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#Griffelige Angelegenheit

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Fliegt eine Hummel mehrer Blüten einer Schlüsselblume an, besteht das Risiko der Inzucht. Die Natur hat dieses Problem anatomisch gelöst.

Die bunte Vielfalt der Blumen ist das Produkt einer raffinierten Symbiose: Hilfreiche Tiere transportieren den Blütenstaub von einer Pflanze zur anderen und kassieren dafür meist eine nahrhafte Belohnung. Und wenn zum Beispiel Bienen, wie es häufig der Fall ist, mehrere Blüten derselben Pflanze besuchen, führt das keineswegs dazu, dass sich diese Blütenpflanzen überwiegend selbst bestäuben. Ein Großteil der Pflanzenarten verhindert solche Inzucht auf die eine oder andere Weise.

Charles Darwin schon hatte das Problem erkannt, als er die ländliche Umgebung seines Wohnhauses südlich von London erkundete. Primeln und Schlüsselblumen lieferten ihm dort ein Paradebeispiel dafür, „wie sehr sich die Natur anstrengt – wenn ich mich so ausdrücken darf –, um eine sexuelle Vereinigung zwischen verschiedenen Individuen derselben Art zu forcieren“.

Schlüsselblumen und Primeln gibt es nämlich in zwei Versionen. Die eine hat einen langen Griffel, auch Stylus genannt. Dessen Narbe lugt wie ein Stecknadelkopf aus der Blütenröhre hervor, während die Staubblätter viel tiefer sitzen. Bei der anderen, ebenso häufigen Variante ist der Griffel viel kürzer, statt seiner zeigen sich die fünf Staubblätter in der Öffnung der Blütenröhre. Wie Darwin berichtet, ist dieses wissenschaftlich Heterostylie genannte Phänomen altbekannt: „Dorfkinder achten auf diesen Unterschied, weil sie Blütenröhren mit langem Griffel besser ineinanderschieben können, um sich daraus Halsketten zu basteln.“

Perfekt an die Bestäuber angepasst

In seinem 1877 erschienenen Buch „The different forms of flowers on plants of the same species“ widmet sich Charles Darwin verschiedenartigen Pflanzen, bei denen er Heterostylie beobachtet hat. Neben Primel und Schlüsselblume betrachtet er zum Beispiel auch Lungenkraut, Fieberklee, Forsythie und Winterjasmin. Bei allen sitzt die Nektarquelle an der Basis einer mehr oder minder langen Blütenröhre. Nur mit einem entsprechend langen Rüssel kommen Insekten dort an den Nektar.

An welcher Stelle dann der Pollen landet, hat bei der Evolution von Heterostylie anscheinend eine wichtige Rolle gespielt. Diese Hypothese formulierte Darwin, nachdem er Experimente mit Hummeln durchgeführt hatte. Wenn deren ausgestreckter Saugrüssel nur an der Basis intensiven Kontakt mit Staubblättern aufnimmt, kann er seine Fracht nachher am besten auf der Narbe eines langen Griffels abladen. Pollen, der tief in der Blütenröhre am Insektenrüssel hängenbleibt, erreicht dagegen eher die Narbe eines kurzen Griffels.

Mit einem umfassenden Update zur Heterostylie haben Wissenschaftler um Violeta Simón-Porcar von der Universidad de Sevilla nun Darwins Hypothese von der präzisen Platzierung des Pollens bestätigt. Gemeinsam mit Forschern des Conahcyt-Instituto de Ecología in Mexiko-Stadt, des National Herbarium of New South Wales in Sydney und der Universität Wien fahndeten sie zunächst mit einer Literaturrecherche global nach heterostylen Blütenpflanzen.

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