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#Große Fische bilden Kohlenstofflager

Große Fische bilden Kohlenstofflager

Stirbt ein Fisch im Ozean, sinkt der in ihm enthaltene Kohlenstoff mit dem Kadaver auf den Meeresgrund, statt als Kohlendioxid in die Atmosphäre zu entweichen. Wird der Fisch dagegen gefangen, gelangt das Treibhausgas in die Atmosphäre. In diesem Zusammenhang hat die Auswertung von Fischereidaten seit 1950 nun gezeigt: Der industrielle Fischfang ist für deutlich höhere CO2-Emissionen verantwortlich als bislang vermutet. Neben dem Treibstoff für die Schiffe liegt das daran, dass die Entnahme großer Fische die natürliche Kohlenstoffspeicherung der Ozeane verringert – und das, obwohl viele der besonders betroffenen Gebiete nicht einmal wirtschaftlich profitabel sind.

Die Ozeane fungieren als riesiger Speicher für Kohlendioxid (CO2). Einen Anteil daran haben auch die Fische, insbesondere große Exemplare wie Thunfische, Makrelen, Haie und Schwertfische. Ihre Kadaver sinken nach ihrem Tod besonders schnell auf den Meeresgrund, sodass der in den Tieren enthaltene Kohlenstoff nicht im Rahmen der Verwesung in die Atmosphäre gelangt. Die industrielle Fischerei holt allerdings jedes Jahr große Mengen dieser Fische aus dem Wasser. An Land werden die Tiere verarbeitet und konsumiert. Der in ihren Körpern gespeicherte Kohlenstoff gelangt so durch direkte Emissionen, Exkremente und Atmung der Konsumenten in die Atmosphäre.

Emissionen aus Treibstoff und toten Fischen

Forscher um Gaël Mariani von der Universität Montpellier in Frankreich haben nun quantifiziert, für wie hohe CO2-Emissionen der Fang großer Fische verantwortlich ist. Dazu haben sie Fischereidaten seit 1950 ausgewertet. Um eine solide, konservative Schätzung zu liefern, haben sie in die Berechnung nur Fische einbezogen, die in Regionen mit einer Wassertiefe von über 200 Metern gefangen wurden und deren Körpergröße mindestens 30 Zentimeter betrug. „Wenn diese Fische sterben, sinken sie schnell“, erklärt Marianis Kollege David Mouillot. „Als Ergebnis wird der größte Teil des Kohlenstoffs, den sie enthalten, auf dem Meeresgrund oft für Tausende oder sogar Millionen von Jahren beschlagnahmt. Es handelt sich dabei allerdings um eine Kohlenstoffsenke, deren Größe noch nie zuvor geschätzt wurde.“

Diese Schätzung haben die Forscher nun in ihre Studie einbezogen. Ihr Ergebnis: Seit 1950 hat die Meeresfischerei mindestens 730 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre freigesetzt. Damit ist der CO2-Fußabdruck der Fischerei um 25 Prozent größer als laut früheren Schätzungen der Industrie, so Mouillot. Die Emissionen haben dabei über die Jahrzehnte hinweg deutlich zugenommen. Einen besonders großen Anteil haben die Länder Japan, Indonesien und Taiwan, die zusammen für rund ein Drittel der globalen Fischerei-Emissionen verantwortlich sind. „Fischereiboote produzieren Treibhausgase, indem sie Treibstoff verbrauchen“, sagt Mouillot. „Und jetzt wird deutlich, dass die Gewinnung von Fischen zusätzliches CO2 freisetzt, das sonst im Ozean gefangen bleiben würde.“

Wirtschaftlich nicht rentabel

Einige der am stärksten betroffenen Gebiete sind der Zentrale Pazifik, der Südatlantik und der Nordindische Ozean. Wie die Forscher zeigten, ist der Fischfang in vielen dieser Regionen nicht einmal rentabel: Die Treibstoffkosten für die Schiffe werden kaum durch den Gewinn aus den gefangenen Fischen ausgeglichen. Ohne staatliche Subventionen würden sich 43,5 Prozent der Kohlenstoffentnahmen aus der Hochsee nicht mehr lohnen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass staatliche Subventionen das Verschwinden einer natürlichen Kohlenstoffsenke verschärfen, indem sie in großem Maße den wirtschaftlich unrentablen Fang großer Fische fördern“, schreiben die Forscher in ihrer Publikation.
Würde der Fischfang auf Gebiete beschränkt, in denen er sich wirtschaftlich lohnt, könnten davon der Studie zufolge sowohl die Biodiversität als auch das Klima profitieren. Es würde weniger Treibstoff verbraucht, um an entlegene Fangstellen zu gelangen. Damit sänke der dadurch bedingte CO2-Ausstoß. Die Biomasse lebender Fische nähme zu und würde bereits auf kurze Sicht mehr Kohlenstoff binden. Auf lange Sicht würden die Kadaver verendeter Fische zusätzlichen Kohlenstoff speichern.

Zukunftsfähiger Fischfang

Auch im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung empfehlen die Forscher diesen Ansatz. Sie plädieren für einen verantwortungsvollen, nachhaltigen Fischfang. „Die Vernichtung der blauen Kohlenstoffpumpe, die große Fische darstellen, legt nahe, dass neue Schutz- und Bewirtschaftungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, damit mehr große Fische eine Kohlenstoffsenke bleiben und nicht mehr zu einer zusätzlichen CO2-Quelle werden können“, sagt Mariani. „Und da wir so auch weniger Kraftstoff verbrennen, reduzieren wir die CO2-Emissionen weiter.“

Wichtig sei allerdings, den Fischfang nicht isoliert zu betrachten, sondern weitere gesellschaftliche Auswirkungen einzubeziehen. So könnte es zum Beispiel sein, dass bei verringerten Fangquoten andere, noch klimaschädlichere Nahrungsmittel in größeren Mengen konsumiert würden, etwa das Fleisch von Rindern, Schweinen oder Lämmern. In diesem Fall hätte man an der einen Stelle CO2-Emissionen eingespart, an einer anderen dafür jedoch umso größere erzeugt. Angesichts der aktuellen Überfischung ist es nach Ansicht der Forscher dennoch sinnvoll, insbesondere die Fischerei in unrentablen Gebieten zu begrenzen – auch, um Fische langfristig als Nahrungsmittel für den Menschen zu erhalten. „Wir müssen besser fischen“, so Mouillot.

Quelle: ARC Centre of Excellence for Coral Reef Studies, Fachartikel: Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.abb4848

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