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Höllische Maschinen

Moore’s Law ist auch das Ergebnis eines Kampfes entlang der Auflösungstheorie, die der deutsche Physiker Ernst Abbe im Jahre 1873 formulierte. Demnach steigt die Auflösung eines optischen Instrumentes, also etwa eines Mikroskops, je kleiner die Wellenlänge des verwendeten Lichts ist. Die Strukturen im Halbleitermaterial von Computerchips werden bei der sogenannten Fotolithographie mittels Licht auf das Silicium übertragen. Je mehr man es also schafft, die Auflösung des Verfahrens weiter zu steigern, desto feinere Strukturen lassen sich realisieren – und umso mehr Transistoren auf einem Chip unterbringen.

In den Siebzigerjahren reichte das Licht einer Quecksilberdampflampe mit 434 Nanometer Wellenlänge aus dem blau-violetten, also noch sichtbaren Teil des Spektrums. Es folgten andere Lichtquellen, und die letzte Entwicklungsstufe kam Anfang der 2000er-Jahre mit dem Argon Fluorid Laser. Sein ultraviolettes Licht hat eine Wellenlänge von 193 Nanometern. Doch bereits Ende der Achtziger wurde mit der Forschung an einer Entwicklung begonnen, welche die Integrationsdichte der Mikrochips heute auf eine neue Stufe hebt: der Lithographie mit extrem ultravioletter Strahlung (EUV).

Spiegel für extremes Ultraviolett

Der niederländische Hersteller für Lithographiemaschinen ASML stieg um die Jahrtausendwende in diese Forschung ein, aber es sollte zwei Jahrzehnte dauern, um die Technologie aus den Laboren in die Fertigungshallen zu bringen. Das hängt direkt mit der Kürze jener Wellenlänge zusammen.

Bei EUV misst sie 13,5 Nanometer. Diese Strahlung wird von Sauerstoffatomen absorbiert, weshalb in der Lithographiemaschine ein Vakuum herrschen muss. „Vor EUV funktionierte das alles einfach in Luft“, sagt Marco Pieters von ASML. Auch konnte man das vergleichsweise langwelligere Licht noch durch Glaslinsen leiten. Für EUV-Strahlen hingegen ist Glas undurchsichtig. Statt Linsen lenken daher gekrümmte Spiegel das Licht zunächst auf eine Maske mit den im jeweils betreffenden Fertigungsschritt gewünschten Strukturen und dann auf den Wafer.

Diese Spiegel zählen zu den präzisesten, die jemals gebaut wurden. Der deutsche Physiker Peter Kürz hat sie bei der Firma Zeiss in Oberkochen entwickelt. „Wenn man einen dieser Spiegel auf die Fläche von Deutschland aufblasen würde, dann wären die größten Abweichungen von der Sollform gerade mal 0,1 Millimeter groß“, sagt Kürz. Um die eigentlichen EUV-Strahlen zu erzeugen, beschießt die Maschine Tröpfchen aus Zinn mit einem Laser. Dabei entsteht ein 220 000 Grad Celsius heißes Plasma, das die Strahlen aussendet.

Fliegende Zinnfladen

Für eine industrielle Anwendung muss die Strahlenquelle mindestens 250 Watt Leistung liefern. Erst dann kann die Maschine über 100 Wafer pro Stunde belichten und arbeitet somit wirtschaftlich. Für die Laser wandte ASML sich an den schwäbischen Werkzeugmaschinenbauer Trumpf. 2010 übernahm dort Michael Kösters die Arbeit an der EUV-Maschine. „Damals waren wir zu zehnt“, erinnert er sich, „heute arbeiten etwa 250 Leute an der Entwicklung.“ Zwischenzeitig hatte selbst er Zweifel, ob sie die nötige Leistung je erreichen würden, gesteht Kösters. Das lag gar nicht an den Lasern an sich. Die sind mit 30 Kilowatt Leistung die stärksten gepulsten Industrielaser der Welt. Es ging darum, diese Leistung effizient in die extrem ultraviolette Strahlung umzuwandeln.

Ein erster entscheidender Schritt bestand darin, jedes Zinn-Tröpfchen zweimal zu treffen. Der erste Laserpuls weitet das Tröpfchen zu einer Art Pfannkuchen. Damit hat es den optimalen Durchmesser, wenn der zweite Puls einschlägt und das Plasma zum extrem ultravioletten Glühen bringt. Hier ist Präzision gefragt. Eine Düse feuert 50 000 Tröpfchen pro Sekunde nacheinander in eine Kammer. Sie fliegen mit etwa 360 Kilometern pro Stunde durch eine Lichtschranke und lösen den Laser aus. Doch selbst dieses System war zunächst nicht effizient genug. Die Tröpfchen reflektieren nämlich einen Teil des Laserlichts zurück zu dessen Verstärkern. „Wenn das jetzt die empfindlichen Komponenten trifft, dann fängt der Strahl an zu flackern“, erklärt Kösters. Er musste den Laser stabilisieren. Die Lösung war ein System aus einstellbaren Kristallen. Sie lenken den eigentlichen Laserpuls in Richtung der Tröpfchen. Sobald er reflektiert wird, verändern sie ihre Gitterstruktur und beugen das zurückfliegende Licht in eine andere Richtung.

Die fertige Maschine hat die Ausmaße eines Busses und wiegt 180 Tonnen. Drei Frachtflugzeuge sind nötig, um sie zu den Kunden von ASML zu bringen. Das Unternehmen hat bisher etwa 100 dieser Maschinen gebaut. Lediglich vier große Halbleiterhersteller sind derzeit in der Lage, sie in ihre Herstellungsprozesse einzubinden. Doch all diese Superlative sind nicht für die Ewigkeit. So will es Moore’s Law. ASML arbeitet an höheren Auflösungen. „Da fragen wir Zeiss: ‚Können wir die Spiegel nicht noch glatter machen?‘“, sagt Marco Pieters und denkt an noch mehr Leistung. „Das ist knifflig, aber da diskutieren wir zum Beispiel mit Trumpf.“ Dort ist Michael Kösters bereits an der Sache dran und überlegt, wie er seinen Laser noch ein bisschen stabiler machen könnte.

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