#Höhlenlöwe: Beute und Fell-Lieferant der Neandertaler
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Welche Rolle spielte der mächtige Höhlenlöwe der Eiszeit für die Neandertaler? Auch die Raubkatze gehörte offenbar zu ihren Beutetieren, geht aus einer Studie hervor. Dies belegt die Spur einer Speerspitze an einem fossilen Rippenknochen. Außerdem berichten die Wissenschaftler über forensische Hinweise darauf, dass sich die Neandertaler mit Höhlenlöwen-Fellen inklusive der eindrucksvollen Tatzen schmückten.
Groß, mächtig und gefährlich: Der Löwe gilt als der König der Tiere und besitzt seit Urzeiten Symbolcharakter für den Menschen. Bisher war bekannt, dass das offenbar auch schon für die ersten Vertreter unserer Art im eiszeitlichen Europa galt: Sie jagten den dort bis vor etwa 12.000 Jahren verbreiteten Höhlenlöwen nicht nur, er besaß offenbar auch symbolische Bedeutung: Der moderne Mensch stellte die große Raubkatze auf Felswänden und in Form von Elfenbeinschnitzereien dar. Bisher ist hingegen unklar geblieben, welches Verhältnis der Neandertaler zum Höhlenlöwen besessen hat. Neue Einblicke in diese Frage liefert nun die Studie eines Forscherteams um Gabriele Russo vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (NLD) in Hannover.
Löwenjägern auf der Spur
Der erste Teil der Studie basiert auf der Untersuchung des Skeletts eines Höhlenlöwen, das 1975 bei Siegsdorf in Bayern entdeckt wurde. Der Datierung zufolge stammt es aus der Zeit vor rund 50.000 Jahren und damit aus der späten Ära der Neandertaler. Bei Untersuchungen der Knochen wurden bereits Schnittspuren entdeckt, die dokumentierten, dass das Tier mit Steinwerkzeugen zerlegt worden war. Bisher blieb aber unklar, ob die Neandertaler den Höhlenlöwen bereits tot aufgefunden oder aber selbst erlegt hatten.
Wie die Forschenden berichten, entdeckten sie nun bei ihrer erneuten Begutachtung der Knochen eine markante Spur: Eine Läsion an der Innenseite der dritten Rippe des Löwen, die zum Einschlag eines Speers mit Holzspitze passt. Die Merkmale ähneln dabei denen von Spuren an Hirschwirbeln, von denen bekannt ist, dass sie von Neandertaler-Speeren verursacht wurden. „Die Rippenverletzung unterscheidet sich deutlich von Bissspuren großer Fleischfresser und zeigt die typischen Bruchmuster einer Verletzung durch eine Waffe“, sagt Russo.

Aus den forensischen Befunden geht zudem hervor, dass der Speer schräg in das Tier eingedrungen war und dabei lebenswichtige Organe durchstoßen hatte. Bei dem Befund handelt es sich somit nun um den ersten handfesten Beleg für die Löwenjagd bei den Neandertalern, resümieren die Wissenschaftler. Die Schnittspuren belegen zudem, dass sie nicht nur einen Feind oder Nahrungskonkurrenten beseitigen wollten, sondern auch das Fleisch verzehrten.
Prestigeträchtige Trophäen?
Im zweiten Teil der Studie hat sich das Team mit Funden von Höhlenlöwen-Knochen aus der Einhornhöhle im Harz befasst, die in einer etwa 190.000 Jahre alten Fundschicht entdeckt wurden. Es handelt sich dabei nicht um unterschiedliche Skelettteile, sondern nur um Knochen, die einst die Pfoten der Tiere bildeten. Bei der Untersuchung dieser Überreste entdeckten die Forschenden nun an einem Zehenknochen charakteristische Schnittspuren. Wie sie erklären, liegen diese an einer Stelle, die nur Sinn ergibt, wenn das Tier zur Gewinnung eines Fells gehäutet wurde, das auch die Tatzen samt Krallen umfasste.
Das bedeutet: Die Zehenknochen stammen offenbar von einem Löwenfell, das Neandertaler von einem toten Tier gewonnen und anschließend in die Höhle

gebracht haben. In der offenbar gezielten Erhaltung der Tatzen sehen die Wissenschaftler dabei einen deutlichen Hinweis auf eine spezielle Bedeutung der Höhlenlöwen für die Neandertaler: Bei den Fellen könnte es sich um Prestigeobjekte gehandelt haben oder vielleicht erfüllten sie sogar rituelle Zwecke bei unseren archaischen Cousins.
„Der Wunsch, mit dem Fell eines gefährlichen Tieres Respekt und persönliche Kraft zu gewinnen, wurzelt allem Anschein nach bereits in der Zeit des Neandertalers und bis heute gilt der Löwe als herrschaftliches Symbol“, kommentiert Seniorautor Thomas Terberger vom NLD die Hinweise aus der Studie. Sie trägt damit nun auch zum Wandel des primitiven Images der Neandertaler bei: In zahlreichen Studien der letzten Jahre spiegelt sich wider, dass sie uns ähnlicher waren, als lange gedacht.
Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Fachartikel: Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-023-42764-0
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