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#Habecks amerikanischer Traum bekommt Risse

Massenhaft Schulden für das Klima: Der Wirtschaftsminister möchte ein so großes Investitionsprogramm wie die USA. Doch ob diese Rechnung aufgeht, ist nicht gesagt. Und das liegt nicht nur am Streit in der Ampel.

Es ist ein Kontrapunkt zum Prinzip „America first“. Als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sich am Mittwochabend amerikanischer Zeit in der deutschen Botschaft in Washington die neuesten politischen Wendungen im Wahlkampf erklären lässt, gibt es Mineralwasser von Gerolsteiner und Cola vom deutschen Discounter Lidl. Auch wenn die Bundesregierung die nationalistischen Tendenzen in der amerikanischen Wirtschaftspolitik häufig kritisiert – ein wenig „Deutschland first“ darf schon sein.

Die Stimmung in der „Berlin Bar“ ist entspannt. Habeck und der deutsche Botschafter Andreas Michaelis duzen sich. Der frühere Sprecher des Außenministers Joschka Fischer steht den Grünen nahe. Doch es dauert nicht lange, bis die drei Buchstaben fallen, die Politiker und Unternehmen seit bald zwei Jahren umtreiben: IRA, die Abkürzung für Inflation Reduction Act. Mit diesem will die Regierung von Joe Biden die amerikanische Wirtschaft klimafreundlich machen. Die von Biden einst angekündigten 370 Milliarden Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren sind längst nicht mehr aktuell, die Investmentbank Goldman Sachs taxiert das Volumen inzwischen auf 1,2 Billionen Dollar. Für Robert Habeck ist der IRA Fluch und Segen zugleich. Fluch, weil deutsche Unternehmen mit Verweis auf die bessere Förderung in Amerika statt in Deutschland investieren. Segen, weil Habeck in der jetzt wieder anlaufenden Haushaltsdebatte genau damit argumentieren kann.

Wirtschaftsminister, Vizekanzler, Grünen-Wahlkämpfer

Aus der Gesprächsrunde zwischen Habeck, Michaelis und zwei Dutzend Managern deutscher Unternehmen darf nicht zitiert werden, so sind die Regeln für diesen Abend. Daher nur so viel: Es herrscht eine gewisse Ratlosigkeit. Die Zuschüsse aus dem IRA bekommen die Unternehmen meist über Steuergutschriften, sogenannte „tax credits“. Das gilt als wesentlich unbürokratischer als die Subventionsprogramme in der EU, wobei einige in der Runde auch das Verfahren in Amerika für zu bürokratisch halten. Anders als Deutschland haben die Vereinigten Staaten keine Schuldenbremse, der IRA ist nicht nach oben gedeckelt, zumindest noch nicht. So etwas kann Habeck den Unternehmen nicht bieten. „Wir haben global gesehen wahrscheinlich die strengste Schuldenregel, die es gibt“, sagte er vor seinem Abflug in Berlin. „Das hindert uns daran, so etwas zu tun.“

Es ist seine dritte Reise in die Vereinigten Staaten. Das erste Mal war er im Frühjahr 2022 da, kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Dann noch einmal im Frühjahr vergangenen Jahres. Die Reise jetzt ist vergleichsweise lang. Es geht noch weiter nach New York, zu einem Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres, und zum deutschen Mittelständler Trumpf in Chicago, der in Amerika mittlerweile mehr Umsatz macht als im Heimatmarkt Deutschland. Teils ist Habeck auf dieser Reise Wirtschaftsminister, teils Vizekanzler, teils Grünen-Wahlkämpfer. Manchmal auch alles in einem Satz.

Die politischen Ziele der Realität anpassen

Der Reiz, es den Amerikanern und ihrem IRA nachzumachen, ist in Deutschland ungebrochen. Die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin und Parteifreundin von Habeck, Mona Neubaur, hat gerade einen schuldenfinanzierten „Investitionsbooster“ gefordert, die Grünenfraktion fordert einen „Deutschland-Investitionsfonds“, die SPD einen „Deutschlandfonds“. Was viele Ampelpolitiker nicht sehen oder nicht sehen wollen: Ob die Strategie hinter dem IRA aufgeht, ist noch nicht gesagt. Je näher der Wahltermin in den Vereinigten Staaten rückt, desto weniger ist Biden ein Klimaschutzpräsident.

Die Steuernachlässe für Käufer eines Elektroautos haben bislang nicht wie erhofft gewirkt. Zu teuer, zu wenig Reichweite, zu wenig Lademöglichkeiten: Ähnlich wie in Deutschland verharrt der Anteil von Elektroautos am Autoabsatz auf niedrigem Niveau, im vergangenen Jahr waren es knapp 8 Prozent. Die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) warnt vor einem drohenden Stellenabbau. Nun lässt Biden prüfen, die Zielvorgaben für die Transformation der Autoindustrie abzuschwächen. Noch sehen diese vor, dass 60 Prozent der Neuwagen im Jahr 2030 Elektroautos sein sollen.

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