#Hans-Joachim Watzke über DFB-Team, EM 2024 und BVB gegen Bayern

Herr Watzke, seit dem Wochenende läuft die neue Bundesligasaison, in die Ihr Team Verlierer eines Dramas um die vergangene Meisterschaft gestartet ist. War das ein einmaliges Erlebnis, oder wird es auch im neuen Jahr spannend beim Kampf um den Titel?

Dieses Saisonfinale war ein weiteres Indiz dafür, dass es in den vergangenen drei, vier, fünf Jahren ein bisschen enger geworden ist. Auch 2019 war es sehr knapp. Ich habe ein gutes Gefühl, und man hat gesehen, wie viel Freude dieses Finale der ganzen Liga bereitet hat, auch wenn ich mir einen anderen Ausgang gewünscht hätte. Es gab in keiner der Top-Fünf-Ligen ein so spannendes Titelrennen wie bei uns.

Wäre es ungerecht zu erwarten, dass Sie die gute Rückrunde der vergangenen Saison mit 40 Punkten fortsetzen?

Wir haben während der Monate zwischen der WM und dem Saisonende vielleicht ein kleines bisschen überperformt. Nun werden wir sehen, wie stabil wir sind. In der Hinrunde haben wir allerdings auch nicht alles richtig gemacht, wobei unser größtes Handicap sicher die Krebserkrankung von Sebastien Haller war. In diesem Sommer haben wir zwar Jude Bellingham verloren, der ohne Zweifel ein Unikat ist, aber ich glaube, seinen Abgang können wir mit den Transfers von Marcel Sabitzer und Felix Nmecha im Verbund gut kompensieren. Wir haben im Sommer vielleicht nicht die spektakulärsten Transfers getätigt, aber Transfers, die uns noch stabiler machen. Nur: Wenn die Bayern über die 80-Punkte-Marke gehen, dann wird es für alle anderen schwierig.

Nach den ersten Eindrücken aus diesem August scheinen die Bayern längst nicht alle ihrer Probleme gelöst zu haben.

Wir sollten Vorbereitungsergebnisse nicht zu ernst nehmen. Eines ist aber klar: Mit jeder Niederlage, die der FC Bayern erleidet, sinkt die Hemmschwelle anderer Klubs. In den Hochphasen der Münchner sind viele Gegner mit dem Gefühl der Chancenlosigkeit auf den Rasen gelaufen und haben gar nicht an einen Sieg geglaubt. Diese Zeit ist vielleicht vorbei. Und dennoch haben sie nach wie vor ein großartiges Team und in Deutschland einzigartige Möglichkeiten. Kein anderer Bundesliga-Klub hätte den Transfer von Harry Kane stemmen können.

In Dortmund hat sich nicht nur eine funktionierende Mannschaft entwickelt, auch Trainer Edin Terzic wirkt gereift. Hilft es, dass er der erste Trainer ist, der nicht mehr ständig mit Jürgen Klopp verglichen wird?

Ich sehe eher einen anderen Punkt: Wenn wir mit Borussia Dortmund an Grenzen gehen wollen, dann benötigen wir einen Trainer, der mit den Fans, die hier gefühliger sind und mehr Liebe brauchen als anderswo, einen kompletten Schulterschluss hinbekommt. Das sehen wir gerade. Welch ungeheure Intensität rund um das Spiel beim Regionalligaverein Schott Mainz im DFB-Pokal entstand, war überwältigend. Da waren 20.000 BVB-Fans im Stadion. Auswärts.

Wie kann ein Trainer zu diesem Zusammenhalt beitragen?

Das funktioniert nur, wenn eine große Einheit entsteht, und dafür ist der Trainer in Dortmund immer sehr wichtig. Jürgen Klopp hat sich vom ersten Moment an voll auf den BVB eingelassen. Edin tut das sowieso, weil er schon seit seiner Kindheit mit diesem Klub verbunden ist. Wenn du diese Voraussetzungen nicht hast, werden dich die Leute hier zwar maximal respektieren, aber nicht lieben. Nur: Man kann diese Form der Identifikation nicht von jedem Trainer erwarten.

Auch Sie selbst scheinen ein inniges Verhältnis zu Terzic zu haben.