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#Hölzernes Potenzial für die Stromerzeugung

Hölzernes Potenzial für die Stromerzeugung

Sogar der Parkettboden könnte eines Tages Öko-Strom liefern, lässt eine Studie vermuten: Holz kann bei Verformung durch den piezoelektrischen Effekt nutzbare Spannung erzeugen, berichten Wissenschaftler. Um das Material für diesen Zweck elastischer zu machen, lässt sich auch die natürliche Kraft eines holzabbauenden Pilzes nutzen, zeigen ihre Ergebnisse. Wie aus Leistungstests mit den Piezo-Holz-Elementen hervorgeht, könnten sie sich für den Einsatz als medizinische Sensoren eignen und sogar zur Energiegewinnung.

Turbine, Rotor, Fahrraddynamo… Neben den üblichen Möglichkeiten zur Erzeugung von elektrischer Energie aus mechanischen Prozessen gibt es eine weitere interessante Alternative: Sogenannte piezoelektrische Elemente können Verformungsenergie in Elektrizität verwandeln. Durch Druck verlagert sich dabei in Festkörpern der positive und negative Ladungsschwerpunkt. Dadurch entsteht elektrische Spannung, die zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Vor allem macht man sich das Phänomen aber bisher in der Messtechnik zunutze: Piezoelektrische Elemente können als Sensoren für mechanische Belastungen dienen. Neben der Technik bietet dies auch Anwendungspotenzial in der Medizin.

Spannung durch Verformung

Doch die üblichen Piezo-Elemente bestehen meist aus Blei-Zirkonat-Titanat, das sich durch den Bleianteil nicht für den Einsatz in Verbindung mit Körpergeweben eignet. Außerdem ist die Entsorgung der herkömmlichen Piezoelemente problematisch. Deshalb sind biologisch und ökologisch verträgliche Alternativen gefragt. So rückte das Holz in den Fokus der Forscher um Ingo Burgert von der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) bei Zürich. Es ist bereits seit langem bekannt, dass auch bei der Druckbelastung dieses natürlichen Feststoffes ein piezoelektrischer Effekt auftritt. Durch die geringe Verformbarkeit entsteht bei herkömmlichem Holz aber nur eine sehr geringe Spannung, die sich kaum nutzen lässt.

Um dieses Problem zu lösen, wenden die Forscher ein Verfahren an, das dem Holz die Härte nehmen kann: die Delignifizierung. Wie sie erklären, bestehen Holzzellwände aus drei Grundstoffen: Lignin, Hemizellulosen und Zellulose. „Das Lignin benötigt ein Baum vor allem, um weit in die Höhe wachsen zu können. Ohne Lignin als stabilisierenden Stoff, der die Zellen verbindet und das Ausknicken der zugsteifen Zellulosefibrillen verhindert, wäre das nicht möglich“, erklärt Burgert. Durch das Herauslösen des Lignins lässt sich Holz somit im Umkehrschluss in ein verformbares Material umwandeln. Und genau das ist auch möglich, zeigen die Forscher. Zunächst beseitigten sie das Lignin, indem sie Balsaholz in eine Suspension aus Wasserstoffperoxid und Essigsäure einlegten. Die Chemikalien lösen das Lignin aus dem Material – übrig bleibt dann ein weißliches Gerüst aus elastischen Zelluloseschichten.

„Pilzbefall“ macht ebenfalls elastisch

Um das Konzept rundum natürlich zu machen, fanden die Forscher allerdings auch eine Möglichkeit, ohne die aggressiven Chemikalien auszukommen: Bei dem biologischen Lignin-Entferner handelt es sich um den Pilz Ganoderma applanatum, der als Verursacher der sogenannten Weissfäulnis im Holz bekannt ist. „Dieser Pilz baut das Lignin im Holz besonders schonend ab“, erklärt Co-Autor Javier Ribera von der Empa. Zudem lässt sich der Prozess im Labor gut steuern, wodurch er sich als eine ökologische Alternative zur Chemikalienbehandlung erwies.

Wie die Forscher berichten, führen beide Behandlungsverfahren zu einem Holz-Schwamm-Gewebe, das aus übereinanderliegenden, dünnen Zelluloseschichten mit günstigen Materialeigenschaften besteht: Sie lassen sich einfach zusammenpressen, dehnen sich anschließend aber auch wieder auf die ursprüngliche Form aus. „Wir machen uns bei dem Konzept die hierarchische Struktur des Holzes zunutze, ohne sie, wie etwa bei der Papierherstellung, zuerst aufzulösen und die Fasern anschließend wieder verbinden zu müssen“, erklärt Burgert.

Strom aus dem Parkettboden?

Um das Potenzial aufzuzeigen, führten die Forscher Tests mit Würfeln mit einer Seitenlänge von etwa 1,5 Zentimetern durch. Wie sie berichten, zeigte das Material bei den rund 600 Belastungszyklen eine erstaunliche Stabilität. Die Messungen ergaben, dass bei einem Druck von 45 Kilopascal eine Spannung von bis zu 0,87 Volt entsteht. Wie die Wissenschaftler erklären, wäre dieser Effekt für eine Anwendung als Sensor bereits gut geeignet. In weiteren Experimenten lotete das Team dann aus, welche Skalierungsmöglichkeiten es für die Nanogeneratoren gäbe. Wenn beispielsweise 30 der Holzklötze parallel mit dem Körpergewicht eines Erwachsenen belastet werden, kann bereits ein einfaches LCD-Display zum Leuchten gebracht werden. Bei einer weiteren Optimierung des Systems wäre somit auch ein funktionalisierter Parkettboden denkbar, der Trittenergie in Strom umwandelt. Zudem sammelten die Forscher erste Hinweise darauf, dass sich das System für den Einsatz als drucksensitiver Sensor auf der menschlichen Haut eignet.

Bis zur Nutzung des Piezo-Holzes als Sensor oder Stromerzeuger sind zwar noch einige Entwicklungsarbeiten nötig, denen sich die Forscher nun widmen. Doch die Vorteile eines so unkomplizierten und gleichzeitig biologischen piezoelektrischen Systems liegen ihnen zufolge auf der Hand. Um die Technologie für die industrielle Anwendung zu adaptieren, sind die Forscher bereits im Gespräch mit möglichen Kooperationspartnern, schreibt die Empa abschließend.

Quelle: Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, Fachartikel: Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.abd9138

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