dem Genuss von zwei Flaschen Chianti) zugeschnittenen dünnen Holzplatten. Ein Widerspruch bleibt: Die Ölstudie versucht Flüchtiges wie den wandernden Stand der Sonne in größter Spontaneität und Frische festzuhalten, setzt dies jedoch mit der eigentlich langsam trocknenden Ölfarbe um. Das allerdings ist konsequent, wollten die Künstler doch die Stimmung eines bestimmten Moments in genau der Maltechnik und Tonalität fixieren, in der das Bild später ausgeführt würde.

Immerhin konnte ab 1840 die fertige Ölfarbe in Tuben bequem mit unter freien Himmel genommen werden, wogegen sie zuvor mühsam im Atelier angerührt und in Schweineblasen transportiert werden musste. Zwar hat die Ölstudie in ihrer Blütezeit, dem neunzehnten Jahrhundert, primär dienende Funktion – sie schafft die kleinen Vorlagen für oft monumentale Landschaftsgemälde. Durch ihre gestische Spontaneität ist sie aber wesentlich freier, zugleich sanfter als das fertige Produkt. Heutzutage, mit seit der Moderne entwickelten Vorlieben für das nicht in allen Details Ausgeführte, gar Fragmentierte in gewagten, quasicineastischen Anschnitten, sind die Studien eines der angesagtesten Sammelgebiete der Kunst.

Offen für Ahs und Ohs: Traugott Fabers „Blick auf Dresden“, 1823 in Öl gemalt.



Bilderstrecke



Ölstudien im Kunstpalast
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Die Kunst des Flüchtigen

Insofern darf schon jetzt ungestraft behauptet werden: Die vollständig diesen flüchtigen Ölstudien – und zwar über hundert von ihnen – gewidmete Schau „Mehr Licht. Die Befreiung der Natur“ im Düsseldorfer Kunstpalast, kuratiert von Florian Illies und Anna Schütz, ist eine der faszinierendsten des Jahres. Denn wo ließen sich sonst bei Meistern wie Achenbach, Blechen, Carus oder Friedrich die Wege zum fertigen und oft wohlbekannten Bild so atemberaubend verfolgen – gerade so, als würde man in der flirrenden Sonne Italiens den Malern über die Schulter blicken und ihnen zusehen, wie sie unter Aufbietung all ihrer Kunst etwas so Abstraktes wie Sonnenlicht auf den Bildträger zu bannen suchen.

Symbol für weltabgewandte Traumzonen

Die Auftaktwand zeigt dann auch neun traumschöne Wolkenstudien diverser Hände, Inbegriff der Flüchtigkeit und Symbol für weltabgewandte Traumzonen. Genauso fesselnd sind allerdings die heute vergessenen oder damals schon nur in der zweiten Liga spielenden Künstler, die interessanterweise in den Ölstudien all ihre sonstige Holzigkeit und Starre ablegen und zu Spitzenleistungen auflaufen. Beispielsweise werden die wenigsten behaupten können, auf Anhieb sonderlich viel über den Maler Heinrich Reinhold aus dem Gedächtnis abrufen zu können; in Düsseldorf hängt zweimal seine fast identische, sonnengebadete Landschaft von Cocumella bei Sorrent in Süditalien, im Sommer 1823 im Abstand von nur einem Tag auf dem Malkarton fixiert.

Und wie in der Bildgegenüberstellung eines „Finden-Sie-die-Fehler“ beginnt man unwillkürlich die leicht veränderte Farbe des flaschengrünen Meers und des leicht veränderten Anschnitts des Felsens links zu vergleichen. Zudem man sehr unmittelbar angesichts des Etretat-ähnlichen Felsbogens realisiert, dass dieser Reinhold und viele seiner in Ölstudien vernarrten Zeitgenossen ein halbes Jahrhundert vor Impressionisten wie Monet das Wandern der Sonne auf ebendiesem Felsen oder Fassaden von Gebäuden in Dutzenden von „seriellen“ Bildern festgehalten haben. Sage keiner, es handele sich hier um ein anachronistisches Überstülpen moderner Kategorien: Ebenjener Reinhold schreibt in dieser Zeit in einem Brief geradezu programmatisch an seine Frau, nirgends ließe sich mehr Italien und vor allem mehr Seele eines Künstlers finden als in einer Ölstudie.

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