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#ICAN-Direktorin über Atomwaffen und Biden-Putin-Treffen

ICAN-Direktorin über Atomwaffen und Biden-Putin-Treffen

Frau Fihn, Ihre Organisation hat 2017 den Friedensnobelpreis für ihr Engagement gegen Atomwaffen bekommen. Nun treffen sich mit Joe Biden und Wladimir Putin die zwei nuklearen Supermächte der Welt vor Ihrer Haustür in Genf. Was erhoffen Sie sich davon?

Es ist ein aufregender Moment. Natürlich gibt es eine Bandbreite von Themen, aber ich denke, Atomwaffen stehen ganz oben auf der Liste. Russland und die Vereinigten Staaten haben neunzig Prozent aller nuklearen Waffenarsenale. Diese beiden Individuen, Biden und Putin, haben die Möglichkeit, so ziemlich die ganze Welt auszuradieren. Das wird also einen wichtigen Teil der Gespräche ausmachen.

Insgesamt sind die Erwartungen an das Treffen allerdings niedrig. Sind sie da anderer Meinung?

Der Kontext ist wichtig. In den vergangenen zehn Jahren haben wir eine konstante Verschlechterung der Beziehung gesehen, ein neues nukleares Wettrüsten mit Modernisierungsprogrammen. Ein Bericht von uns, der in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde, zeigt, dass mehr Geld denn je für Atomwaffen ausgegeben wurde – in einer Pandemie. Auch die Zahlen vom Stockholm International Peace Research Institute von dieser Woche zeigen, dass die Zahl einsatzbereiter Atomwaffen steigt, zum ersten Mal seit den achtziger Jahren, als es das große nukleare Wettrüsten gab. Das ist eine sehr beunruhigende Situation. Und natürlich erwarten wir nicht, dass diese Probleme sofort gelöst werden, aber ich denke, es ist ein wichtiges Signal. Es könnte der Beginn konstruktiver Gespräche sein.

Beatrice Fihn von der Internationalen Kampagne zur atomaren Abrüstung 2017 in Genf anlässlich der Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis


Beatrice Fihn von der Internationalen Kampagne zur atomaren Abrüstung 2017 in Genf anlässlich der Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis
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Bild: dpa

Wie konkret könnte ein Ergebnis des Gesprächs zwischen den Präsidenten ausfallen?

Ich hoffe sehr, dass beide anerkennen, dass wir aktuell in einer schlechten Situation sind, dass der Trend negativ ist. Dass sie wie Gorbatschow und Reagan 1985 anerkennen: Diesen Weg können wir nicht gehen. Dass sie anerkennen, welche katastrophalen humanitären Konsequenzen es hätte, nukleare Waffen einzusetzen. Ich hoffe, dass sie sich darauf einigen, eine neue Folge-Vereinbarung zu treffen. Es kann natürlich keine abermalige Verlängerung des New-START-Abkommens beschlossen werden, aber ich hoffe, dass sie sich dazu verpflichten: Da wollen wir wieder hin.

Präsident Putin provoziert im Moment, wo er nur kann. Warum sollte er sich darauf einlassen?

Atomwaffen sind extrem gefährlich, extrem teuer und bergen ein hohes Risiko. Es gibt keine medizinischen Kapazitäten in Russland oder in irgendeinem anderen Land, mit den Konsequenzen eines Angriffs umzugehen. Und das Risiko, dass sie zum Einsatz kommen, ist das höchste seit langem, sagen Wissenschaftler und Fachleute. Wir haben zwar keinen Kalten Krieg, aber wir haben die Modernisierungsprogramme, sich entwickelnde Raketentechnologien, Hacker- und Cyberattacken, die Manipulation von Informationen. Das kann aus Versehen einen nuklearen Krieg auslösen.

Russland hatte laut Vereinigten Staaten und der NATO den inzwischen erloschenen INF-Vertrag verletzt. Warum sollte es jetzt auf Amerika zugehen?

Die Spannungen zwischen den beiden Ländern und zwischen der NATO und Russland sind für niemanden förderlich. Die wachsende Feindseligkeit, die Themen Menschenrechte, Cybersicherheit, Energiepolitik – es ist im Interesse beider Länder, die Beziehungen zu verbessern. Wie 2011, vor der Annexion der Ukraine, als die Lage wesentlich besser war. Ich glaube, Diplomatie und Dialog werden sehr gebraucht. Nicht nur zwischen Biden und Putin, sondern mit kompetenten Beratern im Hintergrund, die die fachlichen Diskussionen führen können.

Putin neigt dazu, Dinge persönlich zu nehmen. Biden hat ihn einen „Killer“ genannt. Halten Sie es für möglich, dass es zwischen den beiden eskaliert?

Ich bin Mutter zweier kleiner Kinder, und manchmal denke ich: Sie sind wie Kinder. Die Medien sind zum Beispiel besessen vom Händedruck der Staatsmänner: Wer hat den kräftigsten? Das wird zu Machismus. Und bei einigen Anführern dieser Welt haben wir das schlimmste Beispiel toxischer Männlichkeit gesehen. Bei Biden war es auch so: Kam der Vorschlag für das Treffen zu früh? Sind sie eingeknickt? Eine wenig hilfreiche und sehr toxische Mentalität. Es geht nur darum, wer der Zäheste und Stärkste ist. Und ich denke, wenn wir im vergangenen Jahr etwas gelernt haben, dann dass Stärke und Drohungen niemanden retten, sondern Fürsorge, Kooperation und Zusammenarbeit – Krankenschwestern und Ärzte. Zu schauen, wer von Biden und Putin am wenigsten lächelt auf Fotos, wer den stärksten Händedruck hat, wer der größte Macho ist – das ist sehr gefährlich. Man drängt die beiden in eine Ecke, in der sie diese Rolle spielen müssen. Anstatt einen Dialog zu führen, der als Schwäche ausgelegt wird.

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